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Zweites Fox-Interview
Trump: «Ich bin kognitiv da»

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Das Drama dieses neuen Trump-Interviews auf Fox News beginnt, als Marc Siegel den US-Präsidenten fragt, was es über die Relevanz der Gesundheit eines US-Präsidenten mit Bezug auf Joe Biden zu sagen gebe. Eine klassische Soft-Ball-Frage. Es ist breit bekannt, dass Donald Trump seinen demokratischen Herausforderer vor allem persönlich attackiert und seine mentale Fitness infrage stellt. Immer wieder hat er Joe Biden aufgefordert, doch auch jenen kognitiven Test zu absolvieren, den angeblich niemand ausser ihm, Trump, so gut lösen könne.

Trump legt los. Er wird knapp sechs Minuten ununterbrochen und ungeschnitten reden, wie auf Fox News am Mittwochabend zu sehen war. Trump beginnt damit, wie wichtig für einen US-Präsidenten die Gesundheit sei, fährt fort, wie übel er persönlich attackiert worden sei. Dass ihm etwa unterstellt worden sei, er sei verrückt, ein Diktator oder gar inkompetent. Und dass er es leid gewesen sei, sich das alles anhören zu müssen. Trump sagt, er habe also seine Ärzte gefragt, ob er nicht einen Test machen könne, einen kognitiven Test, mit dem er seine Kritiker endlich mundtot machen könne.

Er kommt in dem Zusammenhang auch kurz auf Chris Wallace zu sprechen, ein «tough cookie», und wie sehr er das Interview mit ihm genossen habe. Was in dem Moment allerdings schwer zu glauben ist.

Jenes Interview wurde bereits am Sonntag auf Fox News ausgestrahlt. Und Millionen Amerikaner haben mit angesehen, wie Wallace, einer der letzten kritischen Journalisten im ansonsten Trump-ergebenen Sender, den US-Präsidenten mit bestens vorbereiteten Fragen geradezu filetiert hat. Kaum eine Falschaussage von Trump blieb unwidersprochen. Und kaum eine Stelle bleibt so sehr hängen wie die Sache mit dem Test, den Trump immer wieder gegen Biden ins Feld führt. (Lesen Sie dazu den Artikel «Der Fox-Moderator, der Trump demontierte»)

Trump stellt den 77-jährigen Biden im Wallace-Interview dar, als wäre der schon so tattrig, dass er nur noch mit Mühe Texte vom Teleprompter ablesen könne. Wohingegen Trump ein vor Kraft strotzendes Genie sei, das bereits zweimal einen kognitiven Test gemacht und mit Bravour bestanden habe.

Wallace hat dieses Argument mit einer kleinen Intervention aus den Angeln gehoben. Er habe den Test auch gemacht, sagte er, der sei gar nicht so schwer gewesen. Eine Aufgabe sei gewesen, eine Zeichnung zu identifizieren. «Ein Elefant», sagte Wallace.

Für Trump kam das einer mittleren Katastrophe gleich. Der Präsident ist ohnehin unter Druck. Die Pandemie, die hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Zustimmungswerte. Joe Biden liegt in fast allen Umfragen deutlich vor ihm. Und jetzt zerstört Wallace auch noch auf Fox News sein wichtigstes Argument gegen Biden.

Person, Frau, Mann, Kamera, TV. – Können sie das wiederholen?

Das musste geradegerückt werden. Im Sender scheinen das manche ähnlich gesehen zu haben. Und schickten am Mittwochmorgen eilig den Arzt und Hobby-Journalisten Marc Siegel nach Washington, um mit Donald Trump zu reden. Siegels Status als Mediziner sollte Trumps Selbstdiagnose, ein Genie zu sein, offenbar neue Autorität geben. Es kam dann anders.

Trumps Ärzte empfehlen Trump also den sogenannten Moca-Test. Moca steht für «Montreal Cognitive Assessment» und ist ein Standardtest, um etwa erste Anzeichen von Alzheimer zu erkennen. Vieles spricht dafür, dass Trump glaubt oder zumindest glauben machen will, der Tests sei so etwas wie der heilige Gral unter den Hirnleistungstests. Nun, ist er nicht.

Trump erklärt mit vielen wirren Details, wie schwer aus seiner Sicht die «30 bis 35 Fragen» zum Teil gewesen seien, die er zu beantworten hatte. Dafür spielt er das Gespräch zwischen ihm und dem Arzt nach, der den Test mit ihm gemacht hat. Seine Berater hätten ihn besser davon abgehalten.

«Nehmen wir mal: Person, Frau, Mann, Kamera, TV. Dann fragt der Arzt: ‹Können Sie das wiederholen?› Und ich sage: Ja! Also: Person. Frau. Mann. Kamera. TV. Okay, das ist sehr gut. Wenn nämlich die Reihenfolge stimmt, gibt es Extrapunkte. Aber dann stellen sie andere Fragen, andere Fragen. ‹Erinnern Sie sich an die erste Frage? Nicht die erste, aber die zehnte Frage. Können Sie das noch mal machen?› Und du sagst: Person. Frau. Mann. Ähm, Kamera. TV. Wenn die Reihenfolge stimmt, gibt es Extrapunkte», wiederholt Trump. «Keiner bekommt das in der richtigen Reihenfolge hin. Es ist nicht so einfach. Aber für mich war das einfach. Das ist keine einfache Frage!»

Trump führt noch einmal aus: «Sie geben dir fünf Begriffe, und dann musst du die wiederholen. Und wenn du sie in der falschen Reihenfolge wiedergibst, das ist in Ordnung, aber klar, das ist nicht so gut. Aber wenn sie dir dann nach 20, 25 Minuten wieder sagen: ‹Wir gehen zurück zu der Frage› – die sagen dir das vorher nicht –, ‹gehen wir zurück zu der Frage und wiederholen Sie die Begriffe, können Sie das tun?› Und dann sagst du: Person. Frau. Mann. Kamera. TV. Dann sagen die: ‹Das ist erstaunlich! Wie haben Sie das gemacht?› Und dann sage ich, ich habe ein gutes Gedächtnis. Ich bin kognitiv da.»

Die Ärzte hätten ihm auch gesagt, «nur sehr wenige Leute schaffen das. Nur sehr wenige Menschen begreifen das.»

Und dann zeigt er auf den Interviewer Marc Siegel. Der steht da wie ein Tonsoldat, dem ein irre gewordener Feldherr eine Standpauke hält. Trump zeigt mit dem Finger auf ihn und stellt fest: «Sie verstehen das!» Siegel nickt: «Ja!» Trump redet weiter. «Es ist gar nicht so einfach! Und die anderen Fragen sind tougher als das, was ich gerade gemacht habe.» Sigel nickt und lächelt.

«Es ist nicht so leicht», kommt Trump langsam zum Ende. Aber in dem Moment, als sie die Punktzahl für seinen Test veröffentlicht hätten, da sei «dieses ganze Zeug über mich verschwunden, ich sei inkompetent. (...) Und sie sagen: Wow! Und selbst meine Feinde, die sagen das nicht mehr. Aber sie sagen es über Joe Biden.» Also habe Joe Biden die «Verpflichtung», einen Test zu machen, ähnlich wie seinen oder «irgendetwas anderes».

Wenn Trump wirklich glaubt, dass niemand mehr seine geistigen Fähigkeiten infrage stellt, dann steht es um den US-Präsidenten schlimmer als befürchtet. Oder um jene, die danach Trump immer noch für ein Genie halten. Wie sein Interviewer und Fox-News-Arzt Marc Siegel. Der sagte am Donnerstag in Trumps Lieblingssendung «Fox and Friends» über sein Gespräch mit dem Präsidenten: Das ganze Interview sei ja eine Art kognitiver Test gewesen. Trump habe in jeder Sekunde einen «messerscharfen Verstand» gezeigt. «Wir brauchen einen Führer, der dieses Bewusstsein und diese Schärfe hat.» Fünf Worte wiederholen zu können, scheint diesem Arzt genug Qualifikation für das Weisse Haus zu sein.