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Velodiebstähle nehmen zu
Diebesbanden machen Jagd auf E-Bikes – Kosten für Versicherer explodieren

Fahrraddiebstahl im Wohngebiet von Düsseldorf, Deutschland

Bicycle theft in Residential area from Dusseldorf Germany
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Da waren Profis am Werk. Ausgerüstet mit Bolzenschneidern, Trennscheiben und Winkelschleifern hat eine Bande in Olten während eines halben Jahres über 250 hochwertige Velos und E-Bikes gestohlen. Das teuerste Fahrrad hatte einen Wert von über 7000 Franken. Gesamtschaden: mehr als eine halbe Million Franken.

Die sechs Diebe gingen schliesslich der Polizei ins Netz. Der Prozess vor dem Amtsgericht Olten-Gösgen im vergangenen März zeigte, wie gut organisiert die sechs und ihre Hintermänner vorgegangen waren. Auf verschlungenen Wegen verschoben sie die gestohlenen Velos nach Kosovo. Von dort aus verhökerten Hehler die teuren Velos.

Die Bandenmitglieder wurden zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verurteilt. Hinzu kommen Landesverweise.

Fahrraddiebstähle werden kaum aufgeklärt

Der Fall hat Seltenheitswert. Denn im langjährigen Durchschnitt kann die Polizei weniger als drei Prozent der Velodiebstähle aufklären. Dabei steigt die Zahl der Diebstähle über die Jahre stetig an. 2022 waren es laut Kriminalstatistik 35’000 Fälle.

Doch damit nicht genug: Die Schadenssumme in Franken steigt noch stärker als die Zahl der Diebstähle. Denn die Schweizerinnen und Schweizer fahren immer teurere Velos. Das hat mit der wachsenden Beliebtheit von E-Bikes zu tun.

Während die Veloverkäufe insgesamt nach dem Corona-Hoch im Jahr 2020 leicht zurückgegangen sind, steigt die Zahl der verkauften Elektrovelos weiter an. Dies geht aus der Verkaufsstatistik des Hersteller- und Händlerverbands Velosuisse hervor. Fast jedes zweite verkaufte Velo hat heute einen Elektromotor.

E-Bikes sind attraktives Diebesgut. Das wirkt sich auf die Schadensummen aus. Die Mobiliar, Schweizer Marktführerin in diesem Bereich, wird dieses Jahr voraussichtlich 31 Millionen Franken für gestohlene Velos auszahlen. 2017 waren es erst 15 Millionen – eine Verdoppelung innert fünf Jahren. 

Die Axa-Versicherung ist in der Schweiz die Nummer zwei auf diesem Markt. Sie meldet, dass ihr im vergangenen Jahr Velodiebstahlschäden von fast 18 Millionen Franken gemeldet wurden. Das sind 40 Prozent mehr als die 13 Millionen im Vorjahr.

Vor fünf Jahren betrug der durchschnittliche Schaden pro Velo noch 1250 Franken. Im Jahr 2022 waren es bereits 2000 Franken. Das entspricht einer Zunahme von fast 60 Prozent.

Bandentätigkeit vor allem in den Städten

Der Fall der inzwischen verurteilten Bande aus Olten ist typisch. Stefan Müller, Leiter Schaden Sachversicherungen bei Axa, sagt: «Wir kennen einige organisierte Banden, die gestohlene Velos ins Ausland schmuggeln.» Seit der Aufhebung der Corona-Reisebeschränkungen sind internationale Diebesbanden wieder vermehrt in der Schweiz aktiv.

Ihr Jagdrevier finden sie vor allem in den Städten. Laut Kriminalstatistik weisen acht der zehn grössten Schweizer Städte eine Velodiebstahlrate auf, die über dem Schweizer Durchschnitt liegt. Spitzenreiter ist die Stadt Basel. Nur Lugano und Lausanne weisen unterdurchschnittliche Werte auf.

Die Kostenexplosion bereitet den Versicherungen Sorgen. Thomas Trachsler ist Leiter Versicherungen bei der Mobiliar. Er sagt: «Um langfristig für unsere Kundinnen und Kunden da zu sein, können wir es uns nicht leisten, dass unsere Schadenkosten höher sind als die Prämieneinnahmen.»

Eine Erhöhung der Versicherungsprämien schliesst Trachsler deshalb nicht aus – mit einer Einschränkung: «Falls wir Massnahmen ergreifen müssen, werden wir nicht nur die Prämien, sondern auch präventive Massnahmen prüfen.» Welche das sein könnten, kann Trachsler noch nicht sagen.

Mit Elektronik gegen den Diebstahl

Nicht nur die Versicherungen, auch die E-Bike-Hersteller reagieren auf die zunehmenden Diebstähle. Martin Platter, Sprecher des Händlerverbands Velosuisse, sagt: «Es gibt immer mehr Hersteller, die SIM-Karten und GPS-Ortung anbieten.» 

Damit lassen sich auch ältere E-Bikes nachrüsten – für weniger als 100 Franken. Andere Hersteller bieten abnehmbare E-Bike-Displays an. Ihr Chip ist mit der Antriebseinheit gekoppelt. Ohne Display fährt das E-Bike nicht.

Es gehe aber auch einfacher, sagt Platter: «Die E-Bikes einiger Hersteller verlangen vor dem Start die Eingabe eines Codes. Sonst lässt sich der Motor nicht starten oder blockiert sogar den Antrieb.» Alternativ lässt sich das System per Bluetooth über eine Smartphone-App freischalten, die zuvor mit dem E-Bike gepaart wurde.

«Auch ein stabiles Rahmenschloss verfehlt seine Wirkung nicht.»

Martin Platter, Velosuisse

Auch ohne Elektronik könne man viel gegen Diebe tun, sagt Platter. Er rät, das E-Bike im Auge zu behalten, wenn man zum Beispiel einkehrt. Und es möglichst dort abzustellen, wo Passanten sind.

Wenn möglich, kann man das gute Stück auch einfach mit einem massiven Bügelschloss an einem Geländer, einem Fahrradständer oder einem Laternenpfahl festmachen. «Doch auch ein stabiles Rahmenschloss verfehlt seine Wirkung nicht», sagt Platter.