Curlerinnen verpassen den Final«Ich fühle mich total leer und bin extrem traurig»
Die Schweizerinnen verlieren den Halbfinal gegen Japan 6:8 und spielen am Samstag um Bronze. Innert 21 Stunden müssen sie die bittere Enttäuschung abstreifen.
Manchmal kommt es knüppeldick. Zuerst die bittere Niederlage gegen Japan, dann der Spiessrutenlauf durch die Mixed Zone. Anstatt für sich allein die Gedanken ordnen zu können, musste Silvana Tirinzoni immer wieder versuchen, all das in Worte zu fassen, was sich gerade ereignet hatte. Das, was niemand erwartet hatte.
Und natürlich die damit verbundenen Emotionen. Das Platzen des Goldtraums für die 42-Jährige und ihre Teamkolleginnen, die Gefühle jetzt, in den Minuten danach. Es fiel dem Team-Routinier mit der Erfahrung ungezählter Curlingschlachten schwer. Sie musste sich anstrengen, um die Fassung zu bewahren: «Ich fühle mich total leer und bin extrem traurig. Ich weiss gar nicht, was ich sagen soll.»
Das Viererhaus im fünften End als Knackpunkt
Die Schweizerinnen hatten die erste Turnierphase fast nach Belieben dominiert, aufgrund der gezeigten Leistungen gingen sie als klare Favoritinnen in die K.o.-Phase. Dass es aber gegen die Japanerinnen schwer werden würde, hatte sich schon am Vortag im Round-Robin-Duell angedeutet.
Und diesmal zeigten die Dritten von Pyeongchang, dass sie die Niederlage gut verarbeitet hatten. 2:1 führten die Schweizerinnen nach vier Ends, doch dann gelang den Japanerinnen ein Viererhaus. Es war der Moment, der die ausgeglichene Partie aus dem Gleichgewicht brachte. «Das war ganz klar der Knackpunkt», erklärte Tirinzoni, «das ganze Team hat in diesem Moment zu viele Fehlsteine produziert.»
Die Schweizerinnen hatten viele Chancen, dem Spiel ihren Stempel aufzudrücken. Für einmal fehlte ihnen aber die fast klinische Ruhe in den entscheidenden Situationen. Zum Beispiel im neunten End. 7:5 führte Japan, das am oberen Ende seiner Möglichkeiten spielte, die Schweiz war auf gutem Weg, das zweite Dreierhaus der Partie zu schreiben – die Vorteile wären anschliessend wieder auf ihrer Seite gewesen. Die Zürcherin fasste es so zusammen: «Es hat viel weniger gefehlt, als man meinen würde. Wenn ein Stein etwas weiter rollt, machen wir drei. Es sind solche Kleinigkeiten, die mich aufregen.»
«Ich kann noch nicht genau sagen, wie wir das schaffen werden, aber irgendwie wird es uns gelingen, heute zu schlafen, morgen wieder gut aufzustehen und dann top-motiviert aufs Eis zu kommen.»
Die Equipe des CC Aarau hatte sich zweifelsfrei mehr erhoffen dürfen. Sie ist seit Jahren das Mass aller Dinge im Frauencurling, gewann 2019 (mit einer anderen Alternate als heute) und 2021 die WM-Titel. In Calgary letztes Jahr war die Dominanz geradezu erdrückend. Das Quintett, zu dem mittlerweile auch Ersatzspielerin Carole Howald gehört, spielte 15:1 Siege ein. Und auch in Peking lag die Erfolgsquote vor der Gruppenphase bei 8:1. Vom perfekten Curling waren sie phasenweise zwar relativ weit entfernt. Aber die Formkurve hatte im Turnierverlauf stetig aufwärts gezeigt. «Wir sind mit jedem Spiel besser geworden», sagte Nationaltrainer Sebastian Stock nach Abschluss der Vorrunde.
Beim wichtigsten Spiel der gemeinsamen Zeit, gelang es nicht, das Potenzial abzurufen. Alina Pätz sagte es so: «Heute haben wir zu wenig gut gespielt.» Besonders bitter, weil das Team vier Jahre alles dem grossen Ziel untergeordnet hatte, auch und besonders während der Corona-Zeit.
Nun gilt es, den Reset-Knopf zu drücken. Und zwar innert 21 Stunden. Das Gute nach diesem missglückten Tag: Die erste Schweizer Frauencurling-Medaille seit 16 Jahren und dem Silber von Mirjam Ott und ihren Kolleginnen in Turin ist immer noch möglich. Es wäre insgesamt die achte Curling-Medaille an Olympischen Spielen für die Schweiz und zumindest ein Trostpflaster. Die Bedeutung der Partie ist Tirinzoni durchaus bewusst: «Es ist ein sehr, sehr grosser Match für uns, den wir unbedingt gewinnen wollen.»
Spiel um Bronze gegen die Schwedinnen
Eine logische Aussage, aber die Enttäuschung abzustreifen, wird nicht einfach. Tirinzoni weiss um die Schwierigkeit: «Wir haben aber keine andere Wahl. Ich kann noch nicht genau sagen, wie wir das schaffen werden, aber irgendwie wird es uns gelingen, heute zu schlafen, morgen wieder gut aufzustehen und dann top-motiviert aufs Eis zu kommen.» Pätz ist etwas zuversichtlicher: «Wir werden sicher zwei, drei Stunden brauchen, um die Enttäuschung zu verarbeiten, dann schauen wir wieder nach vorne.»
Gegnerinnen im kleinen Final sind die Schwedinnen. Mit ihnen haben die Schweizerinnen eine Rechnung offen. Das 5:6 war die einzige Niederlage in der Vorrunde. Sie hatte angesichts der vorherigen fünf Siege in den ersten fünf Spielen keine extreme Bedeutung. Diesmal ist die Ausgangslage anders.
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