Berührungen sind gut gegen StressSchluss mit drei Küsschen: Darum sollten Sie sich zur Begrüssung umarmen
Die positive Wirkung von Umarmungen auf den Körper und die Psyche ist erstaunlich. Wer niemanden zum Knuddeln hat, kann auf Alternativen ausweichen.

Erinnern Sie sich noch an den Ellbogengruss zu Pandemiezeiten? Oder an den Fussgruss, den Faustgruss, den asiatischen Gruss mit den aneinandergelegten Handflächen vor der Brust? Den Aus-zwei-Metern-Entfernung-winken-Gruss?
Was haben wir nicht alles ausprobiert, um unser Begrüssungsritual mit den drei Küsschen – rechte, linke, rechte Wange – zu ersetzen. Wir wollten uns schliesslich nicht unnötig einer potenziellen Ansteckungsgefahr aussetzen.
Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit.
Jedenfalls bei mir. Ich konnte mit den drei Küsschen nie wirklich etwas anfangen: oft zu intim, manchmal ein Eiertanz, teils an der Grenze zu unangenehm. Auch wegen jenen, die es immer auf die Mundwinkel abgesehen haben – oder auf die Ohrläppchen. Wegen der Links-Beginner. Wegen jenen, die die Backen nicht berühren und theatralisch in die Luft schmatzen. Wegen der Nasenkollisionen. Wegen Begegnungen, die nur wenige Minuten dauern, und der abschliessenden Frage: Soll man sich schon wieder drei Küsschen geben, wenn man sich doch gerade eben erst küssend begrüsst hat?
Umarmungen haben drei Küsschen schnell abgelöst
Aber was stattdessen? Keine der Alternativen wollte so recht funktionieren. Bis sich die Ersten zu umarmen begannen, so wie die Jungen. Zu Beginn Freundinnen und Freunde, dann Geschwister, Cousins und Tanten, später auch Arbeitskolleginnen und neue Bekanntschaften. Es ist erstaunlich, wie schnell sich Umarmungen als Begrüssungsform durchgesetzt haben, waren sie bei uns ja fast so selten wie im britischen Königshaus, bevor Huggerin Meghan Markle einkehrte, die alles umarmte, was in ihre Nähe kam.

Also mich verwundert es ja nicht, dass es die drei Küsschen nie mehr wirklich zurückgeschafft haben – vermutlich sind andere ähnlich abgeneigt wie ich. Es könnte aber auch daran liegen, dass uns Umarmungen nachweislich guttun. Das liegt an einer Reihe von Botenstoffen, die beim Umarmen ausgeschüttet werden: Oxytocin, Endorphine und Serotonin sorgen für emotionale Nähe, können Stresshormone abbauen, die Stimmung heben, die Atmung und den Puls verlangsamen, Schmerzen, Depressionen und Angst lindern. Umarmungen können auch das Immunsystem stärken und das Infektionsrisiko sowie die Schwere bei Erkältungserkrankungen reduzieren.
Natürlich kommt es auf die Länge an: Nur kurz antippen reicht nicht. Je länger man sich drückt, desto stärker die Wirkung. Ideal wären 20 Sekunden, aber auch schon wenige Sekunden bringen etwas, am besten mit Hautkontakt und so oft wie möglich.
Selbstumarmungen sind auch hilfreich
Wer niemanden zum Knuddeln hat, kann aber auch profitieren: Ein Forschungsteam aus Deutschland und den Niederlanden hat über 130 internationale Studien mit rund 10’000 Teilnehmenden ausgewertet und kam unter anderem zum Schluss, dass auch Gewichtsdecken, Umarmungskissen und soziale Roboter eine positive Wirkung auf den Körper und die Psyche haben können.
Und: Man kann sich auch selber umarmen, kein Witz! Das hilft nachweislich ebenfalls, um das Nervensystem zu beruhigen. Und das geht so:
Arme überkreuzen und die Hände auf den gegenüberliegenden Oberarm oder auf die Schulter legen.
Die Augen schliessen. Sich wahlweise vorstellen, dass man umarmt wird.
Sanften Druck ausüben.
Tief ein- und ausatmen und so lange wie nötig halten.
Wie haben Sie es mit dem Begrüssen? Sind Sie froh, sind Sie die drei Küsschen los? Oder sind Ihnen Umarmungen zu aufdringlich? Diskutieren Sie mit.
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