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Wahl des Bundeskanzlers
Der «achte Bundesrat» stammt aus einer Saisonnier-Familie

Der soeben zum Bundeskanzler gewaehlte Viktor Rossi freut sich ueber seine Wahl, waehrend den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 13. Dezember 2023 in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
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Es war die spannendste Wahl am heutigen Mittwoch. Während bei den Bundesräten alle Bisherigen bestätigt wurden und Beat Jans wie erwartet die Nachfolge von Alain Berset antritt, war die Wahl des neuen Bundeskanzlers völlig offen. Das ist aussergewöhnlich, denn in der Regel ist die Kanzlerwahl die langweiligste. So war es auch vor acht Jahren, als der jetzt abtretende Walter Thurnherr zum Bundeskanzler erkoren wurde. Er war konkurrenzlos und erreichte bereits im ersten Wahlgang ein Glanzresultat von 230 Stimmen.

Heute brauchte es hingegen zwei Wahlgänge, bis sich Viktor Rossi mit 135 Stimmen durchsetzen konnte. Der 55-Jährige ist Mitglied der Grünliberalen Partei, womit erstmals in der Geschichte der Schweiz kein Vertreter einer Bundesratspartei die Landesregierung koordiniert.

Rossi hat eine typisch schweizerische Laufbahn hinter sich und widerspiegelt damit «ein Stück jüngere Schweizer Geschichte», wie GLP-Fraktionschefin Corina Gredig sagte, als sie ihren Kandidaten dem Parlament vorstellte. Rossis Eltern wanderten in den 50-Jahren als Saisonniers in die Schweiz ein – auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und vor allem für ihre Kinder. Daher hat der neue Bundeskanzler neben dem Schweizer auch einen italienischen Pass, ist also EU-Bürger.

Vom Koch zum Bundesratsmanager

Rossi ist zweisprachig aufgewachsen und absolvierte eine Lehre als Koch. Danach holte er auf dem zweiten Bildungsweg die Matura nach und studierte Wirtschaft sowie Recht. Später leitete er eine Berufsschule in Biel. Seit 2010 ist er in der Bundeskanzlei tätig, seit 2019 als Vizekanzler.

Der 55-Jährige weiss um den Wert der politischen Institutionen und will ihnen Sorge tragen. Er sieht sich als Garant für Kontinuität und will die Schweiz krisenfester machen sowie die Digitalisierung in der Bundesverwaltung «entschlossen vorantreiben». Das versprach Rossi in seiner Antrittsrede vor dem Parlament.

Die Wahl des Kanzlers stand – trotz der spannenden Ausgangslage – im Schatten der Bundesratswahlen. Ganz unwesentlich ist der Posten aber nicht, hat doch der Kanzler eine beträchtliche politische Gestaltungsmacht. Er bereitet die Bundesratssitzungen vor und bestimmt damit, worüber die Landesregierung wann diskutiert. Man nennt ihn daher auch den «achten Bundesrat». Er darf an den Bundesratssitzungen mitdiskutieren und Vorschläge machen. Abstimmen hingegen darf er nicht.

SVP-Kandidaturen liefen auf

Bis anhin stammten sämtliche Kanzlerinnen und Kanzler aus der FDP, der Mitte oder der SP. Diesmal aber haben all diese drei Bundesratsparteien verzichtet. Zu gross war ihre Angst, das Kanzleramt könnte sich mittelfristig negativ auf ihre Vertretung im Bundesrat auswirken – als «halber Bundesratsposten» sozusagen. Dafür trat die SVP gleich mit zwei Kandidaturen an.

Sowohl Nathalie Goumaz als auch Gabriel Lüchinger vermochten sich aber nicht durchzusetzen. Zu gross waren offenbar die Bedenken, das ausgleichende Amt des Bundeskanzlers der polarisierend auftretenden SVP zu überlassen. Vor allem Goumaz schnitt im ersten Wahlgang mit lediglich 24 Stimmen relativ schlecht ab, weshalb SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi ihre Kandidatur zurückzog, um die Kräfte zugunsten von Lüchinger zu bündeln.

Auch der parteilose Lukas Gresch kam im ersten Wahlgang auf lediglich 45 Stimmen, weshalb fast all seine Wählerinnen und Wähler im zweiten Durchgang auf Rossi setzten, was diesem am Ende 135 Stimmen einbrachte und damit den Posten des Bundeskanzlers. «Ich kann fast nicht in Worte fassen, was es für mich bedeutet, jetzt hier stehen zu dürfen», sagte der Gastarbeiter-Sohn vor dem Parlament. Das einst fremde Land für seine Eltern «wurde zu unserem Land, zu unserer Schweiz».