12 Fragen zur MedienförderungDer nächste hitzige Abstimmungskampf dreht sich um die Medien
Kaum ist die emotionale Covid-Abstimmung vorbei, kommt das nächste umstrittene Geschäft an die Urne. Es geht um Fördergelder für Print- und Onlinemedien. Zahlen und Fakten zur Situation in der Schweiz.
Worum geht es im Medienförderungs-Gesetz?
Die Schweizer Medien sollen zeitlich befristet mit bis zu 151 Millionen Franken zusätzlichen Fördergeldern pro Jahr unterstützt werden. Gegen das Gesetz wurde das Referendum ergriffen, wir stimmen am 13. Februar darüber ab.
Warum sollen Medien überhaupt Geld vom Staat erhalten?
Zeitungen, Onlineportale, Radio- und Fernsehkanäle haben in der direkten Demokratie eine zentrale Bedeutung, da sie die Bevölkerung informieren und eine Meinungsbildung ermöglichen. Allerdings brechen den klassischen Medien seit Jahren Umsätze weg. Der Bundesrat und die Befürworter argumentieren, die Förderungen seien wichtig, um die Medienvielfalt in den Regionen zu fördern. Die Unterstützung soll den Verlagen dabei helfen, wieder eigene, tragfähige Finanzierungsmodelle aufzubauen.
Weshalb kämpfen die Medienhäuser mit sinkenden Erträgen?
Einerseits, weil weniger Haushalte klassische Medien abonnieren als früher. So hat sich die Auflage der Schweizer Printmedien seit 2009 von 8,8 Millionen auf 4,8 Millionen reduziert. Andererseits schwinden auch die Werbeeinnahmen. Insbesondere im Onlinebereich ist es schwierig, mit journalistischen Inhalten Geld zu verdienen – selbst wenn die Angebote von immer mehr Menschen genutzt werden. Denn grosse Teile der Werbebudgets fliessen im Netz direkt an Google und Facebook.
Welche Folgen haben die Umsatzeinbussen?
In der Branche werden seit Jahren Stellen abgebaut, Redaktionen werden zusammengelegt. Medienministerin Simonetta Sommaruga sagte an ihrer Auftaktpressekonferenz zur Vorlage am Donnerstag , in den letzten Jahren seien aufgrund dieser Entwicklungen rund 70 Zeitungstitel im Land verschwunden.
Wer ist für das Gesetz?
Im Nationalrat hat in der Schlussabstimmung eine Mehrheit von SP, Grünen, GLP und Die Mitte für das Gesetz gestimmt. Dem Pro-Komitee gehören auch einzelne Parlamentarier der FDP an, obwohl die Partei dagegen ist. Der Verlegerverband und rund 20 Organisationen wie die Journalistenschule MAZ, das Konsumentenforum oder die Stiftung für Medienvielfalt machen sich ebenfalls für das Gesetz stark.
Und wer bekämpft es?
Das Komitee «Staatsmedien Nein» hat das Referendum ergriffen. Angeführt wird es von Alt-FDP-Nationalrat und Medienunternehmer Peter Weigelt sowie vom ehemaligen «Weltwoche»-Journalisten Philipp Gut. Auch namhafte Exponenten aus der SVP, FDP und der Mitte unterstützen das Referendum.
Wie argumentiert die Gegnerschaft?
Für sie ist die Medienförderung ein «staatspolitischer Sündenfall» und ein «Verfassungsbruch». Die Fördergelder machten die privaten Medien vom Staat abhängig, seien marktverzerrend und schadeten der Demokratie. Zudem sei es falsch, neben der SRG nun auch noch die privaten Medien zu fördern.
Gibt es heute schon eine Presseförderung in der Schweiz?
Ja, eine indirekte. Die Postzustellung vieler Zeitungen wird heute staatlich verbilligt. Bisher profitieren die Regional- und die Lokalpresse mit 30 Millionen Franken. Mit 20 weiteren Millionen wird die Zustellung der Mitgliedschafts- und Stiftungspresse vergünstigt, also etwa Magazine von Kirchengemeinden, Parteien, Naturschutzorganisationen oder Sportverbänden. Künftig soll die Zustellung aller abonnierten Tages- und Wochenzeitungen vergünstigt werden, insbesondere auch die Früh- und Sonntagszustellung.
Und wohin sollen die neuen Gelder sonst noch fliessen?
Im Sinne allgemeiner Fördermassnahmen für das Mediensystem sind Beiträge für Nachrichtenagenturen sowie für die Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten vorgesehen. Auch die Lokalradios und Regional-TVs sollen künftig stärker unterstützt werden. Diese beiden Budgetposten werden aus dem Topf der bereits bestehenden Radio- und TV-Abgabe bestritten– es entstehen also keine zusätzlichen Kosten. Zusätzlich haben Bundesrat und Parlament beschlossen, Onlinemedien mit jährlich 30 Millionen Franken direkt zu fördern. Das wäre ein Novum in der Schweiz.
Dann würde künftig jedes Onlineportal unterstützt?
Nein. Um Unterstützung könnten sich nur Portale bewerben, die für ihre Inhalte Geld verlangen, sei dies in Form von Abos oder Spenden. Gratismedien wie «20 minuten.ch» wären ausgeschlossen. Zudem müssen einige formale Voraussetzungen erfüllt sein. Beispielsweise müssen Berichterstattung und Werbung klar getrennt sein. Das redaktionelle Angebot hat hauptsächlich aus Informationen zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhängen zu bestehen und soll sich an ein breites Publikum richten.
Grosse oder kleine Medien: Wer profitiert unter dem Strich mehr?
Medien mit regionaler Ausrichtung sollen am stärksten unterstützt werden. Je höher der Umsatz eines Unternehmens ist, desto kleiner soll der prozentuale Förderbeitrag ausfallen. So sieht es der Gesetzestext vor. Bei der Onlineförderung steuert der Bund dabei mit maximal 60 Prozent so viel bei, wie das jeweilige Medium selber mit Abos oder Spenden einnimmt. Was dies in absoluten Zahlen für die einzelnen Medienhäuser heisst, ist aber noch unklar. Medienministerin Simonetta Sommaruga konnte dazu am Donnerstag vor den Medien noch keine Angaben machen – dies hänge von zahlreichen Faktoren ab. Von der Zustellermässigung profitieren bisher primär die kleinen und mittleren Verlage. Dies soll auch künftig so sein, wobei mit der Aufstockung der Anteil der grossen Medienhäuser leicht erhöht wird.
Was ist dran am Vorwurf der mangelnden Unabhängigkeit?
Dieser Punkt wird tatsächlich kontrovers diskutiert. Während die Gegner das «Ende der freien und unabhängigen Medien» befürchten, hält der Bundesrat fest, dass die Unabhängigkeit der Medien gewahrt bleibe. Die Befürworter argumentieren, die indirekte Presseförderung habe in der Schweiz Tradition – die Medien berichteten dennoch kritisch über die Regierung. Auch seien die neuen Förderbeiträge nicht an einen inhaltlichen Leistungsauftrag gebunden. Zudem stelle sich die Frage nach der Alternative: Würden unrentable Publikationen von reichen Mäzenen aufgekauft, sei eine politische Einflussnahme deutlich wahrscheinlicher als im Falle einer klar gesetzlich geregelten Förderung.
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