Rafael Nadal triumphiert«Unter solchen Umständen werde ich nie mehr spielen»
Der Spanier erklärt nach seinem 14. Sieg am French Open, wie stark er seinen Fuss betäuben musste, um einsatzfähig zu sein. Seine Karriere liegt nun in den Händen der Ärzte.
Eine der hilfreicheren Eigenschaften beim Sport ist es, seine Gefühle zu verbergen, mit einem Pokerface wie Tiger Woods oder Roger Federer auch den wildesten Stürmen zu begegnen. Zumindest diese Qualität darf man Casper Ruud nicht absprechen, dem 23-jährigen Norweger, der in seinem ersten Grand-Slam-Final seiner Aufgabe gegen Rafael Nadal nie gewachsen war und wohl am liebsten geschrien, geflucht oder sein Racket weggeworfen hätte. Er übte sich in Sarkasmus und tröstete sich mit den anderen Finalverlierern vor ihm: «Ich bin einfach ein anderes der Opfer, die er auf diesem Court im Final zerstört hat», sagte er und gab zu, von der Situation etwas überrumpelt worden und hilflos gewesen zu sein.
Aber wer wollte es dem Newcomer auch verargen, in seinem bisher grössten Match überwältigt gewesen zu sein? Allein die Kulisse war beeindruckend. Da sassen Norwegens Kronprinz Haakon und Spaniens König Felipe VI., dort Showstars wie Hugh Grant oder Michael Douglas, natürlich gesellte sich auch jede Menge Tennisprominenz zu diesem Roland-Garros-Final, wie Billie Jean King, Gustavo Kuerten, Stan Smith, Stefan Edberg.
Die beeindruckendste Person im Stadion allerdings stand Ruud gegenüber: Nadal, der schon seinen 30. Grand-Slam-Final bestritt, bereits seinen 14. im Südwesten von Paris und der alle vorangegangenen 13 gewonnen hatte. Keiner weiss, wie die Partie ausgegangen wäre, hätte Ruud mehr Erfahrung gehabt auf diesem Niveau, etwas mehr an sich geglaubt und nicht reihenweise fertige Punkte vergeben, die oft auch nur dem Respekt vor Nadal geschuldet waren.
Nadals Sanduhr ist am Ablaufen
Denn Nadal war alles andere als bestechend, ihm fehlte die übliche innere Ruhe, er schien in einen Kampf gegen die Zeit verstrickt, im Bestreben, seinem schmerzenden Fuss möglichst wenig Arbeit aufzuerlegen. Ruud breakte Nadal schon bei zweiter Gelegenheit, er ging im zweiten Satz 3:1 in Führung – doch dann kam nichts mehr. 3:6, 3:6, 0:6 ging der Norweger unter, in 2:18 Stunden mit wenigen Höhepunkten.
Spannend wurde es erst nach dem Matchball. Denn tagsüber waren Gerüchte aufgetaucht, Nadal würde nach einem weiteren Sieg zurücktreten; zudem sei Roger Federer in Paris, da könnte sich ein spektakulärer Abschied anbahnen. Nachdem der 36-jährige Sandkönig den Coupe des Mousquetaires zum 14. Mal erhalten, ins Stadion gewunken und die spanische Nationalhymne über sich ergehen lassen hatte, fehlte es seiner Ansprache zwar nicht an Spannung. Erst ganz am Ende, während sein Vater mit gefalteten Händen auf der Tribüne stand, sagte er die entscheidenden Worte: «Ich weiss zwar nicht, was kommt, aber ich werde weiterkämpfen.»
«Den schlimmsten Moment des Turniers hatte ich nach der zweiten Runde. Ich konnte nicht mehr gehen.»
Nadal hatte in Paris seinen Arzt dabei, und der hatte auch einiges zu tun, wie er nach der Partie ausführlich erklärte. «Den schlimmsten Moment des Turniers hatte ich nach der zweiten Runde. Ich konnte nicht mehr gehen», sagte er. «Mein Fuss musste betäubt werden, damit ich spielen konnte. Einen speziellen Dank deshalb an meinen Doktor.» Nur so habe er an diesem Turnier überhaupt teilnehmen können.
Auf die Zukunft angesprochen, wurde er deutlich: «Es ist offensichtlich, dass ich unter solchen Umständen nicht mehr spielen werde oder spielen will.» Er habe während des ganzen Turniers entzündungshemmende Medikamente einnehmen und seinen Fuss vor jeder Partie mit einigen Injektionen betäuben müssen. Das bringe grosse Risiken mit sich, und solche wolle er nicht mehr eingehen.
«Es geht nicht um Rekorde, sondern darum, was ich mache: Ich liebe es, Tennis zu spielen. Und ich liebe den Wettkampf.»
Wie und ob es in seiner Karriere weitergeht, ist unklar. Noch hat er aber einen Start in Wimbledon nicht ausgeschlossen. Noch diese Woche lässt er die Möglichkeit prüfen, ob die Nerven, welche die Schmerzen auslösen, durch eine spezielle Behandlung permanent betäubt werden können, ohne wiederholte Injektionen. «Falls das funktioniert, mache ich weiter. Falls nicht, ist es eine andere Story.» Dann müsse er sich selber die Frage beantworten, ob er andere grössere Eingriffe zulassen wolle, die keine Garantie einer Heilung hätten und ihn längere Zeit von Turnieren fernhalten könnten.
Eines stellte Nadal aber unmissverständlich klar: «Es geht mir nicht darum, der Beste der Geschichte zu sein, es geht mir nicht um Rekorde. Es geht nur darum, was ich mache: Ich liebe es, Tennis zu spielen. Und ich liebe den Wettkampf.» Er, Novak Djokovic und Roger Federer hätten alle Dinge erreicht, die sie wahrscheinlich nie erwartet hätten. Was ihn antreibe, sei die Leidenschaft für seinen Sport. «Momente zu erleben, die mir ewig in Erinnerung bleiben werden, vor dem besten Publikum der Welt und in den besten Stadien zu spielen.»
Federer-Coach fordert Namensänderung
Kaum war der Final vorbei, meldete sich Federers Coach Ivan Ljubicic über Twitter voller Respekt und schlug vor, den Namen des Stadions von Philippe Chatrier, einem ehemaligen Tennisförderer und Weltverbandspräsidenten, auf Rafael Nadal umzubenennen. Das, allerdings, war an diesem Tag das kleinste Anliegen des neuen und alten Sandkönigs.
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