AboWahl der Woche (86)Zu Ende lesen oder weglegen?
Die Streitfrage zum Lesesommer – mit einem ungeduldigen Autor und einer Autorin, die Unbelebtes wie Lebewesen behandelt.
Es soll gelesen werden
Ich habe die Tendenz, unbelebte Gegenstände für Lebewesen zu halten und sie entsprechend zu behandeln. Zum Beispiel habe ich Mühe damit, den Wasserkocher durch die Öffnung zu befüllen, die eigentlich dazu gedacht ist, das Wasser auszugiessen. Ich habe das Gefühl, ich tue dem Wasserkocher damit unrecht. Auch wenn mir Tassen runterfallen, tut es mir weniger um mich oder die Scherben leid als um die arme Tasse. Das ist weniger verrückt, als es klingt, wenn man bedenkt, wie Menschen ihre Autos behandeln: streicheln, Namen geben, pflegen, über Vorlieben sprechen et cetera. Dieselbe Tendenz bringt mich wohl dazu, Bücher zu Ende zu lesen, selbst wenn sie mir überhaupt nicht zusagen. Es geht nicht um den Text oder die Autor:in, es geht um das Buch. Es soll seinen Daseinszweck erfüllen: Es soll gelesen werden.