In der Ukraine eingesetztSchweizer Technik in iranischer Kamikaze-Drohne gefunden
Eine Drohne, mit der Russland die Ukraine angegriffen hat, nutzte einen GPS-Empfänger eines Zürcher Unternehmens. Deren Export in den Iran ist seit vielen Jahren verboten.
Schon wieder Negativschlagzeilen für das Unternehmen U-Blox aus Thalwil: Wie CNN berichtet, wurde in einer iranischen Kamikaze-Drohne des Typs Shahed-136 ein Bauteil der Zürcher Firma gefunden. Neben Dutzenden anderer Komponenten aus den USA, Kanada, Japan und Taiwan.
CNN zitiert aus einem Bericht, den die Ukraine Ende letzten Jahres an die US-Regierung übergeben hat. Bei den gefundenen ausländischen Bauteilen handelte es sich unter anderem um Halbleiter und GPS-Empfänger.
Welches Bauteil von U-Blox stammt, erwähnt CNN nicht. Das Unternehmen selber sagte am Donnerstag auf Anfrage, dass es sich mutmasslich um einen GPS-Empfänger handle. Exakt bestimmen lasse sich das Produkt aber nicht. U-Blox ist ein Spin-off der ETH Zürich und entwickelt seit Ende der 1990er-Jahre solche Chips, die auch für die Lokalisierung einer Drohne genutzt werden können. Verkauft werden diese zum grössten Teil an Kunden aus der Industrie und der Autobranche.
Bauteil auch in russischer Überwachungsdrohne
Laut U-Blox sind seine Produkte nur für den kommerziellen Gebrauch bestimmt. Die Verwendung für russische Militärausrüstung sei «eine klare Verletzung der Verkaufsbedingungen, die sowohl für Kunden als auch für Distributoren gelten». Diese Bedingungen würden seit 2002 gelten. Verkäufe nach Russland habe man Anfang Jahr nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine komplett gestoppt. Ungeachtet des Verwendungszwecks der Produkte. In den Iran habe man in der ganzen Unternehmensgeschichte noch nie ein Produkt geliefert, sagt Sven Etzold, Leiter Business Marketing.
Er muss solche Fragen nicht zum ersten Mal beantworten. Schon im Sommer hatte der «SonntagsBlick» über die Untersuchung einer britischen Forschergruppe berichtet. Diese hatte in einer russischen Überwachungsdrohne des Typs Orlan-10 einen GPS-Empfänger von U-Blox gefunden. Die Drohne war 2016 in der Ostukraine geborgen worden. Ob Empfänger von U-Blox bis heute in der russischen Überwachungsdrohne eingesetzt werden, ist unklar. Es gibt Hinweise, dass Russland als Vorbereitung auf seinen Angriff auf die Ukraine gezielt Vorräte an westlichen Komponenten angelegt hat.
Man habe 2018 erfahren, dass ein 2012 verkaufter Empfänger in einer militärischen Applikation verwendet wurde, sagt Sven Etzold zum Fall der Orlan-Drohne. Die von U-Blox entwickelten Produkte werden in Massen von Auftragsfertigern in verschiedenen Ländern hergestellt. Im Fall der Shahed-Drohne hat das Unternehmen noch keine Hinweise, wie der Empfänger in den Iran gelangte.
Lieferung in den Iran verboten
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ist in der Schweiz zuständig für Exportkontrollen. Es hat Kenntnis von Komponenten mit Schweizer Bezug in ausländischen Waffensystemen, wie es auf Anfrage mitteilt. Zum Fall U-Blox äussert es sich nicht.
Allgemein handelt es sich laut dem Seco bei solchen GPS-Empfängern um sogenannte kommerzielle Industriegüter. Ihre Ausfuhr ist grundsätzlich nicht bewilligungspflichtig. Der Export aus der Schweiz in den Iran ist aber seit 2007 durch die Sanktionen verboten, nach Russland seit März 2022. In der Regel würden solche Güter mit einer breiten zivilen Anwendung jedoch ausserhalb der Schweiz hergestellt und vertrieben, schreibt das Seco. Es sei davon auszugehen, dass der Iran und Russland solche auf dem weltweiten Markt frei verfügbaren Güter für ihre Waffenprogramme beschafft hätten.
U-Blox ist nicht das erste Schweizer Unternehmen, dessen Technik bei von Russland eingesetzten Waffen in der Ukraine gefunden wurde. Gemäss einem Bericht des britischen Royal United Services Institute vom August wurden Mikrocontroller und Transistoren des Konzerns STMicroelectronics mit Hauptsitz im Kanton Genf in russischen Drohnen und Raketen entdeckt.
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