In eigener SacheWie unsere Redaktion vor Abstimmungen zu ihrer Position kommt
Unser Leitartikel zur 13. AHV-Rente hat viele Reaktionen in der Leserschaft ausgelöst. Unter anderem stellte sich die Frage, wie wir zu unserer Positionierung kommen. Hier lesen Sie, wie.
Die Redaktion des «Tages-Anzeigers» führt jeweils im Vorfeld der eidgenössischen Abstimmungen eine Konferenz durch, in der die anstehenden Vorlagen diskutiert werden. Dabei wird in einem demokratischen Verfahren auch über die eigene Positionierung zu den Vorlagen befunden. Je nach Stimmenverhältnis wird eine befürwortende oder eine ablehnende Position definiert, häufig ergibt sich in diesem Prozess auch eine kontradiktorische Haltung – wir publizieren dann ein «Pro/Kontra».
Die Positionierung der Redaktion kommt vor jeder Abstimmung und zu jeder Vorlage jeweils im sogenannten Leitartikel zum Ausdruck. Der Leitartikel ist ein Meinungsstück. Er zeigt die Argumentation der schreibenden Person (im Fall der 13. AHV-Rente: der Chefredaktorin) und basiert auf dem vorgängig definierten Positionsbezug der Redaktion. In diesem Prozess hat die Chefredaktorin ein Vetorecht. Davon hat sie aber bei der 13. AHV-Rente nicht Gebrauch gemacht, weil ihre Meinung deckungsgleich mit jener der per Stimmabgabe demokratisch ermittelten Mehrheit der Redaktion ist.
In der restlichen Berichterstattung, die einem fein austarierten Konzept folgt, bilden wir die Argumente der Befürworter und Gegner einer Vorlage ausgewogen ab und lassen alle Seiten zu Wort kommen. So haben wir zum Beispiel bei der 13. AHV-Rente sowohl Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss als auch Alt-Bundesrat Pascal Couchepin, beides ehemalige Sozialminister, jeweils in Interviews gebracht. Zudem ist es uns immer wichtig, die Perspektive Direktbetroffener einzubringen, was wir in diesem Fall mit den Porträts zahlreicher Rentnerinnen und Rentner gemacht haben.
Das Vorgehen mit der Konferenz und dem Positionsbezug ist nicht neu, es wird auf unserer Redaktion seit Jahrzehnten mit den gleichen Regeln durchgeführt. Wir stellen grundsätzlich fest, dass die Wogen bei der Abstimmung zur 13. AHV-Rente ausserordentlich hoch gehen. Dies ist für uns kein Grund, von unserem traditionellen Positionsbezug abzuweichen. Es ist eine im Schweizer Journalismus übliche Vorgehensweise. So empfehlen etwa auch die NZZ oder sämtliche Medien des CH-Media-Verlags («St. Galler Tagblatt», «Aargauer Zeitung», «Luzerner Zeitung» usw.) Abstimmungsvorlagen zur Annahme oder zur Ablehnung.
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