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Trumps Justizminister lässt Konflikt mit Kongress eskalieren

Zieht die Wut der Demokraten auf sich: US-Justizminister William Barr. (1. Mai 2019) Bild: Andrew Harnik/AP/Keystone
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Missbraucht da einer sein Amt? Oder wird da jemand zum Sündenbock gestempelt? Mehr als ein Monat ist nun vergangen, seit Sonderermittler Robert Mueller seine Russland-Untersuchung abgeschlossen hat. Dass der Streit darüber immer noch tobt, ist vor allem einem Mann geschuldet: William Barr. Der US-Justizminister hatte die Aufsicht über die Ermittlungen, er hatte es in der Hand, wie die Öffentlichkeit darüber informiert wurde.

Am Mittwoch musste er dazu vor einem Ausschuss des Senats einen Tag lang Fragen beantworten – und hinterliess dabei einen zwiespältigen Eindruck. Barr habe «seinen Ruf in Flammen gesteckt», kommentierte die «Washington Post». Der vermeintlich unabhängige Jurist habe sich als ein weiterer «Speichellecker» Donald Trumps entpuppt.

Die Wut der Demokraten und vieler Medien gründet im vierseitigen Schreiben, mit dem Barr am 24. März die Ergebnisse der Untersuchung Muellers über die russischen Aktivitäten bei der Präsidentenwahl 2016 präsentierte. Die Kurzfassung fiel für Trump in dem Sinne wohlwollend aus, als dass sie nicht nur – richtigerweise – festhielt, dass der Sonderermittler keine kriminellen Absprachen des Trump-Teams mit Russland nachweisen konnte. Sie erweckte auch den Eindruck, dass die Untersuchung einer möglichen Justizbehinderung durch den Präsidenten nicht viel ergeben hatte. Die zahlreichen belastenden Aussagen dazu aus dem Bericht gab Barr in seinem Schreiben nur in einem verkürzten Halbsatz wieder.

Mueller beschwerte sich

Bis zur Veröffentlichung des Berichts verging dann fast ein Monat – eine Zeit, die Trump benutzte, um für sich die «totale Entlastung» zu reklamieren. Dabei hatte sich Mueller, wie diese Woche bekannt wurde, schon am 27. März beim Justizminister darüber beschwert, dass dessen Kurzfassung «Kontext, Wesen und Inhalt» seiner Arbeit nicht erfasse. Um es im Washingtoner Jargon zu sagen: Er beklagte sich über den Spin, mit dem Barr seine Zusammenfassung versehen hatte.

Trotzdem antwortete der Justizminister in einer Anhörung vor dem Kongress Anfang April auf die entsprechende Frage eines Demokraten, er wisse nicht, ob Mueller mit seiner Deutung einverstanden sei – was offensichtlich falsch war. Er verschwieg auch, dass ihn Mueller im gleichen Schreiben gebeten hatte, raschmöglichst seine eigene Zusammenfassung zu veröffentlichen. Hinzu kam die Pressekonferenz, die Barr abhielt, bevor er Muellers Bericht am schliesslich freigab – und die er als weitere Gelegenheit benutzte, um die für Trump unvorteilhaften Passagen herunterzuspielen.

Nach Ansicht der Demokraten ist all dies relevant, weil Barr sein Amt dazu gebraucht habe, den Präsidenten in der Öffentlichkeit von allen Vorwürfen freizusprechen, bevor diese Kenntnis vom Ergebnis des Berichts hatte. In der Senatsanhörung am Mittwoch verfestigte Barr dieses Bild, indem er das Verhalten Trumps gegenüber der Justiz durch alle Böden verteidigte.

Stand nur einem republikanisch dominierten Senatsausschuss Rede und Antwort: US-Justizminister William Barr. Video: Tamedia/AFP

Konkret sah er etwa kein Problem darin, dass der Präsident den Chefjuristen des Weissen Hauses dazu drängte, eine Entlassung Muellers zu bewirken. Es sei Trump nur darum gegangen, «einen anderen Sonderermittler» anstelle Muellers zu erhalten, so Barr. Solche schönfärberischen Aussagen seien eines Justizministers unwürdig, fanden die Demokraten. Sie fordern Barr inzwischen reihenweise zum Rücktritt auf.

«Er hat den Kongress belogen»

Am Donnerstag erhöhte Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, den Druck auf Barr erneut. «Er hat den Kongress belogen», sagte sie vor Journalisten im Kongress. «Wenn das jemand anders getan hätte, würden wir von einem Verbrechen reden.» Niemand stehe über dem Gesetz – auch nicht der Justizminister.

Ist entrüstet über William Barrs Verhalten vor dem Kongress: die Demokratin Nancy Pelosi. Video: Tamedia

Trumps Anhänger haben sich dagegen längst hinter Barr gestellt. Alles, was zähle, sei die Tatsache, dass der Justizminister den Bericht schliesslich fast ungeschwärzt veröffentlichte, sagen die Republikaner. Sie verweisen nicht zu Unrecht darauf, dass Mueller selbst in seinem Bericht zwar allerlei belastende Indizien gegen Trump zusammentrug, aber schliesslich keine Entscheidung darüber traf, ob er Anklage wegen Justizbehinderung erheben wolle oder nicht.

Damit überliess er diese Frage Barr, von dem er wissen musste, dass er schon lange einer Rechtsauffassung anhängt, nach der Präsidenten sich aufgrund ihrer grossen Machtfülle eigentlich überhaupt nie der Justizbehinderung schuldig machen können.

Argumente für Impeachment-Verfahren

Die Demokraten seien schlicht frustriert darüber, dass Muellers Untersuchung ihnen nicht das Material geliefert habe, das sie für ein Impeachment-Verfahren gegen Trump gebraucht hätten. kommentierte das konservative «Wall Street Journal». Deshalb werde der Justizminister nun dafür «besudelt», seinen Job zu machen.

Anzeichen dafür, dass der Konflikt bald abklingt, gibt es keine. Am Donnerstag hätte Barr erneut vor dem Kongress aussagen sollen, diesmal vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses. Seinen Auftritt sagte er jedoch kurzerhand ab, weil er nicht damit einverstanden war, sich von juristischen Mitarbeitern des Ausschusses befragen zu lassen. Die Demokraten überlegen nun, ihn dafür wegen «Missachtung des Kongresses» zur Rechenschaft zu ziehen.