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Interview Emma Tivesten
«Videomaterial wird nicht gespeichert»

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Volvo-Sicherheitsexpertin Emma Tivesten: «Menschen machen nun mal Fehler.»
Die Studie «Volvo Concept Recharge» gibt einen vagen Ausblick darauf, wie der EX90 aussehen könnte.  
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Emma Tivesten, im Volvo EX90 wird ein sogenanntes Driver-Understanding-System Einzug halten. Was hat es damit auf sich?

Wie der Name schon sagt, geht es darum, mehr über die Person am Steuer zu erfahren. Konkret: Wohin sie blickt und wie oft und wie lange ihre Augen geschlossen sind. Auf der Grundlage unserer Forschungsergebnisse wissen wir, dass zwischen dem Moment des Einschlafens am Steuer und dem Moment, in dem der Wagen von der Fahrbahn gerät,  oft nur Sekunden vergehen. Sobald das System also feststellt, dass jemand aufgrund von Schläfrigkeit, Ablenkung oder Trunkenheit die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren droht, kann es zusätzliche Hilfe anbieten.

Worin unterscheidet sich das System von heutigen Müdigkeitserkennungssystemen?

Das aktuelle Driver-Alert-Control-System erhält aufgrund des Lenkverhaltens und des Spurhaltevermögens Hinweise, wenn die Person am Steuer von einer normalen Fahrweise abweicht, und rät dann zu einer Pause. Zu den bestehenden Sensoren hinzu kommen nun zwei Kameras – die eine sitzt hinter dem Lenkrad und die andere mittig auf dem Armaturenbrett –, die auf die Augen des Fahrers gerichtet sind. Neu ist ausserdem ein kapazitatives Lenkrad, das die Stabilität der Lenkeingabe überwacht. Diese Kombination aus Sensoren und Kameras verrät mehr über den aktuellen Gemüts- und Gesundheitszustand des Fahrers, als je zuvor möglich war.

Zwei Kameras, die permanent auf den Fahrenden gerichtet sind – ist das nicht die totale Überwachung?

Die Sorge ist nachvollziehbar, aber ich kann Sie beruhigen: Ermittelt werden einzig und allein die Blickmuster des Fahrenden. Das Videomaterial wird im Auto nicht gespeichert, sondern in Echtzeit durch unsere patentierten Algorithmen verarbeitet.

Das heisst, die Daten werden auch nicht von Volvo Cars gesammelt und ausgewertet?

Natürlich müssen wir Daten sammeln, um unser System überprüfen und laufend verbessern zu können. Doch das geschieht nicht durch unsere Kunden, sondern im Rahmen von Forschungsstudien, für die wir gezielt rekrutierte Personen unterschiedlichen Testsituationen aussetzen. Auch diese Daten sind gut geschützt. Niemand ausserhalb der Forschungsgruppe kann darauf zurückgreifen.

Können Sie auch sicherstellen, dass sich keine externen Hacker der Kameras bemächtigen?

Damit beschäftigen sich unsere Produktabteilungen. Sie sind in puncto Cyberbedrohungen auf dem neusten Stand und haben das System selbstverständlich entsprechend geschützt.

Zurück zum eigentlichen Nutzen des Systems: Was passiert, wenn es Schläfrigkeit oder sogar Sekundenschlaf registriert?

Zunächst einmal wird akustisch gewarnt – erst sanft und wenn nötig mit Nachdruck. Reagiert die Person gar nicht, etwa im Fall einer Bewusstlosigkeit, kann der Volvo EX90 sicher am Strassenrand zum Stillstand gebracht werden und einen Notruf absetzen. Entscheidend ist, dass das Monitoring-System mit allen anderen wegweisenden Sicherheitssystemen im neuen Volvo EX90 verschmolzen ist, die einen präventiven Schutzschild um den Fahrer herum bilden.

Sie haben eingangs auch Trunkenheit erwähnt. Was, wenn jemand einen Deziliter Wein getrunken hat – was hierzulande bei einer Promillegrenze von 0,5 noch im legalen Rahmen sein dürfte?

Das Auto erkennt, wenn der Fahrer erheblich beeinträchtigt ist – unabhängig davon, ob aufgrund von Trunkenheit oder Schläfrigkeit. Die Gründe hinter einer Beeinträchtigung gehen uns nichts an. Wir wollen einfach frühzeitig erkennen, wenn jemand von einem normalen Fahrverhalten abweicht und folglich für sich und andere eine Gefahr darstellt. Ein niedriger Alkoholpegel dürfte dem System eher nicht auffallen. 

Können Sie in Zahlen ausdrücken, wie viel das Driver-Understanding-System bringt?

Wir haben noch zu wenige Daten, um konkrete Zahlen nennen zu können, aber das Potenzial ist riesig. Sie müssen bedenken, dass rund 90 Prozent aller Unfälle auf menschliches Versagen zurückgehen und nur gerade 10 Prozent auf technisches Versagen wie etwa einen Reifenplatzer. Menschen machen nun mal Fehler, und diese werden durch das neue Sicherheitsfeature abgefedert.

Volvo spricht beim kommenden EX90 vom «Beginn einer neuen Ära». Sind die neuen Sicherheitsfeatures tatsächlich so bedeutsam, wie es etwa der Sicherheitsgurt war, den die Marke in den 1960ern einführte?

Ich würde sagen, ja. Genau wie der Sicherheitsgurt rettet auch das Driver-Understanding-System viele Leben. Der Unterschied liegt darin, dass der Sicherheitsgurt Verletzungen bei einem tatsächlichen Unfall vermindert, während es das Driver-Understanding-System gar nicht erst so weit kommen lässt.