Nach Aus gegen PSGFlick und Bayern: War das schon seine Abschiedsrede?
Nach dem Ausscheiden aus der Champions League wollte der Bayern-Coach eigentlich nichts zu seiner Zukunft sagen – dann folgt ein vierminütiger Monolog.
Es ist zwei Jahre und einen Monat her, dass Bayern München zum bisher letzten Mal aus der Champions League ausgeschieden ist. Es war ein ernüchternder Abend im März 2019, was irgendwann auch der Trainer einsah. Zwanzig Minuten vor Schluss quittierte er emotional seinen Job, er steckte die Hände noch tiefer in die Hosentaschen, und irgendwann zog er sich vom Spielfeldrand zurück und verschwand auf Nimmerwiedersehen in seinem Wetterhäuschen.
Nach dem Spiel fällten die Experten ein hartes Urteil: Der Trainer, der kanns nicht. Der hat keine offensive Idee. Es war ein Urteil über denselben Trainer, dem die Experten nach dem Hinspiel noch enorme Komplimente gemacht hatten: Der Trainer habe eine ausgezeichnete defensive Idee, hiess es nach einem hochkarätigen 0:0 beim FC Liverpool. Aber dann kam eben dieses 1:3 im Rückspiel, und Niko Kovac, der Trainer, war erledigt. Auch intern übrigens, obwohl er zwei Monate später mit den Bayern noch den DFB-Pokal und damit das Double gewann. Er blieb dann noch ein paar Monate, und dann kam Hansi Flick.
Unter Flick sind die Bayern dann überhaupt nicht mehr ausgeschieden in der Champions League. Sie haben diesen Wettbewerb gewonnen, und auch Niko Kovac bekam noch mal eine hübsche Prämie.
Es brauchte erst ein Wiedersehen mit dem Finalgegner Paris, um die Bayern daran zu erinnern, dass man laut Regelwerk auch ausscheiden kann. Und den Münchnern war schon vor dem Spiel sehr bewusst, dass die Frage «weiterkommen oder ausscheiden?» die nähere Zukunft im Verein genauso beeinflussen kann wie im März 2019. Zwar steht anders als damals nicht in Frage, ob die Spieler ihrem Trainer folgen (das tun sie) – aber ob dieser Trainer ihr Trainer bleibt, das ist doch mindestens fraglich, erst recht nach diesem Ergebnis und nach dem, was Hansi Flick danach im Fernsehen sagte, ohne im Fernsehen etwas sagen zu wollen.
Flick will «alles immer wieder neu bewerten»
Flick fing damit an, dass manche Medien geschrieben hätten, er habe diese Woche einen Termin beim Vorstand Oliver Kahn. Den Termin habe er nicht, sagte Flick, aber er hätte Zeit für einen solchen. Flick verteidigte seine oft genervten Auftritte in Interviews in der Vergangenheit: «Ich habe nie etwas anderes zu verkünden gehabt, und deshalb gibt es auch da, was die Antworten auf bestimmte Fragen betrifft, keine Notwendigkeit, etwas anderes zu sagen.» Es würde ihm immer um die Weiterentwicklung der Mannschaft gehen, für ihn sei Erfolg ein ständiger Prozess.
Doch dann ging es um seine Zukunft, und Flick sagte da wörtlich, es gebe «immer wieder für mich die Situation, alles immer wieder neu zu bewerten und neue Herausforderungen zu stellen. Da habe auch ich meine Vorstellungen. Egal, was ich machen werde, meine Familie steht immer hinter mir und würde mich immer unterstützen.»
Und: «Ob ich jetzt vielleicht beim DFB bin und einen anderen Rhythmus hätte, es wäre ihnen völlig egal. Entscheidend ist für sie, dass der Job mir Spass macht, und das ist das, was sie sich wünschen. Deswegen wird sie in allen Dingen, egal, wie meine Entscheidung ausfällt, komplett hinter mir stehen.»
«Situation neu bewerten», «Familie steht hinter mir, egal, wie meine Entscheidung ausfällt», «vielleicht beim DFB im anderen Rhythmus» – so deutlich wie nach dem Aus hatte Flick noch nie über seine Situation gesprochen, die man ja kennt.
Das Thema Flick überschattet
Es gibt seriöse Gründe fürs Ausscheiden, die Müdigkeit nach einer vollgestopften Corona-Saison, der Ausfall von Lewandowski, die vergebenen Chancen aus dem Hinspiel – aber niemand wird diesen Abend isoliert betrachten. Er wird in einen Zusammenhang gestellt werden mit all den Konflikten, die sich zuletzt auf den Fluren zugetragen haben. Und mit der Trainerfrage.
In welch kuriose Situation sich die Münchner selbst gebracht haben, hat sich beinahe in jedem Zweikampf ablesen lassen. Wenn sich Boateng erfolgreich in ein Duell stürzte, dachte man nicht: Schau her, der hats ja noch drauf! Man dachte eher: Aha! Der Flick-Spieler spielt aber gut! Spielt er vielleicht besser als Lucas Hernández, der Spieler des Sportvorstands Hasan Salihamidzic? Die Bayern – sowohl die Verantwortlichen als auch der Trainer – haben es zugelassen, dass man Fussballspiele nicht mehr nur auf fachliche Details, sondern auch auf ihr innenpolitisches Konfliktpotenzial abklopft.
Zwei Saisonziele bleiben den Bayern jetzt noch: Sie müssen deutscher Meister werden und diese konfliktreiche Saison einigermassen friedlich zu Ende bringen. Ob ihnen das gelingen wird? «Nächste Frage», würde Hansi Flick wahrscheinlich antworten.
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