Vatikan zieht Papst-Aussage über Homosexuelle zurück
Nach Kritik löscht der Vatikan ein Zitat von Franziskus. In der Erklärung der Sprecherin wird der Affront aber prompt wiederholt.

Papst Franziskus unter Druck: Mit einem Plädoyer für die psychiatrische Behandlung homosexueller Kinder hat der Papst für Kritik gesorgt. Der Vatikan hat die Worte nun «zurückgezogen». In der offiziellen Niederschrift über die Papst-Pressekonferenz an Bord des Flugzeugs fehlte am Montag der päpstliche Verweis auf die Psychiatrie komplett.
Der Papst hatte am Sonntag auf seinem Rückflug von Irland nach Rom gesagt, wenn sich Homosexualität schon in der Kindheit zeige, gebe «es viel, das mit Psychiatrie gemacht werden kann, um zu sehen, wie die Dinge liegen».
Die offizielle Niederschrift enthielt diesen päpstlichen Verweis auf die Psychiatrie jedoch nicht. Das Zitat sei geändert worden, «um den Gedankengang des Papstes nicht zu verfälschen», sagte eine Vatikan-Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP.
«Schauen, wie sich die Dinge psychologisch darstellen»
Bei Franziskus' Verweis auf die Psychiatrie sei es um «ein Beispiel» für die vielen Dinge gegangen, mit denen Eltern auf die mutmassliche Homosexualität ihres Kindes reagieren könnten. Franziskus hatte den betreffenden Eltern geraten, «zu beten, nicht zu verurteilen, Gespräche zu führen, zu verstehen, dem Sohn oder der Tochter einen Platz zu geben».
Mit seiner Äusserung über die Einbeziehung der Psychiatrie habe Franziskus nicht sagen wollen, dass es sich bei Homosexualität um eine Krankheit handle, «sondern dass man vielleicht schauen muss, wie sich die Dinge auf psychologischer Ebene darstellen», führte die Sprecherin aus.
Empörung bei Homosexuellen
Mit seinen Äusserungen löste Franziskus Empörung aus. Bevor der Vatikan sie nachträglich abänderte, verurteilte der deutsche Lesben- und Schwulenverband (LSVD) sie als «zutiefst besorgniserregend und falsch». «Äusserungen wie diese schüren Homosexuellenfeindlichkeit», sagte Henny Engels vom LSVD-Bundesvorstand AFP am Montag. «Homosexualität ist keine Krankheit und bedarf folglich auch keiner Therapie.»
Die «homosexuellenfeindliche Botschaft» des Papstes sei eine «herbe Enttäuschung», sagte Engels. 2013 habe der argentinische Papst noch dafür geworben, Lesben und Schwule nicht zu diskriminieren. Homosexuelle hätten wegen seines Satzes «wer bin ich, ihn zu verurteilen» gehofft, auch in der katholischen Kirche Akzeptanz zu finden. «Diese Hoffnungen scheinen nun zunichte gemacht», kritisierte Engels.
Schon früher Zitate geändert
Es ist nicht das erste Mal, dass der Vatikan in der offiziellen Verschriftlichung nachträglich Änderungen an Äusserungen des Papstes vornimmt. Wie die auf den Vatikan spezialisierte Nachrichtenagentur I.Media berichtete, hatte die Vatikan-Pressestelle 2013 schon einmal einen ganzen Satz von Papst Franziskus in einer offiziellen Niederschrift gestrichen.
Damals ging es um die Äusserung, dass der 1980 getötete Erzbischof von San Salvador, Oscar Romero, es zweifellos verdiene, selig gesprochen zu werden.
«Bis zum bitteren Ende gedeckt»
Ebenfalls auf seinem Rückflug aus Irland war Franziskus von Journalisten auf die Vorwürfe des früheren Vatikan-Botschafters in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano, angesprochen worden. Dieser warf dem Papst in einem offenen Brief vor, die Missbrauchsvorwürfe gegen den damaligen US-Kardinal Theodore McCarrick fünf Jahre lang ignoriert und Strafmassnahmen gegen den Geistlichen aufgehoben zu haben. Im Juli nahm Franziskus ein Rücktrittsgesuch des wegen der Missbrauchsvorwürfe suspendierten Geistlichen an.
Obwohl es gegen McCarrick Vorwürfe wegen «stark unmoralischen Verhaltens gegenüber Seminaristen und Priestern» gegeben habe, habe Franziskus den Geistlichen «bis zum bitteren Ende gedeckt», erklärte Vigano, der bereits im Ruhestand ist. Als Konsequenz forderte er die Abdankung des Papstes.
«Ich werde dazu kein Wort sagen», sagte der Papst dazu vor den Journalisten im Flugzeug. «Lesen Sie den Brief aufmerksam und fällen Sie Ihr eigenes Urteil», fügte er hinzu. «Wenn etwas Zeit vergangen ist und Sie Ihre Schlüsse gezogen haben, werde ich mich vielleicht äussern.»
In den USA wie auch in Irland und Chile schlagen derzeit zahlreiche Fälle von Kindesmissbrauch hohe Wellen, die hunderte katholische Geistliche in den vergangenen Jahrzehnten begangen haben. Während seines Besuchs in Dublin hatte Franziskus am Sonntag bei einer Messe um Vergebung für den sexuellen Missbrauch an Kindern in Irland durch katholische Geistliche gebetet.
sda/afp/anf
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