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UNO-Sicherheitsrat
Cassis bespricht mit Russlands Aussenminister «wichtige Angelegenheiten»

Geben sich zur Begrüssung die Hand: Sergei Lawrow (l.) und Ignazio Cassis.
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Viel liess sich Ignazio Cassis nicht entlocken. Während des Treffens mit Sergei Lawrow am Dienstagnachmittag in New York habe er über «mehrere wichtige Angelegenheiten» gesprochen, teile er auf dem Kurznachrichtendienst X mit. Vor den Medien sagte er später, das Treffen habe zum Ziel gehabt, einen Dialog zu starten, der weitergehen werde. Die Positionen der Ukraine und Russlands blieben jedoch diametral entgegengesetzt.

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Es war das erste Treffen mit Lawrow seit September 2022. Damals brachte ein Foto Cassis Kritik ein, das ihn lächelnd mit Lawrow zeigte – ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Er habe sich für russische Propaganda einspannen lassen, sagten Kritiker.

Das jüngste Treffen fand in einem anderen Kontext statt: Vergangene Woche hat Cassis den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in der Schweiz empfangen. Bundespräsidentin Viola Amherd gab danach bekannt, dass die Schweiz auf Wunsch der Ukraine einen Friedensgipfel organisieren will. Nach Möglichkeit noch dieses Jahr. 

Moskau kritisierte die Pläne. In New York zeigte sich Lawrow offener: In einem Interview mit dem US-Fernsehsender CBS sagte er, Moskau höre alle an, welche die Ukraine nicht für einen Krieg gegen Russland instrumentalisieren würden. Sein Land sei grundsätzlich zu Verhandlungen bereit – allerdings nicht mit dem Ziel, die jetzige Regierung in Kiew an der Macht zu halten. Laut Cassis hat sich Russlands Position nicht verändert. 

«Die Schweiz ist bereit»

Nach dem Treffen mit Lawrow nahm Cassis an einer Debatte des UNO-Sicherheitsrates zur Lage im Nahen Osten teil – und bot auch in diesem Konflikt die Guten Dienste der Schweiz an, wenn auch bloss in allgemeiner Form: «Wir halten uns bereit, die Schlüsselakteure dieses Konflikts zusammenzubringen und alle Bemühungen auf dem Weg zum Frieden zu unterstützen», sagte Cassis. «Zum Beispiel jene der EU.» Die Schweiz sei bereit, ihre Rolle zu spielen in diesem schwierigen, aber unerlässlichen Prozess für den Frieden.

Es war das sechste Mal, dass Cassis an einer Sitzung des Sicherheitsrates teilnahm – das erste Mal zum Krieg im Nahen Osten. Beim Terroranschlag der Hamas auf Israel vom 7. Oktober sind mehr als 1200 Menschen getötet worden. In Gaza sind seither durch das Vorgehen Israels nach palästinensischen Angaben über 25’000 Menschen getötet worden. Die humanitäre Lage ist laut dem IKRK katastrophal.

Zu diesem Konflikt hat sich Cassis bisher noch kaum öffentlich geäussert. Dennoch geriet er in die Kritik. Ende Oktober stimmte die Schweiz im UNO-Sicherheitsrat einer Resolution zu, die eine humanitäre Waffenruhe forderte. Diese Positionierung war umstritten, weil die Resolution den Terroranschlag der Hamas und die israelischen Geiseln nicht erwähnte. 

Grenzenlose Gewalt

Am Dienstagabend bekräftigte Cassis gleich zu Beginn seiner Rede vor dem Sicherheitsrat, dass die Schweiz die Anschläge der Hamas verurteile und die sofortige und bedingungslose Freilassung der israelischen Geiseln fordere. Die Gewalt in Israel, in Gaza und in den übrigen Palästinensergebieten scheine keine Grenzen mehr zu kennen, fuhr Cassis fort. Das humanitäre Völkerrecht werde fortwährend verletzt. Die Welt dürfe sich aber nicht der Frustration hingeben. «Angesichts eines solchen Ausmasses von Unmenschlichkeit haben wir nicht das Recht dazu.»

Die Schweiz setzt nach wie vor auf eine Zweistaatenlösung. Cassis stellte aber fest, die Ausgangslage habe sich seit den Gesprächen von Camp David und Oslo verändert. Im Nahen Osten sei kein dauerhafter Friede möglich ohne einen regionalen politischen Konsens. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat sich zuletzt gegen eine Zweistaatenlösung ausgesprochen.

UNO-Generalsekretär António Guterres kritisierte das vor dem Sicherheitsrat als «inakzeptabel». Dazu sagte Cassis vor den Medien, er begrüsse die klaren Worte. Auf die Frage, ob er Israel in diesem Zusammenhang ebenfalls kritisiere, sagte er, das sei nicht die Rolle der Schweiz. 

Bisher zurückhaltend

Bisher preschte die Schweiz im Nahostkonflikt nicht mit diplomatischen Bemühungen vor. Sie begnügte sich damit, die Kriegsparteien dazu aufzurufen, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Der Bundesrat sprach ausserdem Gelder für humanitäre Hilfe, überprüfte die Zusammenarbeit mit palästinensischen NGOs und beschloss, die Hamas als terroristische Organisation einzustufen und zu verbieten.

Damals sagte Cassis, es sei nicht die Rolle der Schweiz, mit der Hamas zu verhandeln. Einen Widerspruch zum Vermittlungsangebot der Schweiz sieht er nicht: Man müsse zwischen Hamas und den Palästinensern unterscheiden, sagte er auf eine entsprechende Frage. Die Schweiz zählt also die Hamas nicht zu jenen Akteuren, die sie zusammenbringen möchte.

Mehr tun oder nicht?

Aussenpolitiker beurteilen das bisherige Engagement unterschiedlich. Aus Sicht von SP-Nationalrat Fabian Molina sollte die Schweiz mehr tun. Positiv bewertet er, dass die Schweiz konsequent die Einhaltung des Völkerrechts fordert. Sie habe die schweren Verbrechen der Hamas verurteilt und spreche sich für den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza aus. Kritisch sieht Molina Rüstungsgeschäfte mit Israel und die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit dem Land. «Auch der Nahe Osten bräuchte einen Friedensgipfel», sagte Molina vor Cassis’ Rede.

Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter hält es dagegen für sinnvoll, wenn sich die Schweiz auf die humanitäre Hilfe fokussiert. Alles andere sei in diesem Konflikt schwierig. Dass sich die Schweiz im Ukraine-Krieg stärker engagiere, sei nachvollziehbar. Dieser stelle eine direkte Bedrohung für Europa und die westlichen Werte dar.

Auch SVP-Nationalrat Roland Büchel hält die bisherige Zurückhaltung der Schweiz im Nahostkonflikt für sinnvoll. Der Konflikt sei äusserst komplex, und Länder aus der Region wie etwa Katar seien besser für eine Vermittlung geeignet als die Schweiz, sagt Büchel. Dass die Schweiz aktuell im UNO-Sicherheitsrats sitzt, findet er nach wie vor falsch. Der Schaden halte sich bisher aber in Grenzen. «Das wird in der Welt kaum beachtet.»