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«Und dann verpisst euch»

Darf man ja mal sagen: Ricky Gervais moderierte zum fünften Mal die Globes. Foto: Getty Images
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Wo der britische Komiker Ricky Gervais auftritt, macht er Scherze im zweistufigen Verfahren. In der ersten Phase kommt eine Variation über das Recht auf freie Meinungsäusserung, das die meisten Leute ja sowieso nur vertreten würden, bis sie etwas hörten, das ihnen nicht gefällt.

Damit ist die Grundlage für die zweite Stufe gelegt, in der Gervais sein Grinsen einschaltet und einen besonders bösen Witz bringt, ohne irgendeine Randgruppe zu schonen. So erwischt er sie alle: Wollt ihr etwa sagen, man könne nicht alles sagen?!

Auch seine Moderation der Verleihung der Golden Globes am Sonntag folgte diesem Muster. Immer wieder betonte der Schöpfer von «The Office», dass er die Filmpreisgala in Los Angeles nun zum fünften und letzten Mal moderiere und deswegen ja wohl sämtliche Freiheiten geniessen dürfe. Was darauf folgte, war ein «roast», in dessen Rahmen die ganze Schauspiel- und Regieelite von Hollywood ihr Fett abkriegte.

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«Falls ihr heute einen Preis gewinnt, nutzt diese Bühne nicht dazu, über Politik zu reden», sagte Gervais gegen Ende seines Eröffnungsmonologs. «Ihr seid nicht in der Lage, die Öffentlichkeit über irgendetwas zu belehren. Über die Welt da draussen wisst ihr nichts. Die meisten von euch haben weniger Zeit in der Schule verbracht als Greta Thunberg.»

Betretenes Gelächter und Betongesichter. Aber es ging noch weiter: «Wenn ihr also gewinnt, kommt auf die Bühne, nehmt euren kleinen Preis entgegen, dankt eurem Agenten und eurem Gott, und dann verpisst euch, in Ordnung?»

Zu diesem Zeitpunkt hatte Gervais' Stimme etwas Bebendes bekommen. War ja sein letztes Mal, also konnte er sich noch einmal richtig als Ankläger im Komikergewand gebärden. Als Humorapostel mag Gervais eine Nervensäge sein, seine besten Witze entlarven aber doch eine Unterhaltungsindustrie, die sich in den Widersprüchen scheinbar progressiven Handelns verstrickt. «Wir wollten einen Einspieler zum Gedenken an die Verstorbenen machen», sagte Gervais. «Aber dann sah ich die Liste der Leute, die letztes Jahr gestorben sind, sie war nicht vielfältig genug. Es waren fast alles Weisse.»

Fotos – Die 77. Golden Globes

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Schauspielerin Sandra Bullock war der Überraschungsgast des Abends. Sie präsentierte den letzten Award der Gala. (05. Januar 2020)
Renée Zellweger freut sich über ihren Golden Globe als Beste Schauspielerin im Drama «Judy». (05. Januar 2020)
Awkwafina ist die erste Asiatin, die als beste Schauspielerin einen Golden Globe erhält. (05. Januar 2020)

Unangenehm wurde der Monolog für Apple-Chef Tim Cook, der sich erst noch freute, dass Gervais die Serie «The Morning Show» auf dem neuen Streamingdienst TV+ erwähnte. Da wollten ein paar Leute schon applaudieren, aber Gervais schnitt sie ab: «Ja, ein ausgezeichnetes Drama, das vom Stellenwert der Würde handelt und gedreht wurde von einer Firma, die Sweatshops in China betreibt.»

Damit zielte der Komiker gegen Schauspieler und Regisseure, die sich neuerdings «woke» geben, aber alle für Riesenkonzerne wie Disney oder Apple arbeiten. Wenn der Islamische Staat einen Streamingservice lancieren würde, würden alle im Saal sofort ihre Agenten anrufen, spottete Gervais, der Mitte Januar mit seinem Stand-up-Programm «Supernature» nach Zürich kommt.

Witze über DiCaprios Liebesleben

Andere Gags richteten sich gegen die anwesenden Schauspielstars im Saal. «‹Once Upon a Time in Hollywood› dauerte fast drei Stunden. Leonardo DiCaprio besuchte die Premiere, und als der Film vorbei war, war sein Date zu alt für ihn.» Lustig fand «Irishman»-Regisseur Martin Scorsese diesen Witz über seine Körpergrösse: «Scorsese hatte gesagt, die Marvel-Filme würde ihn an Vergnügungsparks erinnern. Keine Ahnung, warum er in Vergnügungsparks rumhängt. Er ist ja nicht gross genug, um auf die Bahnen zu gehen.»

Viele Gewinner hielten sich nicht an Gervais' Mahnung, keine politischen Reden zu halten. Joaquin Phoenix, der als bester Schauspieler im Superhelden-Psychodrama «Joker» geehrt wurde, lobte den Veranstalter für das ausschliesslich vegane Menü, das am Anlass serviert wurde.

Russell Crowe gab aus Australien ein Statement durch, wo er geblieben war, um seine Familie während der Buschbrände nicht allein zu lassen. «Die Tragödie in Australien beruht auf dem Klimawandel», liess Crowe verlesen. Er wurde als bester Hauptdarsteller im Fernseh-Mehrteiler «The Loudest Voice» ausgezeichnet.

Nur zwei Preise für Netflix

In den TV-Kategorien (Film-Gewinner siehe Box) war Netflix mit 34 Nominierungen gestartet, gewann aber nur zwei. Laura Dern wurde als beste Nebendarstellerin im Drama «Marriage Story» geehrt, wo sie eine Scheidungsanwältin spielt, und beste Schauspielerin wurde Olivia Colman als Queen Elizabeth II in der Serie «The Crown».

Die grossartige Serie «Succession» über einen alternden Fernsehmogul und seine ambitionierten Nachkommen wurde als beste Dramaserie ausgezeichnet; Brian Cox wurde zudem bester Darsteller. Beste Komödienserie wurde «Fleabag», zur besten Miniserie wurde «Chernobyl» gekürt. Den Preis als beste Hauptdarstellerin einer Miniserie gewann Michelle Williams («Fosse/Verdon»), und Patricia Arquette wurde für «The Act» zur besten Nebendarstellerin ernannt.