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Tipp für Mehrtageswanderung
Darum lohnt sich die Tour um den Wildstrubel

Der Daubensee beim Gemmipass: Darin entwässert sich der Wildstrubelgletscher.
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Strubbelig und wild sehen die menschlichen Figuren aus grünen Pflanzen in Crans-Montana aus. «Strub» ist auch das, wofür sie werben: «Wildstrubel by UTMB», ein internationales Trailrunning-Rennen vom Walliser Kurort nach Leukerbad, Kandersteg, Adelboden, Lenk und zurück zum Ausgangspunkt. Die Besten absolvieren die 113 km und über 6600 Höhenmeter in rund 13 Stunden.

Für Wandersleute kaum vorstellbar. Für sie ist die Umrundung auf fünf Tage angelegt. Und selbst dann gilt sie wegen der Etappen von bis zu 23 km und der darin enthaltenen Höhenmeter als «anspruchsvolle Wanderung». Doch: Egal wie schnell der Wildstrubel umrundet wird – in dieser alpinen Umgebung gewinnen alle.

Das Massiv aus drei fast gleich hohen Gipfeln, das das Wallis vom Berner Oberland trennt, bekommt man dabei allerdings wenig zu Gesicht. Und wenn, dann muss man schon ein Kenner sein, um inmitten von zahlreichen Bergspitzen und Erhebungen zu wissen, welche Bergflanken zum Wildstrubel gehören. Die Enden des 3,5 km langen Bergkamms sind hingegen klar: Auf der Alpensüdseite führt ein alter Säumerweg über den Gemmipass. Am anderen Ende ist es der Rawilpass, über den es zurück zum Ausgangspunkt geht.

Die letzte halbe Stunde Richtung Rawilpass. Der Weg führt angenehm fast geradeaus vorbei an Felswänden und Bergseen.

Crans-Montana zeigt sich an diesem Sommertag – wie so oft – von der sonnigen Seite. Die 4000er der Walliser Alpen stehen am ersten Wandertag Spalier: Nadelhorn, Weisshorn mit seinem schneeweissen Gletscher, Dent Blanche, etwas zurückversetzt das Matterhorn. Der Einstieg der Wanderung entlang der Bisse du Tsittoret und durch Waldabschnitte ist gemächlich. Geht es höher, ändert sich jedoch einiges.

Die Bergwanderer sind hier allein unterwegs. Hinter einer Biegung kommen die nackten Felsen vom Mont Bonvin, Gitzistock und Trubelstock in das Blickfeld – ein Kontrast zu den Schneebergen. Die Sprachgrenze ist überschritten. Eindrücklich ist der letzte Abschnitt des langen Abstiegs in den Bergkessel von Leukerbad. Hier ist der Weg in die Flanke der Chällerflue gehauen. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was der Weg auf den Gemmipass am zweiten Tag bietet.

Stöhnend über den Gemmipass

Von Leukerbad aus scheint der 900 Meter hohe Bergriegel der Gemmi unüberwindbar. Wo soll da bitte ein Weg hinaufführen? Doch wie so oft: Im Gehen öffnet sich der Weg. Der Pass ist seit der Bronzezeit eine wichtige Nord-Süd-Verbindung. 1740 bis 1741 schlugen Tiroler Bergleute unzählige Kehren und Treppen in den Felsen – und das, noch bevor das Dynamit erfunden wurde. Dank ihnen ist der 5 km lange Weg zwar immer noch steil, aber gut begehbar. Auch für das Vieh und die 800 Schafe, die den Alpsommer auf der Gemmi verbringen.

Der Gemmipass ist ein alter Säumerweg. Er ist steil, aber gut begehbar. Blick aus der Luftseilbahn auf den Wanderweg.

Woher der Name «Gemmi» stammt, ist nicht belegt. Er könnte vom französischen Wort «chemin» oder dem mittellateinischen «camini» für Weg oder Durchgang abgeleitet sein. Nachvollziehbar auch die Erklärung mit «gémir», das für seufzen, stöhnen steht. In einer der Serpentinen hinauf kann schon der eine oder andere «Stöhner» ertönen.

Steht man oben auf 2348 m ü. M. ist es das gewaltige Panorama, das die Mühen vergessen lässt. Tief unten im Loch Leukerbad, am Horizont die Walliser 4000er samt Dom. In unmittelbarer Nähe rechts die Felswand des Daubenhorns, dahinter Felsmassive, ein kurzer Blick auf den Wildstrubel, Gletscher und eine Hochebene, in der der Daubensee smaragdfarben schimmert. Der höchstgelegene natürliche See Europas wird vom Wasser des Wildstrubelgletschers und von der Schneeschmelze gespeist. Ab hier führt der recht flache Wanderweg zwischen Felswänden und Gesteinsverwerfungen über die Kantonsgrenze hinweg, hörbar im Wechsel von Walliser zu Berner Dialekten.

Die Umrundung ist nicht durchgängig als solche markiert. Lokale Wanderwege wechseln sich mit der Via Alpina ab. Es lohnt sich auch, Tipps von Einheimischen zu folgen. Wie vom Bähnler bei der Luftseilbahn hinauf zur Allmenalp ob Kandersteg: «Nehmt den Weg über Bundergrat mit dem Abstecher zum Bunderspitz. Das ist unser schönster Aussichtsberg.» Gesagt, getan … wäre da nicht der steile Aufstieg in der sonnenbeschienenen Flanke. Eine Pause in den steilen Kehren tut not. Doch der Ortskundige hat nicht zu viel versprochen.

Der Blick vom Bunderspitz ob Kandersteg Richtung Chlyne Lohner und Gross Lohner.

Die ersten Blicke über den Grat sind «umwerfend». Die monumentalen Flanken des Chlyne und des Gross Lohner (3049 m) zeigen sich immer mehr. Nur 15 Minuten später auf dem Bunderspitz (2546 m) ein Panorama erster Güte. Gegenüber funkelt der Oeschinensee, die Blüemlisalpgruppe erstrahlt dahinter mit ihren weissen Gipfeln.

Wo bleibt denn der Steinbock?

Der fünfte Tag ist eine eigentliche Königsetappe. Sie führt auf 23 km von der Iffigenalp ob Lenk über den Rawilpass zurück nach Crans-Montana. Auf den ersten 5 Kilometern geht es zügig rund 1000 Höhenmeter hinauf, zuerst durch Wald, dann entlang von Felsflanken und über kurze Geröllpassagen. Immer mehr öffnet sich der Blick hinunter nach Lenk und ins Simmental, die offizielle Heimat des Wildstrubels.

Aufstieg zum Rawilpass. Ab Iffigenalp geht es gut 1000 Höhenmeter hinauf zum Pass, der auf einer herrlichen Hochebene liegt.

Über diesen schmalen Bergweg haben im 17. Jahrhundert die Walliser den Lenkern die Kühe geraubt. Tapfere «Weiber» holten sie zurück und verteidigten sie später mit Mistgabeln. Ihre Wehrhaftigkeit ist noch heute im Gemeindewappen verewigt.

Die Überschreitung auf der Alpennordseite steht dem Gemmipass in nichts nach, wobei die letzte halbe Stunde bis zum Pass gemächlich flach verläuft. Malerisch liegt ein kristallblauer See an einer Felsflanke. Einzelne Blumenpolster im Geröll. Hochmoorartige Stellen und ausgetrocknete Flussbette. Murmeltiere huschen über Felsblöcke. Nur der Steinbock, den eine Studentin von der ZHAW für ihre Masterarbeit dieser Tage in seinem Revier beobachtet, lässt sich partout nicht blicken.

Über zwei Kilometer erstreckt sich die Hochebene vom Pass zum Plan des Roses mit Bergseeli. Eine riesige Berg- und Felsarena. Wie klein ist doch der Mensch in Anbetracht dieser Dimensionen. Die Staumauer beim Lac de Tseuzier ist von weit oben sichtbar.

Die Bisse du Ro, eine 5 km lange Wasserleitung aus dem 15. Jahrhundert: Dieser Weg ist für Personen mit Höhenangst nicht geeignet.

Der Abstieg jedoch zieht sich hin. Noch drei Stunden bis Crans-Montana. Doch es ist nicht einfach nur «ans Ziel laufen». Mit der Bisse du Ro wartet eine letzte Besonderheit für Schwindelfreie. Heute können wir uns kaum vorstellen, unter welchen Risiken und körperlichen Einsätzen unsere Vorfahren den Weg aus den Felsen geschlagen und Wasserkanäle zum Teil frei hängend an die Wände fixierten. Ihnen gebührt Respekt.

Die Reise wurde von Eurotrek AG, Dietikon unterstützt.