Auftritt vor 20’000 Fans in AlabamaTrump spielt mit seinem Comeback
Er hätte den Rückzug aus Afghanistan viel besser organisiert als Joe Biden, behauptet Donald Trump. Er ist wieder voll im Wahlkampfmodus.
![Für die Fans an der Rally in Alabama ist jetzt schon klar: Donald Trump muss 2024 noch einmal für die Präsidentschaft kandidieren.](https://cdn.unitycms.io/images/AhtMgnApaxn84BQoWMAUSd.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=zNtbhWXmRA8)
Sagt er es heute? Fieberhaft spekulieren die amerikanischen Politkommentatoren vor jedem Auftritt, ob Donald Trump diesmal ins Rennen für die nächsten Präsidentschaftswahlen steigen wird. Der grosse Tag sollte nach einigen Auguren der Samstag sein: an Trumps Rally in Cullman, Alabama, einer Hochburg seiner Anhänger.
Doch Trump wäre nicht Trump, wenn er seinen Vorteil im Spiel um die Aufmerksamkeit nicht bis zum letzten Moment auskosten würde. Was hätte er zu gewinnen, wenn er jetzt schon offiziell ins Rennen steigen würde? Auch ohne Kandidatenstatus ziehen Trumps Auftritte massenhaft Fans an; über 20’000 sollen es in Alabama gewesen sein, im Monatsrhythmus finden sie derzeit statt.
Der grosse Angriff auf Biden
Ohne es explizit zu sagen, lässt der 45. Präsident der USA kaum je Zweifel daran aufkommen, dass er auch der 47. zu werden gedenkt. In Alabama rief er seinen Fans zu: «Das ist erst der Anfang dieser Bewegung.» Und natürlich: «Wir werden Amerika wieder gross machen.» Er hielt eine typische Wahlkampfrede, sein Angriff auf Biden enthielt alle Elemente, die auf Trumps Wunschliste für den Endspurt seiner Kampagne stehen dürften: Unter Biden explodiert die Gewalt im Land, stürzt die Wirtschaft ab und greift die Covid-Pandemie um sich.
Drei Punkte, alle in den ersten paar Sätzen von Trumps Rede vorgetragen, wiederholt, neu formuliert, und dann eineinhalb Stunden lang ausgeführt, wiederholt, eingehämmert. Trump lieferte das, was seine Fans von ihm erwarteten, er zeigte keinerlei Ermüdungserscheinungen, keine Mühe, längst widerlegte Vorwürfe von Wahlfälschung neu aufzulegen.
![Die Republikaner riefen und 20’000 Trump-Fans kamen: Der ehemalige Präsident war der grosse Publikumsmagnet bei der Veranstaltung in Alabama.](https://cdn.unitycms.io/images/9oITTdvxaRVA7b7XHwLyAJ.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=nH6xFy9EQd8)
Die Corona-Schönfärberei
Unverfroren behauptete er unter anderem, er habe das Coronavirus unter Kontrolle gebracht – aber Biden lasse die Lage nun eskalieren. Dabei hintertreiben viele Republikaner die Corona-Politik des Bundes, gerade in den Trump-treuen Staaten lassen sich viele nicht impfen. Ron DeSantis, der republikanische Gouverneur von Florida, erliess ein Verbot der Maskenpflicht.
Mehrere dieser Staaten sind nun Hotspots, unter anderem Alabama: Kurz vor der Rally musste der Staat den Ausnahmezustand verhängen, was Trumps Fans nicht daran hinderte, ihr Idol dicht gedrängt und meist maskenlos zu feiern, selbst dann, wenn er wegen Covid gegen Biden wetterte.
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Trumps Angriffslust wird befeuert durch die Aktualität. In den amerikanischen Metropolen steigt die Zahl der Gewaltdelikte steil an, an der Südgrenze zählten die US-Behörden im Juli 200’000 Migranten, so viele wie seit 21 Jahren nicht mehr, und Präsident Joe Biden steht wegen des missratenen Abzugs aus Afghanistan von allen Seiten in der Kritik.
Gemäss Umfragen verliert er vor allem bei unabhängigen Wählern rapide an Unterstützung. Trump ätzte in Alabama, er hätte die USA in Afghanistan nie so schwach dastehen lassen. Dabei war er derjenige, der mit den Taliban den Abzugsdeal ausgehandelt hatte, den viele Fachleute als naiv beurteilten.
Trump sitzt auf 102 Millionen Dollar Spenden
Mit solchen Provokationen weiss Trump das Scheinwerferlicht auf sich zu ziehen; er kompensiert damit den Verlust an Aufmerksamkeit, nachdem er von den meisten sozialen Medien ausgeschlossen wurde. Trump hat auch viel Geld gesammelt, um seine Wähler zu erreichen: Seine Spendenkasse war Mitte Jahr 102 Millionen Dollar schwer. 82 Millionen davon hat er als Eingang im ersten Halbjahr verbucht, mehr als jeder andere ehemalige Präsident vor ihm, wobei auch noch keiner vor ihm nach der Niederlage umgehend wieder in den Wahlkampfmodus geschaltet hat.
Trump zieht als Spendenmagnet dermassen gut, dass er die meisten anderen Sammelgremien der Republikaner überflügelt. Das liegt auch daran, dass Trump seine Fans auffordert, direkt an ihn zu spenden und nicht etwa an die Partei – sogar an Anlässen, welche die Republikaner für ihn organisieren.
Was Trump im Schilde führt mit seinen Millionen, sagt er nicht. Einige orakeln, er werde ihm genehme Kandidaten bei den Midterm-Wahlen im Herbst unterstützen. Andere prophezeien, er werde das Geld für seine eigene Kampagne horten. Bisher deutete alles darauf hin, dass Letztere recht haben: Trump hat keine Anstalten gemacht, die Spenden anderen Kandidaten weiterzugeben. Und obwohl er nicht müde wird, über den angeblichen Wahlbetrug vom November 2020 zu schimpfen, hat er auch kein Geld in die Überprüfung der Wahlresultate in Staaten wie Arizona investiert.
Korrektur vom Montag, 4.15 Uhr: In einer früheren Version dieses Artikels stand, Gouverneur Ron DeSantis habe in Florida ein Maskenverbot eingeführt. Richtig ist, dass er es Schulen untersagte, eine Maskenpflicht einzuführen.
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