Fussball-Meister nach PenaltyschiessenWas bringt das Playoff? Das sagen jene, die es ausprobiert haben
Das Frauen-Team des FCZ holte auf dramatische Weise den Titel. Genau richtig so – oder schlicht unfair?
Die einen hatten es befürchtet, die anderen genau darauf gehofft, am Schluss ist es tatsächlich so weit. Der Nachmittag vom Pfingstmontag ist langsam vorbei, der Abend bricht an – und der Playoff-Final zwischen Servette und dem FC Zürich geht ins Penaltyschiessen. Die Schweizer Meisterschaft, eine ganze Saison, muss also in einer Art Glücksspiel entschieden werden.
«Irgendwie fühlt es sich an wie ein Cupsieg», sagt die spätere Gewinnerin Fabienne Humm, kurz nachdem sie vom Feiern mit den Fans zurückgekehrt ist. Die Medaille hängt um den Hals, sie ist golden, das Womens-Super-League-Logo erinnert daran, dass es doch um die Schweizer Meisterschaft ging. «Der heutige Tag war beste Werbung für den Modus», sagt hingegen Tatjana Haenni.
Die Direktorin des Ressorts Frauenfussball beim Schweizerischen Fussballverband meint damit nicht das Spiel an sich, das nach dem umstrittenen Platzverweis gegen Servettes Torschützin Michèle Schnider wild und ab dem noch umstritteneren Penalty für den FCZ in der 80. Minute richtig dramatisch wurde. Sie spricht von der medialen Abdeckung, schwärmt davon, dass noch nie so viele Medienschaffende bei einem Meisterschaftsspiel vor Ort waren.
Hingegen ist es gut möglich, dass sie sich beim SFV mehr als 2642 Fans erhofft hatten. Der Austragungsort hat nicht geholfen, Lausanne gilt nicht als Epizentrum des Fussballs, bei den Frauen sowieso nicht. Lange hofften sie beim Verband, dass der St.-Jakob-Park zur Verfügung stehen würde, nach der Absage aus Basel wenige Wochen vor dem Final musste eine neue Spielstätte her. Zum Vorteil der Servettiennes, sie hatten eine Art Heimspiel. Beim FCZ jedoch kam nicht wie schon beim Cupfinal im Letzigrund die Südkurve – ein paar Mitglieder bildeten immerhin ein Südkürvli, das seine Schweizer Meisterinnen nach Marie-Therese Höbingers Siegtreffer frenetisch feierte.
Auch für Grings war es skurril
Zwar versteht Haenni den Genfer Frust, schliesslich war Servette Qualifikationssieger, führte im Final lange, wurde dann bei Entscheiden der Schiedsrichterin zumindest nicht bevorteilt. «Sie haben uns nicht gewinnen lassen», schimpfte Marta Peiró danach und fand auch zum Modus generell deutliche Worte: «Ich komme aus einem Fussballland wie Spanien, da wäre es undenkbar, die Liga in einem einzigen Finalspiel zu entscheiden. Die Liga sollte ein Wettbewerb der Beständigkeit sein.» Ihr Trainer Eric Sévérac kürt sein Team zum «Meister der Herzen», während sein Zürcher Pendant Inka Grings bei SRF zugibt: «Der Playoff-Modus kam uns klar zugute, das muss man ehrlicherweise sagen. Es ist skurril, in einem Final Meister zu werden.»
Ein abschliessendes Urteil zum Modus habe sie aber noch nicht gefällt – im Gegensatz zu ihrem Chef. «Eine Meisterschaft im Penaltyschiessen zu entscheiden, ist schon nicht das, was man als sportlich erachten kann», sagt Ancillo Canepa. Trotz der goldenen Medaille um den Hals bleibt er bei seiner Haltung, die er schon bei den Männern vertritt. Für den FCZ-Präsidenten lag es auch am Alles-oder-nichts-Charakter dieser Partie, dass diese ungewohnt gehässig war.
Die Titelentscheidung ist für Haenni aber nur ein Kapitel der ganzen Geschichte. Vier Spiele weniger müssen die Fussballerinnen austragen, die Mittwochspartien fallen weg, sofern nicht ein Spiel nachgeholt werden muss. Für all diejenigen, die am Donnerstag früh zur Arbeit, zur Schule oder zum Studium müssen, ist das zumindest kein Nachteil. Ausserdem ist da noch die Perspektivenfrage. Teams wie GC, Basel oder St. Gallen hatten in der Winterpause schon einen grossen Rückstand zur Tabellenspitze, aber auch ein ruhiges Polster zu den Abstiegsplätzen. «Was haben die dann noch für Aussichten fürs zweite halbe Jahr?», fragt Haenni rhetorisch. Sie findet: «Wer so viel Zeit und Energie investiert, sollte auch einen Anreiz erhalten.»
Die Chance auf Überraschungen
Der Playoff-Modus sei auch für nominell schwächere Teams eine Chance, doch noch einen Überraschungserfolg erzielen zu können. Wie YB, das im Viertelfinal gegen den FCZ zumindest für eine kurze Zeit an der Sensation schnuppern durfte, zwischenzeitlich führte und das Hinspiel nur 1:2 verlor. Im Rückspiel gingen die Bernerinnen dann aber 0:7 unter. Sandra Betschart jedenfalls, General Manager bei den YB-Frauen, befürwortet das aktuelle Format: «Der Frauenfussball in der Schweiz benötigt derzeit ausserordentliche Massnahmen, damit die öffentliche Wahrnehmung weiter gestärkt und die Liga als Produkt besser verkauft werden kann.» Für die 67-fache Nationalspielerin war der Final der beste Beleg dafür: «Das Spiel war ein Highlight der beiden besten Teams der Saison.» Ähnlich tönt es bei Luzern-Captain Melanie Müller: «Ich finde den Modus grundsätzlich gut, aber er ist noch nicht so durchdacht.»
Zwar meint sie damit, dass sie in den Platzierungsspielen gerne noch mehr Aussichten gehabt hätte, als mit YB um den 6. Rang zu spielen, doch da ist auch noch die Sache mit den Gelben Karten. Vor dem Playoff wurden diese nicht gelöscht, sodass Servettes Spielmacherin Sandy Maendly den Final wegen einer Gelbsperre verpasste. Auf kommende Saison werde das geändert, verspricht Haenni, ab dann müsste eine Spielerin schon in jedem Playoff-Spiel verwarnt werden, um im Final gesperrt zu sein. Für Maendly kommt diese Regelung zu spät – sie beendet nach der EM im Sommer ihre Karriere.
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