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Meinung

Kolumne «Fast verliebt»
Weiterlieben mit gebrochenem Herzen

Hat Tipps, wie man nach Donald Trumps Wahlsieg nicht emotional verödet: Claudia Schumacher.
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Wenn Sie am Morgen nach dem Trump-Sieg fröhlich mit Whisky gegurgelt haben, um dann mit Ihrem SUV eine Velofahrerin gegen den Strassenrand zu mähen, kann man nur sagen: Die nächsten vier Jahre gehören Ihnen, Glückwunsch! Sollten Sie zu den anderen gehören, die sich plattgewalzt fühlen und «Liebeskummer um die Welt» haben wie die Klimaaktivistin Luisa Neubauer, können folgende Schritte vielleicht etwas emotionalen Beistand liefern:

Weich (und fröhlich!) bleiben

Auf Trumps erneute Wahl reagierte ich verspannt, wütend, aggressiv. Gefühle, in denen man sich wunderbar einrichten kann, wenn man eines Tages selber mit orangefarbener Haut und einer schlimmen gelben Föhnfrisur aufwachen will. Also habe ich mir ein Bad eingelassen, mich so gut es geht entspannt, und geweint. Später konnte ich wieder lachen. Wer seine Traurigkeit wegdrückt, wird verhärmt und bitter. Das ist Teil des Problems, nicht die Lösung. Lassen Sie es raus, das ist heilsam. Die Sonne kommt dann schneller zurück, versprochen.

Verbunden bleiben

Eine liebe Freundin von mir ist türkischstämmig und hält Erdogan für einen hervorragenden Staatsmann. Mein Bruder steht in den Kulturkämpfen der letzten Jahre oft auf der anderen Seite als ich. Beziehungen, für die ich dankbar bin – und das sage ich ohne Ironie.

Wir leben in Zeiten der Bubble-Bildung, in der Menschen auf beiden Seiten der gespaltenen Gesellschaft stolz darauf sind, sich von Andersdenkenden zu distanzieren, ihr Umfeld also «rein» zu halten. Eine Einstellung, die mir undemokratisch erscheint, egal, von welcher Seite sie kommt. Ergibt es nicht mehr Sinn, stolz darauf zu sein, Menschen zu mögen, die anders auf die Welt blicken als man selbst? Das ist gelebte Toleranz. Davon brauchen wir mehr.

Hinschauen

News-Detox ist was für Kinder. Und für Bünzli, die auf der Flucht vor schwierigen Gefühlen einfach wegschauen und Apfelkuchen backen. Gelegentlich von der Komplexität unserer Welt überfordert zu sein, ist normal (ich empfehle Schritt eins: heulend in die Badewanne). Sie gar nicht mehr verstehen zu wollen, ist aber gefährlich und hat uns einige der globalen Probleme, die wir erleben, erst eingebrockt. Man kann das ja tröstlich verbinden: Zum Beispiel die Zeitung lesen. Und dabei Apfelkuchen essen.

Und wenn Sie es bis zum Abend geschafft haben: Vielleicht mal wieder «Harry Potter» schauen? Noch immer das grösste Anti-Faschismus-Märchen unserer Zeit. Oder «Der Herr der Ringe». Darin sagt der kleine Frodo im Kampf gegen die dunklen Mächte: «Ich wünschte, all das wäre nie passiert.» Und der weise Zauberer Gandalf antwortet ihm: «Das tun alle, die solche Zeiten erleben. Aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Du musst nur entscheiden, was du mit der Zeit anfangen willst, die dir gegeben ist.»