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Vorwurf der Spionage
Russland verhaftet US-Journalist – ihm drohen 20 Jahre Haft

Angeblich von Männern in Zivil abgeführt: Evan Gershkovich, Moskau-Korrespondent des amerikanischen «Wall Street Journal». 
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Der russische Geheimdienst FSB wirft dem US-amerikanischen Journalisten Evan Gershkovich Spionage vor. Der Moskau-Korrespondent des «Wall Street Journal» wurde am Mittwoch in Jekaterinburg festgenommen und befindet sich in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft. Es ist das wohl schwerwiegendste Vorgehen gegen einen westlichen Journalisten seit Beginn des Kriegs.

Gershkovich habe auf «Anweisung der amerikanischen Seite» Informationen gesammelt, «die ein Staatsgeheimnis über die Aktivitäten eines der Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes Russlands darstellen», zitieren mehrere russische Nachrichtenagenturen den FSB. Belege für diese Behauptung wurden nicht veröffentlicht.

Das «Wall Street Journal» bestritt in einer Stellungnahme «vehement die Anschuldigungen des FSB» und forderte «die sofortige Freilassung unseres zuverlässigen und engagierten Reporters Evan Gershkovich. Wir stehen hinter Evan und seiner Familie.» Zuvor hatte die Redaktion erklärt, man sei «zutiefst besorgt um die Sicherheit von Herrn Gershkovich».

Schon seit Jahren in Moskau

Der 32-jährige Journalist und US-Bürger ist beim russischen Aussenministerium als ausländischer Korrespondent akkreditiert. Er lebt seit mehreren Jahren in Moskau und hat bereits für die Nachrichtenagentur AFP, für die «New York Times» und die «Moscow Times» gearbeitet.

Bevor der FSB seine Festnahme bestätigte, hatten russische Medien über sein Verschwinden in Jekaterinburg berichtete, einer Grossstadt östlich des Uralgebirges. Die lokale Zeitung «Wetschernije Wedomosti» zitierte einen Leser, der beobachtet hatte, wie ein Mann in der Nähe eines Grill-Restaurants von Männern in Zivil abgeführt wurde. Sie hätten dem Festgenommenen den Pullover über den Kopf gezogen, wohl damit Passanten sein Gesicht nicht erkennen konnten. Dann sei er zu einem Kleinbus gebracht worden.

«Das Einzige, was ich sagen kann, soweit wir wissen, wurde er auf frischer Tat ertappt.»

Dmitri Peskow, Sprecher von Präsident Putin

Der Aktivist Jaroslaw Schirschikow schrieb auf Telegram, er habe Gershkovich bereits vor wenigen Wochen in Jekaterinburg getroffen und ihn durch die Stadt begleitet. Gershkovich habe sich hauptsächlich für die Söldnergruppe Wagner interessiert. Der Journalist sei nach Moskau zurückgereist, dann aber erneut nach Jekaterinburg gekommen. Schirschikow schreibt, Gershkovich habe ihn um ein weiteres Treffen gebeten – zu dem es dann aber nicht mehr kam.

In Moskau äusserte sich bereits am Donnerstag Wladimir Putins Sprecher zu dem Fall. Er habe der Erklärung des FSB nichts hinzuzufügen, sagte Dmitri Peskow. «Das Einzige, was ich sagen kann, soweit wir wissen, wurde er auf frischer Tat ertappt.» Was Gershkovich in Jekaterinburg gemacht habe, «hat nichts mit Journalismus zu tun», schrieb die Sprecherin des Aussenministeriums, Maria Sacharowa, auf Telegram. Es sei nicht der «erste bekannte Westler», der ertappt wurde.

«Evan Gershkovich ist ein guter und mutiger Journalist, kein Spion.»

Andrei Soldatow, russischer Geheimdienstexperte

Russische Oppositionelle und unabhängige Journalisten reagierten schockiert auf die Festnahme. «Evan Gershkovich ist ein guter und mutiger Journalist, kein Spion», schrieb der russische Geheimdienstexperte Andrei Soldatow auf Twitter, er lebt im Exil. Soldatow nennt die Festnahme einen «Frontalangriff auf alle ausländischen Korrespondenten, die noch in Russland arbeiten. Das heisst, dass der FSB von der Leine gelassen ist.» Mitarbeiter aus dem Team von Alexei Nawalny schrieben, dass Gershkovich als Geisel genommen wurde, womöglich für einen späteren Gefangenenaustausch.

Nach Informationen der Tageszeitung «Kommersant» soll Gershkovich nach Moskau in das Untersuchungsgefängnis Lefortowo gebracht werden.