Chaos im US-RepräsentantenhausKeine Wahlchancen: Neuer Kandidat der Republikaner gibt bereits wieder auf
Tom Emmer wurde für das Amt des Sprechers nominiert, zog sich aber nur Stunden später wieder zurück, weil ihn die Hardliner der Partei deutlich ablehnten. Nun will es Mike Johnson wissen.

Die Suche nach einem neuen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses ist erneut gescheitert, das Chaos bei den Republikanern geht weiter. Am Dienstag hat die Partei zwar ihren Fraktionsgeschäftsführer Tom Emmer als Kandidaten nominiert. Die Nummer 3 der Republikaner-Fraktion setzte sich bei internen Abstimmungen gegen sieben andere Bewerber durch. Der konservative Abgeordnete kam in der letzten Runde auf 117 Stimmen, der Zweitplatzierte Mike Johnson bekam 97 Stimmen.
Danach zeichnete sich aber ab, dass Emmer im Plenum des Repräsentantenhauses nicht auf die notwendige Mehrheit von 217 Stimmen kommen wird, um in das dritthöchste Staatsamt in den USA gewählt zu werden. Die Republikaner verfügen derzeit mit 221 Abgeordneten nur über eine knappe Mehrheit in der Kongresskammer, die Demokraten von Präsident Joe Biden stellen 212 Abgeordnete. Damit würden wenige Abweichler bei den Republikanern ausreichen, um Emmer scheitern zu lassen, wenn die Demokraten geschlossen gegen ihn stimmen.
Bei einem Probedurchgang stellten sich 26 Abgeordnete gegen Emmer. Vier Abweichler dürfte er sich lediglich leisten. Die Hardliner der Republikaner machten aber klar, dass Emmer für sie nicht wählbar ist. Auch Donald Trump stellte sich in sozialen Medien gegen den Kandidaten, sein Team soll gemäss US-Medien mehrere Republikaner angerufen und gegen Emmer eingeschworen haben.
Trump spricht sich gegen Emmer aus, weil dieser dafür stimmte, die Wahlergebnisse 2020 zu zertifizieren. Die Hardliner kritisieren zudem, dass Emmer mithalf, den Shutdown verhindern oder sich für die gleichgeschlechtliche Ehe ausspricht. Wenige Stunden nach der Nomination war daher klar, dass der neue Kandidat nicht auf die notwendigen 217 Stimmen von republikanischen Abgeordneten kommen würde. Er entschied sich deshalb, sich zurückzuziehen.
Kurz nach dem Scheitern des dritten Kandidaten für die Repräsentantenhaus-Spitze haben die US-Republikaner mit Mike Johnson ihren vierten Kandidaten binnen nur zwei Wochen nominiert. Der Abgeordnete aus dem US-Bundesstaat Louisiana gewann eine parteiinterne Abstimmung, wie die republikanische Abgeordnete und Konferenz-Vorsitzende Elise Stefanik am Dienstag (Ortszeit) erklärte. Damit setzte sich Johnson als Kandidat für die Nachfolge des vor drei Wochen abgesetzten Vorsitzenden Kevin McCarthy durch.
Wochenlanges Chaos
Wie es nun weitergeht, ist offen, die Republikaner müssen das Prozedere wohl wieder von vorne beginnen. Das Repräsentantenhaus ist schon seit drei Wochen gelähmt und kann damit keine Gesetze und keine neuen Militärhilfen für Israel und die Ukraine beschliessen. Der bisherige republikanische «Speaker» Kevin McCarthy war am 3. Oktober durch eine Revolte rechter Hardliner in den eigenen Reihen gestürzt worden. Es folgte ein wochenlanges Chaos bei der Suche nach einem Nachfolger.
Der zunächst von den Republikanern nominierte Mehrheitsführer Steve Scalise zog seine Kandidatur zurück, nachdem klar wurde, dass er die notwendige Mehrheit verfehlen würde. Der daraufhin nominierte rechte Hardliner Jim Jordan fiel im Plenum bei drei Anläufen klar durch. Die Fraktion entzog dem Vertrauten von Ex-Präsident Donald Trump daraufhin am vergangenen Freitag die Nominierung.
Das seit Wochen andauernde Chaos bei den Republikanern hat weitreichende Folgen: Ohne Vorsitzenden ist die Parlamentskammer bei der Gesetzgebung blockiert. Damit kann der Kongress unter anderem keine weiteren Militärhilfen für das von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas überfallene Israel und die von Russland angegriffene Ukraine beschliessen, um die Präsident Biden das Parlament gebeten hat. Den USA droht zudem Mitte November ohne Lösung im Haushaltsstreit ein sogenannter Shutdown.
AFP/anf
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