Migrolino wird zu AvecUetikon verliert nun endgültig seinen SBB-Ticketschalter
Ein Mieterwechsel im Bahnhofsgebäude bedeutet das Ende des SBB-Ticketverkaufs in Uetikon. Auch andernorts sollen dessen Tage gezählt sein – doch bereits regt sich politischer Widerstand.
Seit Jahren bauen die SBB ihre Präsenz an Bahnhöfen ab. Auch an vielen S-Bahn-Haltestellen rund um den Zürichsee müssen App und Automat für den Billettverkauf genügen. In Uetikon hat man sich lange gegen diese Entwicklung gewehrt. Der bediente SBB-Schalter wurde zwar bereits 2007 aufgehoben, seither verkaufte aber der Migrolino Bahntickets.
Als die SBB per Ende 2017 den Vertrag mit dem Uetiker Migrolino-Shop – wie auch mit schweizweit 52 anderen Drittverkaufsstellen – kündigen wollten, haben über 250 Uetikerinnen und Uetiker eine Petition zum Verbleib der Dienstleistung unterschrieben. Auch Gemeindepräsident Urs Mettler (parteilos) hat sich an die SBB gewendet. Schliesslich intervenierte sogar die Politik auf nationaler Ebene, und die Bahn verlängerte Ende 2017 die Verträge mit den Drittanbietern um drei Jahre.
Früher als erwartet
Doch nun kommt das Aus des Uetiker Ticketschalters doch – und dies sogar einige Monate vor Ablauf des verlängerten Vertrages mit allen Drittanbietern. Per Ende Mai schliesst nämlich der Migrolino am Bahnhof Uetikon. Die Valora AG übernimmt den Standort. Der Konzern, zu dem auch Brezelkönig, Caffè Spettacolo und k Kiosk gehören, hat im Frühling 2019 die Ausschreibung für die Bewirtschaftung der schweizweit 262 Kiosk- und Convenience-Flächen der SBB gewonnen und baut diese nach und nach zu Avec-Shops um. Davon betroffen sind auch einige weitere Kioske am Zürichsee.
Wie die SBB in einer Information an die Gemeinde Uetikon schreiben, erlischt mit der Übernahme durch Valora automatisch das Vertragsverhältnis der Migrolino AG mit den SBB für diesen Standort. Per 1. Juni werden deshalb in Uetikon keine Billette mehr persönlich verkauft. Ein Billettautomat sowie eine Gratis-Helpline werden weiterhin zur Verfügung stehen. Letztere sei rund um die Uhr erreichbar und biete sowohl beim Billettkauf als auch bei technischen Störungen Unterstützung.
Weniger Nachfrage
Doch wieso übernimmt Valora als neuer Shopbetreiber nicht auch den Billettverkauf? SBB-Sprecherin Sabine Baumgartner betont auf Anfrage, dass sich das Kundenbedürfnis in den letzten Jahren stark verändert habe. Heute würden über 90 Prozent aller Billette über die selbst bedienten Kanäle bezogen. Der Anteil der Drittverkaufsstellen, wie zum Beispiel Migrolino, am Gesamtabsatz der SBB sei unter 0,4 Prozent gesunken. 2017 lag dieser noch bei 1 Prozent. Aufgrund dieses Nachfragerückgangs würden die SBB ab 2021 generell keinen Billettverkauf an Drittverkaufsstellen mehr anbieten (mehr dazu im Kasten). Damit erfülle die Bahn die Vorgaben gemäss politischem Auftrag, hält Baumgartner fest.
Betreffend Uetikon sagt die SBB-Sprecherin: «Ein Weiterbetrieb des Billettverkaufs bis Ende Jahr durch die Valora wäre aufgrund der Installation von Infrastruktur und der Schulung von Personal aus wirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll.»
Eröffnungsdatum unklar
Urs Mettler bedauert den Entscheid. «Die SBB reihen sich damit in die Bundesbetriebe ein, die einen stetigen Abbau des Service public betreiben», sagt der Gemeindepräsident. Erneut bei den SBB intervenieren werde er aber nicht. «Dies wäre wohl chancenlos.» Mit den neuen Verträgen nähmen die SBB offenbar bewusst in Kauf, dass der persönliche Billettverkauf ausstirbt. Dies ist laut Mettler für ältere Generationen insbesondere deshalb ein Problem, weil die Automaten nicht gerade bedienungsfreundlich seien.
Neben dem Wegfall des Billettverkaufs müssen die Uetiker für einige Monate auch ohne Convenience-Shop am Bahnhof auskommen. Valora wird die Verkaufsfläche des heutigen Migrolino ab dem 1. Juli übernehmen. Über den Sommer soll das Lokal komplett umgebaut werden. Wann die Wiedereröffnung stattfindet, sei zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht klar, heisst es bei Valora auf Anfrage.
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