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Schwingerkönigin Sonia Kälin
«Es war nichts wert, weil ich eine Frau bin»

Das Gesicht des Frauen-Schwingsports: Sonia Kälin ist in Pratteln eine gefragte Gesprächspartnerin. 
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Sie ist auf dem Festgelände omnipräsent. Als Botschafterin eines Hauptsponsors lacht sie von Plakaten, und in einem grossen Festzelt bringt sie Besuchern das Schwingen näher. Sonia Kälin ist die Figur des Frauen-Schwingsports, der ein Mauerblümchendasein fristet.

Die 37-jährige Schwyzerin wurde viermal Schwingerkönigin – was aber nicht viele wissen. Nationale Bekanntheit erlangte sie erst durch ihr Engagement als Schiedsrichterin beim «Donnschtig-Jass» auf SRF. Kälin ist verheiratet und Mutter einer Tochter, sie arbeitet als Sekundarlehrerin. 

Die Schwingerinnen verteilen in Pratteln Gummibärchen-Säckli, um aufs Frauenschwingen aufmerksam zu machen. Was halten Sie davon?

Es gibt nach wie vor sehr viele Leute, die keine Ahnung haben, dass es schwingende Frauen gibt, und total überrascht reagieren, wenn sie davon hören. Jede Präsenz ist nützlich. Ob mit Gummibärchen oder auch nicht. (lacht)

Das Eidgenössische der Frauen fand letzte Woche auf einer Wiese statt, auf der Kuhfladen lagen. Stimmt Sie das nachdenklich?

Es ist nach wie vor eine Randsportart. Im Vergleich mit den Männern stecken wir noch in den Kinderschuhen: Beim letzten Eidgenössischen traten etwa 120 Frauen und Mädchen an, bei den Männern gibt es rund 5000 Lizenzierte. Das Ziel muss es aber sein, dass diese mühsamen Diskussionen ein Ende finden: Sollen Frauen schwingen dürfen? Können sie überhaupt schwingen? Im Sägemehl sollte es doch egal sein, ob jemand gross oder klein, schwarz oder weiss oder eben Mann oder Frau ist.

Die Männer schwingen vor über 50’000 Zuschauern. Die Frauen könnten vorpreschen und verlangen, sich in der Arena präsentieren zu dürfen.

Für ein richtiges Fest wäre es zu früh. Das müsste erst einmal auf regionaler Stufe geschehen. Aber ein Showkampf wäre eine Überlegung wert, die Plattform wäre riesig. Es gibt nun Sponsoren im Schwingen, die sich der Genderthematik annehmen und gezielt Frauen für ihre Projekte engagieren. Langfristig werden es sich die Werbepartner nicht mehr erlauben können, Schwingen als reine Männerdomäne zu betrachten. Und offenbar sind für Herbst Kooperationsgespräche zwischen dem Männer- und dem Frauenschwingerverband geplant.

«Mir wurde immer mal wieder gesagt, dass meine Königstitel viel weniger wert seien als ein Kranzgewinn bei den Männern.»

Benjamin Beyeler, der Präsident des Frauenschwingerverbandes, sagt, Sie wären für die Sportart mehr Fluch als Segen gewesen, weil Sie nur für sich geschaut hätten…

…das sind harte Worte, die mich treffen. Ich erzählte jedem und überall vom Frauenschwingen, schlug Brücken, kämpfte dafür. Klar, ich hatte als Einzige ein paar Sponsoren, aber ich tat auch viel dafür.

Viele Schwingerinnen haben schon abschätzige Kommentare wegen ihres Hobbys erhalten. Sie auch?

Mir wurde zumindest immer mal wieder gesagt, dass meine vier Königstitel viel weniger wert seien als ein Kranzgewinn bei den Männern.

War das frustrierend?

Ja klar. Ich sehe ja, auf was ich verzichtete, was ich leistete. Und das war 1:1 dasselbe wie bei den Männern. Aber es war nichts wert, weil ich eine Frau bin.

Sie trainierten mit Männern – was hat Ihnen das gebracht?

Kam meine Schwester nicht mit ins Training, war ich allein. Dank den Männern hatte ich viel mehr Sparringspartner. Ich durfte mit Eidgenossen trainieren, die sich kraftmässig anpassten und mir auch Tipps gaben. Ich erhielt von den Männern immer die volle Unterstützung.

Sie sind Sekundarlehrerin. Fordern Sie die Jungs auch mal heraus?

Ja klar. Sie wollen dann Armdrücken. Aber es sind Siebtklässler, gegen die gewinne ich noch. (lacht)

Eine wie keine: Sonia Kälin schwingt zwar seit vier Jahren nicht mehr, das Frauenschwingen wird aber primär mit ihr in Verbindung gebracht.

Sind Sie zu einer Kämpferin für die Gleichberechtigung geworden?

Das war mir sehr lange nicht bewusst. Ich hatte einfach Freude am Sport, wollte darin sehr gut werden. Dafür habe ich alles gegeben, ging gar zum Ringen. Es war nicht meine Absicht, eine Kämpferin für die Stellung der Frauen zu sein. Warum muss ich für etwas kämpfen, nur weil mir der Zipfel fehlt? Das ist doch verrückt in der heutigen Zeit.

Inwiefern haben Sie von den Königstiteln profitiert?

Kurz nach meinem Karriereende bekam ich das Angebot für den «Donnschtig-Jass». Das war genial, eine Tür geht auf, die andere geht zu.

Sie sind in dieser Sendung Schiedsrichterin…

… normalerweise kann ich nicht rechnen, nun habe ich einen Rechnungsjob. (lacht) Aber eine solche Chance erhältst du nur einmal im Leben. Dafür habe ich ein halbes Jahr zu Hause geübt.

Werden Sie nun öfter auf diese Aufgabe angesprochen als auf Ihre Karriere?

95 Prozent aller Reaktionen erhalte ich wegen des «Donnschtig-Jass». Das ist krass. Weil ich fürs Schwingen gelebt habe, alles dafür gegeben habe. Das Jassen ist für mich in erster Linie ein Job, der mir aber grossen Spass bereitet. 

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