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Studie zum «Ick»-Phänomen
Bääh, er trinkt durch ein Röhrchen – igitt, sie hat lange Fingernägel!

Person in Jeansjacke geniesst ein Getränk mit Orangenscheibe und Strohhalm.
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In Kürze:
  • Das Ick beschreibt ein plötzliches Gefühl des Ekels oder der Abscheu gegenüber einer Person, an der man zuvor interessiert war.
  • In einer Studie der Azusa Pacific University in den USA gaben 64 Prozent der Teilnehmenden an, dies schon einmal erlebt zu haben, Frauen öfter als Männer.
  • Menschen mit narzisstischen oder perfektionistischen Tendenzen spüren den Ekel-Faktor beim Daten häufiger als andere. Auch eine erhöhte Sensitivität spielt eine Rolle.

Das weite Feld der Liebe ist durchsetzt von Fettnäpfchen, derentwegen Suchende ausrutschen und auf die Nase fallen. Ein winziger Fehler nur, eine Unachtsamkeit, und schon erlischt beim Gegenüber jegliches Interesse. Manchmal lösen unwichtige, banale, seltsame Kleinigkeiten diese Abstossungsreaktion aus – ein Umstand, der im englischen Sprachgebrauch als «the Ick» bekannt ist, was sich als «Abturner» oder «Bäh» nur unzureichend übersetzen lässt.

«The Ick» hat – natürlich! – in den vergangenen Jahren eine Karriere als Social-Media-Phänomen hingelegt, und so finden sich die irrsten Umstände, die Frauen und Männer am jeweils anderen abstossend finden. Hier ein paar Beispiele für Ick-Auslöser aus dem Internet: wenn er sich auf die Zehenspitzen stellt, um etwas aus einem hohen Regal zu holen. Wenn er einem Pingpongball hinterherrennt. Wenn er seinen Drink durch ein Röhrchen trinkt. Wenn sie lange Fingernägel trägt. Wenn sie gleichzeitig isst und redet. Wenn sie sich für Astrologie interessiert. Und so weiter.

«The Ick» als Massenphänomen auf Social Media

Ein banales, oberflächliches Fettnäpfchen nach dem anderen – kein Wunder, dass das mit der Partnersuche meistens so ein kompliziertes Geschiss ist. Das Ick hatte seit den 1990er-Jahren bereits Kurzauftritte in TV-Serien wie «Friends», «Seinfeld» oder «Sex and the City» und erlebt nun auf Tiktok seine Blüte als Massenphänomen. Beiträge mit entsprechenden Hashtags seien dort weit mehr als eine Milliarde Mal aufgerufen worden, schreiben gerade Psychologen um Brian Collisson im Fachjournal «Personality and Individual Differences».

Jedenfalls hat sich diese Ick-Sache offensichtlich so weit verbreitet, dass sich nun Wissenschaftler der Azusa Pacific University in den USA in einer kleinen Studie damit beschäftigt haben. Sie wollten wissen, wie Persönlichkeitsmerkmale und Geschlecht mit der Neigung zusammenhängen, diese von Bäh-Momenten ausgelöste plötzliche romantische Aversion zu empfinden – und woran sich diese entzündet.

Knapp die Hälfte der 125 Probanden war mit dem Phänomen vertraut. Nachdem die Psychologen um Collisson den Teilnehmenden eine Definition des Ick gegeben hatten, gaben 64 Prozent an, diese an Kleinigkeiten entzündete Abstossung im Kontext der Partnersuche bereits selbst erlebt beziehungsweise empfunden zu haben. Im Durchschnitt hatten die Probanden diese romantische Aversion jeweils bereits knapp zehnmal erlebt.

Frauen sind Ick-sensibler als Männer

Allerdings reduzierte sich dieser Mittelwert auf knapp sechs, als die Psychologen einen krassen Ausreisser aus der Analyse entfernten: Eine Person gab an, etwa 300 solcher Bäh-Momente erlebt zu haben. Frauen empfinden solche Ick-Abstossungen häufiger als Männer: 75 Prozent von ihnen berichteten von solchen Erlebnissen. Unter den männlichen Probanden waren es hingegen nur 57 Prozent.

Die Psychologen um Collisson unterzogen die Probanden zusätzlich mehreren Tests, um einzelne Persönlichkeitsmerkmale und deren Zusammenhang mit einer Ick-Neigung zu ermitteln. Eine erhöhte Ekel-Sensitivität sowie narzisstische Tendenzen standen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang, schon einmal eine solche plötzliche romantische Aversion gespürt zu haben. Das galt auch für Probanden, die perfektionistische Ansprüche an ihre Partner haben. Auch sie erlebten eher Ick-Momente, und sie erlebten diese zudem auch noch häufiger als andere.

Vom sichtbaren Füdlispalt bis zum komischen Jargon

Zu feminines Verhalten des Mannes war der von Frauen am häufigsten angegebene Grund, warum sie plötzliche Aversion gegen ihr Gegenüber verspürten. Konkret hiess das zum Beispiel in einem Fall: «Als er seinen Kopf auf meine Schulter legte.» Andere Auslöser waren peinliches Verhalten wie lautes Singen im Nachtclub, falsche Kleidung wie Shorts, das Geräusch seiner Füsse beim Laufen oder der Umstand, dass der Füdlispalt beim Bücken zu sehen war. Männer gaben als Auslöser am häufigsten an, dass es sie abstosse, wenn Frauen zu trendbewusst seien und krampfhaft alle angesagten Dinge mitmachten. Weitere Ick-Auslöser waren unter anderem, wenn die Frauen peinliche Situationen kreierten, seltsamen Jargon verwendeten, zu sehr auf Social Media fokussiert oder zu stark geschminkt waren.

Bleibt die Frage, warum banale Dinge wie Flipflops oder die Benutzung eines Trinkröhrchens so starke Reaktionen auslösen können. Die Psychologen deuten das Phänomen als eine Art übersensiblen Detektor für die Partnersuche. Auch aus anderen Studien sei bekannt, dass ein unattraktives Merkmal mehrere positive Eigenschaften aussteche und Personen als potenzielle Partner disqualifiziere. Zu dieser These passe auch der Umstand, dass Frauen Ick-sensibler seien, so die Autoren.

Schliesslich sei die Partnersuche für sie mit höheren Risiken verbunden – im Sinne der Parental Investment Theory: Es sind schliesslich sie, die schwanger werden, samt allen damit verbundenen Gefahren und Belastungen. Und da könnte ein übervorsichtiges Sensorium in der Partnersuche sinnvoll sein. Heisst: Lieber ein paar gute Männer abweisen, weil sie Flipflops tragen und aus Röhrchen trinken, als sich sorglos einen schlechten Typen anlachen. Obwohl: Das passiert ja trotzdem oft – vielleicht viel zu oft.