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Stadt verlangt Eintritt
Fünf Euro für Venedig – Chaos und Demos zu Beginn

epa11299853 A steward checks tickets as peple enter the city of Venice, northeastern Italy, 25 April 2024, on the first day of testing of a five-euro entrance ticket for visitors to the UNESCO World Heritage site. Over 80 thousand people registered their presence in the city for the day. However, only seven thousand, one in ten, according to data updated as of 24 April afternoon, have paid the five euro voucher to access the historic center. All other accesses are for people exempt from the tax (Venetian citizens, workers, students and other categories), required to register on the online platform but not to pay.  EPA/ANDREA MEROLA
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Als weltweit erste Stadt verlangt Venedig von Tagesbesuchern Eintritt – und hat damit zum Auftakt für einigermassen Chaos gesorgt. Rund um den Bahnhof irrten Touristen nach der Ankunft vom Festland mit Rucksack und Rollkoffer umher, ohne zu wissen, ob sie die fünf Euro nun zahlen müssen oder nicht.

Die Regelung gilt zunächst an 29 Tagen bis Mitte Juli. Aktuell muss niemand befürchten, dass er draussen bleiben muss, weil bereits zu viele Leute in der Stadt sind: Eine Obergrenze gibt es nicht. Erst später soll entschieden werden, wie es nächstes Jahr weitergeht.

Mit etwa 15 Millionen Gästen pro Jahr gehört die italienische Lagunenstadt zu den meistbesuchten Reisezielen der Welt. Der Massentourismus bringt den Venezianern viel Geld in die Kassen, macht ihnen inzwischen aber auch schwer zu schaffen. Vergangenes Jahr war Venedig kurz davor, von den Vereinten Nationen auf eine Rote Liste des gefährdeten Weltkulturerbes gesetzt zu werden. Auch mithilfe der jetzt eingeführten Gebühr konnte dies gerade noch verhindert werden. Andere viel besuchte Städte wie Amsterdam, Barcelona oder Dubrovnik verfolgen jetzt genau, welche Erfahrungen Venedig macht.

Viele Nachfragen an Infoständen von Touristen

Zum Start hatten die städtischen Behörden Infostände aufgestellt, an denen die Ankömmlinge vom Festland empfangen wurden. Immer wieder gab es dort Nachfragen, wer jetzt bezahlen muss und wie das geschieht.

Grundsätzlich gilt, dass für alle Tagesgäste in der Zeit zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr fünf Euro fällig werden. Dazu soll man sich übers Internet einen QR-Code besorgen und aufs Handy laden. Andernfalls können bis zu 300 Euro Strafe fällig werden. Bürgermeister Luigi Brugnaro versprach zum Auftakt jedoch «sehr sanfte Kontrollen». In den ersten Stunden ging es jedenfalls ohne Geldbusse ab.

Einheimische demonstrieren gegen Eintritt

Am Bahnhof Santa Lucia demonstrierten rund 300 Menschen mit Plakaten wie «Venedig steht nicht zum Verkauf» oder «Nein zum Ticket». Marina Dodino vom Anwohnerverband Arci kritisierte die Abgabe: «Das ist hier kein Museum und kein Umweltschutzgebiet, dafür sollte man nicht zahlen müssen – es ist eine Stadt!»

epa11299950 Members of social centers take part in a demonstration in Piazzale Roma against the introduction of an entrance fee to the city for day-trippers, in Venice, northeastern Italy, 25 April 2024. Venice's city council launched a pilot program on 25 April, which will run until mid-July 2024, charging day-trippers five euros to enter the city in an attempt to preserve the Unesco World Heritage site from the impact of overtourism. Banner in picture reads 'No to ticket! Yes to homes and services for all'.  EPA/ANDREA MEROLA

Nach Angaben der Verwaltung meldeten allein für Donnerstag mehr als 100’000 Menschen ihren Aufenthalt an. Davon zahlten bis Mittwochabend allerdings nur etwa 8000 tatsächlich Eintritt.

Bei allen anderen handele es sich um Einheimische, Übernachtungsgäste oder andere Besucher, für die es Ausnahmeregelungen gibt, hiess es. Dazu gehören beispielsweise Pendler, Studenten und Kinder unter 14 Jahren. Übernachtungsgäste brauchen ebenfalls einen QR-Code, bekommen den aber vom Hotel oder dem Vermieter umsonst. Genauere Zahlen, wie viele Menschen sich am Donnerstag einbuchten – oder hofften, um den Eintritt herumzukommen – gab es zunächst nicht.

Zehntausende Gästebetten

Der Strom an Besuchern aus aller Welt bereitet der Stadt an der Adria seit vielen Jahren grosse Probleme. Heute leben im Zentrum mit seinen Hunderten Kanälen keine 50’000 festen Einwohner mehr. Dafür gibt es mehr als 50’000 Gästebetten. An vielen Tagen ist in den engen Gassen rund um Markusplatz und Rialtobrücke kaum noch ein Durchkommen.

Manchen Gebäuden ist anzusehen, wie ihnen der Tourismus zu schaffen macht. Sogar der Markusturm bröckelt. Die Einnahmen sollen deshalb später einmal auch dafür genutzt werden, um Kanäle, Strassen und Gebäude zu sanieren.

Der Tourismus-Beauftragte der Stadt, Simone Venturini, bekräftigte am Donnerstag, mit dem «Venedig-Ticket» wolle man ein Gleichgewicht zwischen den Interessen von Einwohnern und Touristen schaffen. Ziel sei, in Zeiten mit erfahrungsgemäss besonders vielen Gästen Tagesbesucher abzuschrecken.

A gondola sails under the Rialto Bridge on April 24, 2024 in Venice, on the eve of the start of the official trial of the city's booking system for day-trippers. Venice will begin on April 25, 2024 charging day trippers for entry, a world first aimed at easing pressure on the Italian city drowning under the weight of mass tourism. (Photo by MARCO BERTORELLO / AFP)

In Strassenumfragen erklärten Venedig-Besucher die vergangenen Monate aber praktisch ohne Ausnahme, sich von fünf Euro Eintritt nicht abhalten zu lassen. Ebenso regelmässig beklagten sich fast alle Venedig-Touristen darüber, dass es in der Stadt zu viele Touristen gibt. Im Gespräch ist auch, die Gebühr nächstes Jahr zu erhöhen und auf weitere Tage auszuweiten.

Die Regelung trat am Donnerstag in Kraft, weil am 25. April in Italien mit einem Feiertag an das Ende der deutschen Besatzung 1945 erinnert wird. Wegen des Feiertags am 1. Mai nutzen viele Italiener die kommenden Tage für ein extrem langes Wochenende.

Zudem wird am Sonntag in Venedig hoher Besuch erwartet: Papst Franziskus kommt für ein paar Stunden in die Stadt, um die derzeit laufende Kunst-Biennale zu besuchen. Für das Oberhaupt der katholischen Kirche gilt selbstverständlich eine Ausnahme: Franziskus muss nichts bezahlen.

DPA/aeg