Tod einer 16-Jährigen im IranVerschleppt, gefoltert, ermordet und heimlich begraben
Ein Teenager, die an Protesten in Teheran teilgenommen hatte, kehrt als Leiche in ihr Heimatdorf zurück. Laut Berichten haben sich die Behörden des Leichnams bemächtigt und ihn ohne Wissen der Familie begraben. Die iranische Justiz weist sämtliche Vorwürfe zurück.
Die Justiz im Iran hat eine Verbindung zwischen dem Tod einer Jugendlichen und den anhaltenden regierungskritischen Protesten im Land ausgeschlossen. Am Leichnam der im September getöteten Nika Schahkarami seien keine Schusswunden festgestellt worden, sie sei gestorben, nachdem sie «gestossen» worden sei, sagte der Justizvertreter Mohammad Schahriari am Mittwoch. Der Vorfall habe «nichts mit den jüngsten Störungen zu tun».
In Onlinenetzwerken waren zuvor Vorwürfe laut geworden, Sicherheitskräfte hätten die Jugendliche, die am Sonntag 17 Jahre alt geworden wäre, getötet. Die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, acht Menschen seien im Zusammenhang mit ihrem Tod festgenommen worden. Die Ermittlungen zum Fall liefen weiter, die forensischen Experten hätten ihren Abschlussbericht den Justizbehörden noch nicht vorgelegt.
Behörden hätten Leichnam eigenmächtig beerdigt
Zehn Tage lang galt Schahkarami von den Angehörigen als vermisst, bis ihnen der Leichnam übergeben worden war – in einem Leichenschauhaus im Untersuchungsgefängnis von Teheran. Laut Berichten wurde den Angehörigen nur der Kopf des Leichnams gezeigt, nicht aber der ganze Körper. Den Berichten weiter zufolge hatte Schahkarami eine gebrochene Nase und einen gebrochenen Schädel. Die Verletzungen hätten auf Gewalt hingedeutet. Gegenüber der BBC erklärte ihre Tante, Atash Schahkarami, Nika sei zuletzt gehört worden, als sie ihren Freunden erzählte, sie werde von Sicherheitskräften in Teheran verfolgt.
Am Sonntag, dem 2. Oktober, teilte Nikas Tante auf Twitter mit, dass die Leiche ihrer Nichte in die Heimatstadt ihres Vaters, nach Khorramabad im Süden des Landes, überführt worden sei. Unter Zwang hätte der Rest der Familie zugestimmt, keine öffentliche Beerdigung für den Teenager zu organisieren. Doch die Behörden trauten der Sache offenbar nicht.
Der Sender BBC Persian und das Nachrichtenportal «Iran Wire» berichteten, die Behörden hätten sich des Leichnams der jungen Frau bemächtigt und ihn am Montag – 40 Kilometer von Khorramabad entfernt – heimlich beerdigt, um ein Begräbnis zu verhindern, das weitere Proteste anfachen könnte.
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Die Proteste im Iran waren durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini ausgelöst worden. Die junge Kurdin wurde am 13. September in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen – offenbar mit der Begründung, sie habe das islamische Kopftuch nicht den Regeln entsprechend getragen. Amini brach nach ihrer Festnahme unter ungeklärten Umständen auf der Polizeiwache zusammen und wurde drei Tage später im Spital für tot erklärt.
Bei den Protesten wurden nach Angaben der in Oslo ansässigen Organisation Iran Human Rights (IHR) bisher mindestens 92 Menschen getötet. Mehr als tausend Menschen wurden festgenommen. Den iranischen Behörden zufolge wurden allein in der Hauptstadt Teheran mehr als 1000 Menschen festgenommen und 620 davon wieder freigelassen.
«Tod dem Diktator»: Schülerinnen entfernen Kopftücher
Im Zusammenhang mit den Protesten nach dem Tod Mahsa Aminis tauchen nach und nach weitere Bilder von demonstrierenden Schülerinnen auf, die ihre Kopftücher entfernen, Parolen gegen die Regierung rufen und Bilder der Führer des theokratisch regierten Staates verunstalten.
In einem am Montag aufgenommenen Video aus der westlich von Teheran gelegenen Millionenstadt Karadsch ist zu sehen, wie eine Gruppe von Mädchen mit offen getragenem Haar einen Mann vom Gelände einer Schule vertreibt und dabei «Tod dem Diktator» ruft. Der Ruf bezieht sich auf das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, bei dem Mann soll es sich um den Schuldirektor handeln.
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Ein vom Kanal 1500tasvir in diversen Onlinenetzwerken verbreitetes Video zeigt eine Gruppe von Mädchen in der südiranischen Stadt Schiras, die in Richtung eines auf einem Podium stehenden Mannes «Verpisst euch, Basidschi» rufen – und damit die berüchtigte Volksmiliz meinen, die im Iran als Tugendwächter auftritt. AFP konnte diese Bilder bisher allerdings nicht unabhängig prüfen.
AFP
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