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Nach 26 Tagen Ausbildung
VBZ lassen Studierende ans Steuer

Trampilot im Nebenjob: Das VBZ-Stelleninserat stösst bei Studierenden auf grosses Interesse.
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Im Stelleninserat greifen die VBZ zum Superlativ: Es handle sich um den «aufregendsten Studijob in der Schweiz», heisst es in dem am Mittwoch auf der VBZ-Website aufgeschalteten Inserat. «Erstmals können Studentinnen und Studenten das Steuer im Tram übernehmen.»

Das Angebot der städtischen Verkehrsbetriebe sieht so aus: Die Studierenden besuchen vom 2. August bis zum 6. September eine Ausbildung zur Trampilotin oder zum Trampiloten – und erhalten dafür als Gegenleistung 6240 Franken. Der Clou: Statt der üblichen 43 Tage dauert die Ausbildung nur 26 Tage. Im September seien sie dann pünktlich zum Semesterstart «fix und fertig» ausgebildet.

30 bis 35 Franken pro Stunde

Danach könnten sie auf Wunsch 10 bis 20 Prozent neben dem Studium arbeiten – für 30 bis 35 Franken pro Stunde. Die Trams, welche die Studentinnen und Studenten fahren werden, verkehren auf der Linie 12 zwischen Stettbach und dem Flughafen Zürich sowie auf der Linie 10 vom Bahnhofplatz zum Flughafen.

«Mit diesem Pilotversuch versuchen wir, eine neue Zielgruppe zu identifizieren und frühzeitig mit ihr in Kontakt zu treten», bestätigt Florian Schrodt, Leiter Rekrutierung bei den VBZ, einen Bericht von «20 Minuten».

70 Bewerbungen in einem Tag

Das Echo auf das Job-Inserat sei überwältigend gewesen. Innerhalb eines Tages seien weit über 70 Bewerbungen eingetroffen, mittlerweile habe man das Bewerbungsverfahren bereits wieder gestoppt. Zum Start des neuen Angebots stellen die Verkehrsbetriebe nämlich nur vier Personen ein. Zukünftig könnten es aber noch mehr werden.

Der Job sei gut mit einem Studium vereinbar, sagt Schrodt. Zudem erhoffen sich die VBZ auch, dass durch den Pilotversuch langjährige Mitarbeitende im Fahrdienst entlastet werden. Denn die Studis könnten sich auch vermehrt am Abend, an Wochenenden und in den Semesterferien ans Steuer setzen.

«Bei der Sicherheit machen wir keine Abstriche», versichern die VBZ.

Bedenken, die VBZ könnten mit der verkürzten Ausbildung die Sicherheit der Passagierinnen und Passagiere aufs Spiel setzen, hält Schrodt für unbegründet.

«Bei der Sicherheit machen wir keine Abstriche», versichert der VBZ-Mann. Die Studierenden lernten nur einen Tramtyp zu fahren, nämlich Cobra-Trams, und sie würden nur auf den Linien 10 und 12 eingesetzt. So könne die Ausbildung problemlos verdichtet werden, sagt Schrodt.

Vor der Einstellung müssen sie zudem denselben anspruchsvollen Bewerbungsprozess durchlaufen wie alle anderen angehenden Trampiloten – inklusive Untersuchung bei einer VBZ-Vertrauensärztin oder einem VBZ-Vertrauensarzt.

«Vor den Kopf gestossen»

Bei den Gewerkschaften läuten die Alarmglocken. «Die Rekrutierungsaktion wirft im Fahrpersonal hohe Wellen», sagt Duri Beer vom VPOD. Viele Trampiloten fühlten sich «vor den Kopf gestossen», zumal sie von dem Pilotprojekt aus den Medien erfahren hätten.

Wenn zudem im Stelleninserat die Rede davon sei, dass die neuen Trampiloten arbeiten könnten, wann immer sie wollten, komme das bei vielen Tramchauffeuren schlecht an. Sie könnten von solch flexiblen Arbeitszeiten nur träumen und müssten «um jeden freien Tag betteln».

Viele Tramchauffeure befürchten zudem, dass mit dem Angebot ihre berufliche Tätigkeit infrage gestellt und entwertet wird, wenn die Ausbildung aufgeweicht und reduziert wird und mehr kostengünstige Studierende eingesetzt werden.

Mit Berufseinsteigern Kosten sparen?

Bedenken gibt es laut Beer auch wegen möglicher Auswirkungen auf die betriebliche Sicherheit, wenn Personen am Steuer sitzen, die nicht vollständig ausgebildet sind, sondern «nur eine Schnellbleiche durchlaufen haben». «Was passiert, wenn die Studierenden bei einer Störung auf eine Linie ausweichen müssen, die sie noch nie gefahren sind?»

Schliesslich fragten sich viele VBZ-Mitarbeitende, ob dieser Pilotversuch auf weitere Berufsgruppen ausgebaut werden soll. Und ob es die Strategie sei, Berufseinsteiger und Billigarbeitskräfte zu beschäftigen, um Lohnkosten zu reduzieren.

VBZ: «Wir wollen das Fahrpersonal entlasten»

Laut Florian Schrodt sind solche Befürchtungen unbegründet. Den VBZ gehe es keineswegs um eine Abwertung des Trampiloten-Berufs und auch nicht darum, Billiglohnkräfte einzustellen, um Kosten zu senken. «Wir wollen das stark belastete Fahrpersonal durch flexible Teilzeiteinsätze von Studierenden entlasten», sagt Schrodt. Es gehe darum, «etwas Gutes zu tun fürs Fahrpersonal». 

«Studentenlinie»: Auf der Tramlinie 12 sollen künftig auch Studierende am Steuer sitzen.

Trotz solcher beruhigender Worte: Gewerkschafter Beer will den Fall nicht auf sich beruhen lassen – und nimmt auch den für die VBZ verantwortlichen Stadtrat Michael Baumer (FDP) ins Visier. Beer kritisiert, dass die Gewerkschaften in diesem Fall trotz Vernehmlassungspflicht nicht angehört worden seien. Ein solches Vorgehen könne der VPOD nicht akzeptieren, er werde deshalb in Absprache mit den Personalverbänden Transfair und Syna die Verletzung der Mitwirkungspflicht beim Stadtrat monieren. Bis zur Klärung der offenen Fragen werde der VPOD die laufenden sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen sistieren.