Traumgarten Thalwil«Die Gemeinde hat viel zu lange weggeschaut»
Ein Anwohnerpaar der Eventlocation Traumgarten erzählt, wie es «seit Jahren» unter dem nächtlichen Lärm gelitten habe. Der Gemeinde macht es Vorwürfe.
Sonja Winkler scrollt durch ein Dokument auf ihrem Laptop. Es ist ihr persönliches Protokoll der Causa Traumgarten. Auf fast dreissig Seiten hat sie Telefonnotizen, Mails, Briefe, Lärmklagen und mehr festgehalten. Sie zeugen von einem regen Kontakt mit der Thalwiler Gemeindeverwaltung und der Polizei. «Wir leiden seit Jahren unter dem Lärm des Traumgartens», sagt Sonja Winkler. «Die volle Breitseite kriegen wir ab», ergänzt ihr Mann Ernst Winkler.
Eigentlich heisst das Ehepaar anders, aus Angst vor Anfeindungen möchte es anonym bleiben. Es wohnt in der Nähe der Eventlocation Traumgarten Thalwil. Während Jahren fanden in diesem Schaugarten der Gartenbaufirma «Baumann baut Gärten» zahlreiche Hochzeiten und andere Feste statt. Bis letzten Spätsommer. Dann hat die Gemeinde einen vorläufigen Betriebsstopp verfügt, wie diese Redaktion kürzlich berichtete.
Bis in die Morgenstunden
Davor hatte die Gemeinde die unbewilligten Bauten und Nutzungen im Traumgarten über rund zwei Jahrzehnte geduldet. «Für uns Anwohner bedeutete dies, dass wir in den Sommerhalbjahren fast jedes Wochenende und teils auch unter der Woche Nachtruhestörungen akzeptieren mussten, manchmal bis in die frühen Morgenstunden», sagt Sonja Winkler. «Und dies, obwohl nie eine Bewilligung für die Nutzung des Areals als Eventlocation existierte.»
Für das Anwohnerpaar ist deshalb klar: «Die Gemeinde hat viel zu lange weggeschaut.» Persönliche Gespräche mit dem früheren und dem aktuellen Gemeindepräsidenten, dem Bauamtsleiter und dem Sicherheitssekretär seien weitgehend ergebnislos geblieben.
Das Ehepaar ist froh, dass die Hochbaukommission letzten Spätsommer doch «endlich» eingegriffen hat. Auslöser für den damals verfügten Betriebsstopp waren laut der Gemeinde «überdurchschnittlich viele Lärmreklamationen».
Hat der Kanton Druck gemacht?
Sonja Winkler ist jedoch überzeugt, dass das plötzliche Handeln der Gemeinde noch einen anderen Grund hatte. Sie schiebt einen Brief über den Wohnzimmertisch. Diesen hatten sie und ihr Mann letzten Juli dem Thalwiler Bauamt geschickt. Darin forderten sie die Hochbaukommission auf, auf dem Traumgarten-Areal einen «rechtmässigen Zustand» herzustellen, also ein Bewilligungsverfahren durchzuführen. Eine Kopie des Briefs ging auch an die kantonale Baudirektion. «Ohne diesen Druck via Baudirektion wäre weiterhin nichts passiert.»
Die Gemeinde widerspricht dieser These. «Es ist unerheblich, ob die Baudirektion eine Kopie erhalten hat oder nicht», sagt Bauamtsleiter Andy Fellmann auf Anfrage. Ausschlaggebend sei gewesen, dass ein tolerierbares Mass überschritten worden sei. Darauf hätten mehrere Lärmklagen hingewiesen, der Brief des Anwohnerpaars sei eine davon gewesen.
Bei der Intervention der Gemeinde sei der Kanton nicht aktiv involviert gewesen, sagt Fellmann. Dies bestätigt auch ein Sprecher der Baudirektion. Fakt ist zudem: Die zuständigen kantonalen Fachstellen waren seit den 2000er-Jahren über die Situation im Traumgarten im Bilde. Sie waren auch eingebunden, als Thalwil in den letzten Monaten und Jahren die Teilrevision der Bau- und Zonenordnung erarbeitete.
Für Thalwil eine Institution
Über diese Teilrevision wird diesen Sonntag, 3. März, an der Urne abgestimmt. Wird sie angenommen, liegt der Traumgarten neu in einer Erholungs- statt Reservezone. Dadurch entsteht gemäss Gemeinde die planungsrechtliche Grundlage, damit die bestehenden Bauten und Anlagen des Traumgartens nachträglich beurteilt und bewilligt – oder nicht bewilligt werden können.
Klar ist: Grundsätzlich will die Gemeinde, dass in Zukunft wieder Anlässe in dieser Grünanlage von «Baumann baut Gärten» stattfinden können – auch wenn noch offen ist, in welchem Umfang. Der Traumgarten stelle «eine nicht wegzudenkende Institution für Thalwil dar», heisst es im Abstimmungsbüchlein. Sonja und Ernst Winkler hoffen derweil, dass der Traumgarten für sie nicht wieder zum Albtraum wird.
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