Prozess gegen InfluencerZürcher Junge SVP fordert Auslieferung von «Travis the Creator»
Am 24. März hätte die Gerichtsverhandlung gegen «Travis the Creator» stattfinden sollen. Sie wurde verschoben, weil der Angeklagte laut einem spanischen Psychiater verhandlungsunfähig ist.

- Das Bezirksgericht Zürich verschiebt den Prozess aufgrund eines spanischen Arztzeugnisses.
- Die Junge SVP kritisiert die Behörden wegen fehlender Massnahmen.
- Die Justizdirektion Zürich verweist aufgrund der Gewaltentrennung auf das zuständige Bezirksgericht.
Wie diese Redaktion in einer TV-Dokumentation aufgedeckt hat, werfen dem Influencer «Travis the Creator» Dutzende Frauen aus dem In- und Ausland teils schwere Übergriffe vor. Diesen Montag hätte er unter anderem wegen des Verdachts auf mehrfache Vergewaltigung und mehrfache sexuelle Nötigung vor dem Bezirksgericht Zürich erscheinen müssen.
Doch der Prozess wurde kurzfristig verschoben. Der Beschuldigte hält sich derzeit in Spanien auf und hat ein ärztliches Zeugnis eines spanischen Psychiaters eingereicht. Darin wird festgehalten, dass er verhandlungsunfähig sei. Bereits im Februar wollte er die Verhandlung wegen der Berichterstattung über ihn verschieben.
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Das stösst der Jungen SVP Kanton Zürich sauer auf. Deshalb hat Präsidentin Naemi Dimmeler einen offenen Brief an Justizdirektorin Jacqueline Fehr verfasst. «Während Frauen und sogar Mädchen auf Gerechtigkeit warten, kann sich ein verurteilter Sexualstraftäter ungehindert ins Ausland absetzen und sich dem Prozess entziehen», schreibt Dimmeler. «Das ist an Absurdität nicht zu übertreffen.»
Jacqueline Fehr ist nicht zuständig
Dimmeler stellt auch kritische Fragen zum Vorgehen der Behörden und der Justiz. Zum Beispiel, warum sein Arztzeugnis nicht von Schweizer Psychiatern überprüft wurde.
Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP) möchte sich nicht zum Fall äussern. Die Medienstelle der Justizdirektion schreibt auf Anfrage, dass Fehr die falsche Adressatin für den Brief sei. «Der Fall liegt beim Bezirksgericht Zürich. In der Schweiz herrscht Gewaltentrennung. Die Gerichte sind unabhängig. Die Oberaufsicht liegt beim Kantonsrat. Wir können uns mangels Zuständigkeit nicht zu dieser Angelegenheit äussern.»
In der Verfügung, die letzte Woche publiziert wurde, hielt das Gericht fest, dass «kein Anlass besteht, am Arztzeugnis und an der darin vermerkten Verhandlungsunfähigkeit zu zweifeln».
Warum das so ist, lässt sich der Verfügung nicht entnehmen. Fest steht aber, dass Travis sich der Strafuntersuchung nicht entzogen hat, sondern an den Befragungen teilgenommen und Auskunft gegeben hat.
Wird das Verfahren verschleppt?
Dass Travis nach seinem ersten Prozess auf freiem Fuss ist, liegt am damaligen Urteil. Er wurde 2024 rechtskräftig verurteilt, weil er eine Frau schändete. Er bekam aber nur eine Geldstrafe auf Bewährung. Eine Landesverweisung wurde gegen den Ghanaer nicht ausgesprochen, weil er keine Vorstrafen habe und «gut integriert» sei, heisst es im Urteil.
Bei einer bedingten Strafe hat die Justiz keine Handhabe, jemanden während der Bewährungszeit im Land zu behalten. Für die neuen Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung.
Dass Travis mit der Verschiebung das Ziel hatte, dass Vorwürfe verjähren, kann wohl ausgeschlossen werden. Die ältesten erhobenen Vorwürfe in der Anklageschrift verjähren frühestens im Jahr 2032.
Wäre eine Auslieferung möglich?
Am Schluss des offenen Briefs fordert die Junge SVP Kanton Zürich eine Auslieferung des Influencers an die Schweiz. Sie schreibt: «Die Opfer verdienen endlich Gerechtigkeit – nicht einen Staat, der Sexualstraftäter davonkommen lässt.»
Für eine Auslieferung müsste die Schweiz einen internationalen Haftbefehl ausstellen. Dies würde unter anderem bedeuten, dass das Gericht dem ärztlichen Bericht des Psychiaters keinen Glauben schenkt – was nicht der Fall ist.
Verhandlung kann auch ohne Travis stattfinden
Grundsätzlich kann eine Verhandlung aber auch ohne die Anwesenheit des Beschuldigten stattfinden. Zum Beispiel, wenn er im Rahmen der Strafuntersuchung die Gelegenheit hatte, zu allen Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Die Parteien müssen jetzt einen neuen Verhandlungstermin suchen. Neben dem Gericht, dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft sind drei Anwältinnen der Opfer an dem Verfahren beteiligt.
Im Rahmen der Berichterstattung über den Fall hätte am 25. März ein Podium des «Tages-Anzeigers» stattfinden sollen. Da der Prozess verschoben wurde, wird auch das Podium bis auf weiteres verschoben. Alle Tickets werden via Eventfrog zurückerstattet.
«Don’t be shy»: Unser Dokfilm zeigt, wie ein Zürcher Party-Influencer Frauen sexuell ausnutzt
Betroffene schildern ein Missbrauchssystem an Schweizer Modeshootings und Partys. Jahrelang wähnt sich «Travis» unbeobachtet – dann konfrontieren wir ihn. Den ganzen Film sehen Sie hier.
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