Ein Blick ins ZeitungsarchivVor 70 Jahren wurde in Horgen das Joghurt als Volksnahrungsmittel propagiert
In Horgen zog 1954 eine aussergewöhnliche Werbeaktion Aufmerksamkeit auf sich, derweil trafen sich in Rapperswil die sogenannten «Kurzschriftler».
Im Mai 1954 sorgte eine Werbeaktion am linken Seeufer für Schlagzeilen, wie ein Blick in das Archiv des «Anzeigers des Bezirkes Horgen» zeigt.
Als Hausfrauen auf dem Milchfassungsplatz die vollen Milchkessel hätten abholen wollen, habe auf sie ein Werbegeschenk der Molkereigenossenschaft Horgen gewartet, schreibt der Journalist. Von je zwei Fläschchen neben jedem Kessel, insgesamt 6000 Behälter, mit «weissem und rotem Inhalt», dessen Geschmacksrichtung nicht bekannt war, ist die Rede.
Ein dazugehöriges Schreiben erklärte deren Inhalt: «Zwecks Propagierung von Joghurt als Volksnahrungsmittel» wurden die Proben auf diesem Wege unter das Horgner Volk gebracht.
Das Produkt aus gegorener Milch, das heute auf jeden gutgedeckten Zmorge-Tisch gehören mag, schien in den 50er-Jahren noch weniger bekannt gewesen zu sein. So wenig, dass der Journalist «den guten Duden um Rat» fragen musste und auf folgende Antwort gestossen ist: «Homogenisieren» heisse so viel wie «innig verbinden». Im Fall der Joghurtherstellung würde das «ein Aufrahmen der Milch verhüten».
Wie sehr diese Werbeaktion der Beliebtheit des damals scheinbar noch unpopulären Milchprodukts geholfen hat, geht aus dem Artikel nicht hervor. Auf den Verfasser hat sie aber auf jeden Fall Eindruck gemacht: «Ein ganzes Dorf isst Joghurt», schlägt er als neuen Slogan der Milchgenossenschaft vor. Und er betont, dass die Aktion den Dank der Bevölkerung verdient hätte, egal «ob Joghurtliebhaber oder -verächter».
Wer schreibt am schnellsten?
Am rechten Seeufer war es vor 70 Jahren derweil wichtig, schnell schreiben zu können. Wie die «Zürichsee-Zeitung» berichtete, fand in Rapperswil «das grösste je in der Schweiz stattgefundene Stenographentreffen» statt.
Am Samstag fanden die Wettbewerbe in der Kategorie «Schön- und Rechtschreiben» in unterschiedlichen Sprachen statt. Sprachen wie Französisch und Spanisch, aber auch Romanisch und Esperanto wurden geprüft. Insgesamt hatten 308 Personen teilgenommen. Viele von ihnen konkurrierten in verschiedenen Sprachen. Der Rekord lag bei elf Sprachen. Nicht nur das Tempo wurde bewertet, auch wie schön geschrieben wurde, floss in die Bewertung mit ein.
Die Teilnehmenden aus der Zürichsee-Region konnten sich freuen, denn die beiden Sieger kamen aus Richterswil und Herrliberg.
Am Sonntag feierten die «Kurzschriftler» im Hotel Casino. Als Gastredner betonte der St. Galler Ständerat Johann Schmuki die Bedeutung der Stenografie zur damaligen Zeit: Die modernen Aufnahmegeräte wären wohl eine interessante und nützliche Erfindung, würden aber Hilfsmittel bleiben und keine Konkurrenz zur Stenografie darstellen, mutmasste er.
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