Die neue Chefin des SEMVon der Diplomatie in die Niederungen der Innenpolitik
Christine Schraner Burgener hat sich eine Karriere lang um internationale Menschenrechte bemüht. Dies bleibt auch im Staatssekretariat für Migration ihr Schwerpunkt – aber jetzt mit Fokus auf die Schweiz.
Als Schweizer Botschafterin in Thailand nahm sie den Rucksack und bereiste Burma, um das komplizierte Land besser kennen zu lernen (während ihr Mann dort als Botschafter akkreditiert war). Als Botschafterin in Berlin fuhr sie mit dem Velo zu Terminen im deutschen Auswärtigen Amt – und verwirrte die Polizisten am Eingang, die eher eine Diplomatenlimousine erwartet hatten.
Schon immer hat Christine Schraner Burgener die Dinge etwas anders gemacht, als es im eher steifen diplomatischen Dienst zu erwarten wäre. Zusammen mit ihrem Mann Christoph Burgener begann sie nach dem Jusstudium in Zürich die diplomatische Laufbahn. Die beiden waren die Ersten, die sich einen Auslandsposten im Jobsharing teilten. So kam es auch, dass sie Botschafterin in Thailand wurde, während er für Burma, Laos und Kambodscha zuständig war. Unter Auslandschweizern scheint sie in Bangkok grossen Eindruck gemacht zu haben. «So eng war die Verbundenheit der Schweizer mit ihrer Botschaft vorher und nachher nie mehr», schwärmte Bernhard Strässle aus Thailand in einem Onlinekommentar auf der Website dieser Zeitung. «Sie machte ihre Karriere nicht aus Ehrgeiz, sondern weil sie ihren Job mit Herzblut machte.»
In ihrer neuen Aufgabe wird Schraner Burgener vermutlich nicht immer mit so viel Wohlwollen empfangen werden. Auf Anfang 2022 wird sie Chefin des Staatssekretariats für Migration (SEM), wie der Bundesrat am Donnerstag bekannt gab.
Menschenhandel, Streubomben
1963 geboren in Meiringen im Berner Oberland, wuchs Schraner Burgener anfangs in Tokio, später im Kanton Zürich auf. In Winterthur machte sie die Matura. Die Juristin interessierte sich schon früh für Menschenrechte und Völkerrecht. Es blieben auch als Diplomatin ihre Schwerpunkte. Terrorismusbekämpfung, Menschenhandel, Streubomben – mit solchen Fragen beschäftigte sie sich im Aussendepartement. Von 2004 bis 2007 war Schraner Burgener Präsidentin der EDA-Sektion des Personalverbandes des Bundes. Sie ist SP-Mitglied.
«Ich bin vor allem eine Brückenbauerin zwischen allen Akteuren», sagte sie der NZZ in einem Interview. «Bei einer Vermittlung muss man sich zurücknehmen.» Im Interview ging es um ihre Aufgabe als UNO-Sonderbeauftragte für Myanmar (wie Burma sich offiziell nennt). Ein Amt, das sie noch bis Ende 2021 behalten wird. In den letzten Jahren war es ein Einsatz weit ab der Öffentlichkeit. Aber nach dem Militärputsch in Burma Anfang Februar wurde Schraner Burgener plötzlich international bekannt – und in Interviews geradezu undiplomatisch: «Das ist mehr als nur bedauerlich. Es ist eine Katastrophe», kommentierte sie den Putsch in dieser Zeitung. Was nicht bedeutet, dass sie ihre Vermittlungsbemühungen aufgeben wird: «Als Sondergesandte ist es meine Aufgabe, die Türen offen zu halten.»
Innerliche Ruhe
Schraner Burgener beschreibt sich als Person, die «sich selbst nicht zu wichtig nimmt» und schnell wieder innerlich zur Ruhe kommt. Das sind Eigenschaften, die auch in ihrem neuen Job beim SEM nützlich sein werden. Sie wird nicht nur Chefin von etwa 1000 Beamten und Beamtinnen. Sie wechselt auch in eines der umstrittensten Felder der Schweizer Politik – von der internationalen Diplomatie in die Niederungen des innenpolitischen Kampfes. Ihr diplomatisches Geschick und ihre Erfahrung bei der Vermittlung zwischen Kontrahenten werden erneut gefordert sein.
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