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Ton-Design im Auto
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Der Sänger hört genau hin. Mit einem Lächeln streicht er sich den Pony aus dem Gesicht, schaut dem Tontechniker tief in die Augen und sagt: «Das klingt perfekt.» Dann kommt ein Satz, der auch nach mehr als 55 Jahren noch das ganze Studio prägt: «In diesem Raum dürft ihr niemals etwas verändern. Sonst nehme ich hier kein Lied mehr auf.» Und so ist es geschehen.

Paul McCartneys Wünschen widerspricht bis heute niemand in der Abbey Road. Schliesslich sind der Liverpooler und seine drei Gefährten der Beatles wesentlich dafür verantwortlich, dass das älteste zugleich auch das berühmteste Tonstudio der Welt ist. Nicht zuletzt dank ihres finalen Albums «Abbey Road» von 1969, aufgenommen im handballfeldgrossen Studio 2 mit seinen Backsteinwänden, reichlich abgewetzten Schall-Stellwänden und verkratztem Parkett. Das legendäre Cover mit den Fab Four auf dem Zebrastreifen vor der Eichenholzhaustür kennt sicher mehr als die halbe Welt. Jeden Tag nerven Hunderte Besucher die Autofahrer, wenn sie die Szene dort rund um die Uhr nachstellen und die Strasse blockieren.

Digitaler Einblick in die Studiowelt

Das Innere hinter Hausnummer 3 ist für die Fans allerdings unzugänglich. Nur die weltbesten Produzenten, Techniker und Musiker haben Zutritt zu den drei Studios in dem verwinkelten georgianischen Wohngebäude von 1830. Und ausserdem die Fahrer eines Volvo EX90 – zumindest virtuell. Denn sie dürfen auch ein bisschen an den Reglern drehen wie einst der legendäre Produzent George Martin beim Abmischen von «Hey Jude», «Let It Be» oder «Yesterday». Auf dem Touchscreen in der Mittelkonsole des SUV findet sich dazu ein Einblick in die Studiowelt – und dahinter jede Menge Programmiertechnik. Dazu gleich mehr.

20241121 Copyright James Robinson

Free for editorial use image, please credit: James Robinson

Bowers & Wilkins x Abbey Road Mode Event sponsored by Volvo

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Der «Abbey Road Modus» ist der neueste technische Dreh unter den HiFi-Bemühungen der Autofirmen. Aber beileibe nicht der einzige: Fast alle Hersteller haben den guten Ton als Mittel erkannt, neue Kunden in ihre Autos zu locken – und dementsprechend aufgerüstet. Zum einen werden immer mehr Woofer, Hoch- und Tieftöner oder Subwoofer in den Fahrzeugen montiert. Den Innenraum einer Mercedes-S-Klasse beschallt auf Wunsch etwa eine Anlage mit 1750 Watt und 31 Lautsprechern, ein bodenständiger Skoda Octavia ist auch bereits mit 12 Lautsprechern inklusive Center-Speaker und Subwoofer von Canton zu haben, und selbst ein Kleinwagen wie der Ford Fiesta ist mit einem Soundsystem von Bang & Olufsen ausgestattet. Verbunden wird das oft mit schalldämpfenden Einbauten an Motor, Scheiben oder Verkleidungen. Mehrere Hundert bis viele Tausend Franken Aufpreis für hochwertigen Sound sind keine Seltenheit.

Finger weg vom Equalizer!

Dazu kommt etwas, vor dem es die meisten Tonexperten für Autosound eigentlich graust: die Möglichkeit, an der Akustik noch selbst herumzuspielen. Dan Shepherd, Vize-Präsident des High-End-Herstellers Bowers & Wilkins, sagt: «Wir streben bei unseren Systemen einen Sound an, der möglichst nah an der Aufnahme im Studio liegt.» Die beste Einstellung sei daher «Default» – die Voreinstellung der Spezialisten. Wäre Shepherd kein Brite, er würde wohl zürnen: Finger weg vom Equalizer, Fader oder von voreingestellten Effekten wie «Pop», «Hall», «Live» oder «Klassik» mit ihren Auswirkungen auf Bass, Höhen, Geräuschverteilung oder Nachhall.

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Allein: Die Welt der Musikfreunde, sie ist nicht so – sondern eher umgekehrt: Je leiser es im Fahrzeug ist, etwa wegen flüsternden Elektroantriebs, aufwendigen Schallschutzes oder schlicht des Kriechens im täglichen Dauerstau, desto stärker der Drang der Reisenden, in den Klang einzugreifen. Beim Boom-Boom-Boom der künstlichen Bassorgie scheppern dann schon mal im Inneren die Bonbondosen blechern im Takt mit – und aussen die Nummernschilder, falls sie nicht ebenfalls abgedämmt werden. Auch das veranlassen die HiFi-Verantwortlichen der Branche zuweilen, damit solche Fehlgeräusche den Musikgenuss nicht völlig verhunzen.

Ein Akt der Selbstverteidigung

Fünf Hochtöner, sieben Mitteltöner, vier Tieftöner, vier 3D-Lautsprecher, je zwei Aluminiumlautsprecher in den beiden Vordersitzen, ein fetter Subwoofer und ein spezieller Hochtöner, der vor der Windschutzscheibe deren Schall neutralisiert: Selbst eine solche Speaker-Armada wie im neuen Volvo EX90 kann also leider durch dilettantische Neuabmischung eines überforderten Menschen am Steuer zu Misstönen gebracht werden. Der Abbey-Road-Modus ist so gesehen darum geradezu ein Akt der Selbstverteidigung der HiFi-Verantwortlichen im Zusammenspiel mit dem Tonstudio.

Bowers-Mann Shepherd ruft dazu auf dem Touchscreen im schwedischen SUV, der vor den Studios parkiert ist, die Oberfläche des Modus auf. Die zeigt vier voreingestellte Formate vom intimen Klang im kleinsten der kleinen Aufnahmestudios bis zum mächtigen Hall des weltgrössten Aufnahmeraumes, in dem bis zu 110 Musiker und noch einmal fast so viele Sänger Platz finden. Und selbst Mirek Stiles ist begeistert: «Das klingt verdammt nach Abbey Road», sagt der Leitende Toningenieur der Studios mit ganz unbritischem Kraftausdruck. In der virtuellen Studio-Optik des unteren Bildschirmabschnittes kann er die Grösse des Raums, den Abstand der Lautsprecher dort oder den Grundklang noch einmal per Fingertipp anpassen. Fast wie ein Toningenieur im Studio. Nur eben, dass der Laie pädagogisch immer auf dem passenden Pfad gehalten wird.

Komplexe Algorithmen

Dahinter stecken geballte Technik, Hardware und Rechenleistung. Zunächst haben die Partner in den Studios mit ihrem Mix an Wand-, Boden- und Deckenmaterialien aus drei Jahrhunderten umfangreiche akustische Messungen durchgeführt. Dabei wurden die Reflexionen, die Nachhallzeit und andere akustische Eigenschaften der verschiedenen Aufnahmeräume präzise erfasst. Mit diesen Messdaten haben die Experten digitale Modelle der Räume erstellt. Mithilfe komplexer Algorithmen wird nun das eingehende Audiosignal in Echtzeit so verändert, dass es im Auto klingt, als wäre es in dem ausgewählten Raum der Abbey Road Studios aufgenommen worden.

Das Mischpult, an dem die Beatles aufgenommen haben, ist heute noch in Gebrauch

Dabei kann auch simuliert werden, was für das London Symphony Orchestra, Glenn Miller oder Amy Winehouse einen besonderen Reiz dieser Stätte ausgemacht hat: In jedem Gang, den Ecken der Kontrollräume und den kleinsten Abstellkammern stehen neben neuester Digitaltechnik auch uralte analoge Aufnahmegeräte, Mischpulte und Hunderte Mikrofone, die einen weichen, warmen Klang ermöglichen. Hier können Röhren noch durch Röhren singen – und das in jedem der drei Räume in unverwechselbarem Sound.

Einfach die drei Studios mit ihrem Klangprofil im Auto nachbauen, das wollte Mirek Stiles allerdings dann doch nicht – und beschreibt damit auch die Grenzen der Tonillusionen im Auto: «Dort sind eben ganz andere Materialien montiert als im Klangkörper eines Studios oder Konzertsaals.» Oder einfach ausgedrückt, so der Tonexperte: «Ein Auto bleibt eben ein Auto.» Paul McCartney würde das sicher auch mit verbundenen Augen sofort hören.