Erste Informationen aus Tonga15 Meter hohe Wellen, drei Tote, alle Häuser auf einer Insel zerstört
Satellitenbilder und erste Meldungen lassen das Ausmass der Katastrophe erahnen. König Tupou VI. steht vor einer grossen Bewährungsprobe.
Tage nach dem gewaltigen Ausbruch eines Untersee-Vulkans sickern Informationen zum Ausmass der Schäden aus dem Südsee-Archipel Tonga: Die Regierung des Inselreichs hat in einer ersten offiziellen Mitteilung seit der Eruption von Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai im Pazifik mindestens drei Tote bestätigt.
Es handele sich um zwei Tongaer und einen britische Staatsbürgerin, teilte das Büro von Premierminister Siaosi Sovaleni am Dienstag mit. Die Kommunikationsverbindungen waren seit dem Ausbruch am Samstag beeinträchtigt, weil ein wichtiges Unterseekabel durch das Seebeben gekappt wurde. Man arbeite an der Wiederherstellung der Dienste – einschliesslich des Internets, hiess es weiter.
Die Regierung Tongas sprach von einer «beispiellosen Katastrophe». Demnach wurden auch Verletzte gemeldet. Durch die Eruption sei eine vulkanische Aschewolke entstanden, die alle Inseln Tongas bedeckte. Ausserdem habe der Ausbruch bis zu 15 Meter hohe Tsunamiwellen verursacht. «Obwohl die Tsunami-Warnung aufgehoben wurde und die vulkanische Aktivität deutlich zurückgegangen ist, wird die Überwachung fortgesetzt», hiess es weiter.
Der Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai hatte am Wochenende eine gigantische Wolke aus Asche und Gas kilometerweit in die Höhe geschleudert und Tsunami-Wellen ausgelöst, die selbst in Japan, Alaska und Südamerika noch an die Küsten schwappten. Auf Satellitenbildern waren spektakuläre Aufnahmen der Eruption zu sehen, die Experten zufolge wahrscheinlich die stärkste weltweit seit dem Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991 war.
Nur zwei Häuser blieben stehen
Der Untersee-Koloss, der sich 1800 Meter hoch und 20 Kilometer breit unter der Wasseroberfläche erhebt, liegt nur 65 Kilometer nördlich von Tongas Hauptstadt Nuku’alofa. Das Königreich Tonga hat rund 107 000 Einwohner.
Regierungsangaben zufolge brachte Tongas Marine lebenswichtige Vorräte auf einige Inseln. Auf der tiefliegenden Insel Mango mit rund 36 Bewohnern, von der ein Notsignal empfangen wurde, seien alle Häuser zerstört. Auf Fonoifua seien zwei Häuser übrig geblieben. Die Bewohner der beiden Inseln sowie von ‹Atata, würden von der Marine in Sicherheit gebracht. Die Asche und Schäden an den Anlegestellen erschwerten den See- und Lufttransport. Mit der nördlichsten Inselkette Niuas konnte demnach bisher kein Kontakt hergestellt werden. Sie galt aufgrund der Entfernung zum Vulkan jedoch als weniger gefährdet.

Der König musste evakuiert werden
Bevor der Vulkan das Internet und die Telefonverbindungen im Inselstaat zusammenbrechen liess, war auf Videoaufnahmen noch zu sehen, wie die Flutwelle des Tsunami den königlichen Palast am Fanga-tapu umspülte, dem «Heiligen Strand» in der Hauptstadt Nuku’alofa.
Den Hausherrn, König Tupou VI., soll ein Militärkonvoi in die relative Sicherheit seines Landhauses gebracht haben, wie Medien im Nachbarstaat Fidschi meldeten. Diese Villa liegt nahe dem Hügel Mataki’eua, der mit nur 28 Metern Höhe höchster Punkt der Hauptinsel Tongatapu ist – und damit anschaulicher Beleg dafür, wie sehr die im Klimawandel steigenden Meeresspiegel das Inselreich bedrohen. Auf diese Gefahr hat der König schon in der Vergangenheit die Welt immer wieder hingewiesen, etwa in einer Rede vor den Vereinten Nationen.

Und er ist auch nun gefragt, sobald sich die Vulkanasche gelegt hat. Zwar liegen die Regierungsgeschäfte inzwischen offiziell beim Premierminister, doch das umschreibt die Macht des Königs nur ungenügend. Der 62-Jährige ist einer der erfahrensten Politiker in dem Land mit nur 100’000 Bürgerinnen und Bürgern – erst recht, seit die Parlamentswahl im November die politischen Verhältnisse aufgemischt und die bisher regierende Demokratische Partei der «Freundlichen Inseln» gründlich dezimiert hat. Der neue Premier Siaosi Sovaleni ist erst seit drei Wochen im Amt. Wie Tupou VI. seine Rolle nach der Naturkatastrophe ausfüllt, ist nun seine bisher grösste Herausforderung.
Schweiz wartet ab
Neuseeland wollte noch am Dienstag zwei Schiffe mit Hilfsgütern in das 2300 Kilometer entfernte Tonga schicken. Ein formelles Hilfeersuchen stehe zwar noch aus, aber die neuseeländische Regierung wolle die Schiffe «HMNZS Wellington» und «HMNZS Aotearoa» dennoch bereits entsenden, da diese drei Tage brauchten, um die betroffene Region zu erreichen, hiess es.
Eines der Schiffe soll dringend benötigtes Trinkwasser transportieren, denn auf Tonga ist das Wasser durch Asche verschmutzt. «Wasser hat in dieser Phase für Tonga höchste Priorität und die «HMNZS Aotearoa» kann 250 000 Liter transportieren und 70 000 Liter pro Tag durch eine Entsalzungsanlage produzieren», sagte Verteidigungsminister Peeni Henare.
Die Schweiz verfolgt die Situation auf Tonga infolge des Vulkanausbruchs sehr genau und steht im Kontakt mit den zuständigen Behörden und den Agenturen der UNO in der Pazifik-Region, sagt ein Sprecher des Aussendepartementes EDA. Bislang habe die Regierung Tongas keinen Hilfsaufruf an die internationalen Staatengemeinschaft gerichtet. Aufgrund der noch laufenden Abklärungen sei es verfrüht, Einsatzmittel und das Schweizerische Korps für humanitäre Hilfe (SKH), zur Unterstützung der betroffenen Bevölkerung zu mobilisieren.
Sollte ein Hilfsaufruf lanciert werden, wird die Schweiz einen möglichen Beitrag prüfen. Ausschlaggebend dabei sind die Bedürfnisse vor Ort und der Mehrwert, den die Schweiz in einer Unterstützungsleistung erbringen könnte, heisst es beim EDA.
sz/sda
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