Nationalbankgelder für die AHVWarum SVPler und Linke die fast gleiche Initiative planen
Gewerkschaften und SVP-Kreise planen je eine Volksinitiative zur Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung aus SNB-Gewinnen. Trotz gemeinsamem Ziel können sie sich aber nicht auf ein Projekt einigen.
Für einmal sind sich die Linke und die SVP bei der Finanzierung der AHV-Renten einig: Beide wollen die angehäuften Einnahmen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) aus den Negativzinsen der AHV zukommen lassen. Allerdings lancieren Gewerkschaften und SVP je eine eigene Initiative, und beide haben von den konkreten Projekten der Gegenseite nichts gewusst.
Am Sonntag erfuhren Alfred Heer (SVP), Präsident des Bundes der Steuerzahler, und Gewerkschaftspräsident Pierre-Yves Maillard (SP) aus den Medien von der Initiative der jeweiligen Gegenseite. Dabei haben die beiden bereits im Nationalrat zusammengespannt, um die SNB-Zinseinnahmen von bisher über 12 Milliarden Franken in den AHV-Fonds zu leiten. Mit den Stimmen der SP, der Grünen sowie der SVP erhielt die Forderung bei der Beratung der AHV-Reform eine komfortable Mehrheit. SP und Grüne stimmten geschlossen, bei der SVP stimmten 39 für den AHV-Zuschuss, 9 dagegen. Unter den Ja-Stimmenden waren auch Bankier Thomas Matter und Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher.
Doch der Ständerat, wo Mitte und FDP eine knappe Mehrheit haben, verhinderte den Zugriff auf die SNB-Gelder mehrmals. Im Ständerat obsiegten die Argumente, dass der Gewinnzugriff die Unabhängigkeit der Nationalbank gefährde und dass das Finanzierungsproblem der AHV nicht mit SNB-Geldern gelöst werden könne.
Das Volk soll entscheiden
Deshalb wollen der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) sowie der Bund der Steuerzahler das Volk entscheiden lassen. Heer will nun mit SGB-Präsident Maillard Kontakt aufnehmen. «Maillard ist in dieser Frage Partner und nicht Gegner», sagt Heer. Beide sind der Meinung, dass die Milliarden an Negativzinsen wieder an die Bevölkerung zurückbezahlt werden müssten. Der einfachste Weg führe über die AHV, sagt Heer. Mit jedem Jahr, in dem die Negativzinsen erhoben werden, fliessen weitere 1 bis 2 Milliarden in die ordentlichen SNB-Gewinne.
Dass die beiden Initiativprojekte fusioniert werden können, glaubt der Zürcher SVP-Nationalrat dennoch nicht. Denn die Linke will auf mehr als nur die Negativzinsen zugreifen. Sie plant mit ihrer Initiative einen jährlichen AHV-Zuschuss von rund 2 Milliarden Franken, gespeist aus den Ausschüttungsreserven der SNB. Diese belaufen sich mittlerweile auf rund 120 Milliarden Franken.
Hier macht die SVP jedoch nicht mit, denn die Gewinnausschüttung der SNB legen das Eidgenössische Finanzdepartement und die Nationalbank vertraglich fest. Die jüngste Vereinbarung zwischen dem von SVP-Bundesrat Ueli Maurer geführten Departement und der SNB sieht vor, dass die Kantone jährlich 4 und der Bund 2 Milliarden erhält, sofern der Bilanzgewinn der Nationalbank wie letztes Jahr mindestens 40 Milliarden Franken beträgt.
Maillard hält den gegenwärtigen Zustand jedoch für sehr fragwürdig. «Wenn dieses Geld nicht verteilt wird, verletzt das die Verfassung», sagte er in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Die Ausschüttungsreserven von 120 Milliarden Franken müssten in einer geeigneten Form dem Volk zurückerstattet werden. Von der regelmässigen Gewinnausschüttung an die AHV profitierten alle. Die Gelder müssten dazu verwendet werden, der «Rentenkrise» zu begegnen. Der Ausbau der AHV sei eine Kompensation für den Abbau bei den Pensionskassenrenten. Den Anteil der Kantone von maximal 4 Milliarden wollten die Gewerkschaften mit ihrer Initiative jedoch nicht antasten.
Dass SVP und Gewerkschaften nicht zusammenspannen, liegt aber an den unterschiedlichen AHV-Plänen der Linken und der SVP. Der SGB verlangt mit der bereits eingereichten AHV-Initiative eine 13. Monatsrente für alle. Zudem bekämpfen die Gewerkschaften die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre. Die entsprechende AHV-Reform wurde letzten Freitag vom Parlament verabschiedet, die Volksabstimmung findet wohl im September 2022 statt. Die SVP unterstützt dagegen mit den anderen bürgerlichen Parteien die AHV-Reform.
Über die Initiativen zur Finanzierung der AHV mit SNB-Geldern wird etwa in vier Jahren abgestimmt, sofern sie zustande kommen. Heer und Maillard sehen keinen Nachteil, wenn zwei Volksbegehren mit ähnlichem Ziel eingereicht werden. Dies erhöhe den Druck auf den Ständerat, doch noch einzulenken und allenfalls mit einem indirekten Gegenvorschlag den Initiativen entgegenzukommen.
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