Albisgüetli-Tagung in ZürichViola Amherd gibt SVP einen Korb, dafür kommt der Gewerkschaftsboss
Die Bundespräsidentin will nicht als Gegenrednerin von Christoph Blocher auftreten. Dafür springt Pierre-Yves Maillard ein – und der SP-Ständerat könnte mit einem bestimmten Thema bei der SVP-Basis punkten.
Am 19. Januar findet die 36. Ausgabe der Albisgüetli-Tagung der Zürcher SVP statt. Wie immer wird Doyen Christoph Blocher eine programmatische Rede halten, wie immer war für die Gegenrede der Bundespräsident oder in diesem Fall die Bundespräsidentin eingeladen.
Doch Viola Amherd sagte aus terminlichen Gründen ab. «Das ist schade und ehrlich gesagt auch ein bisschen schwach», sagt Domenik Ledergerber, Präsident der Zürcher SVP. Die Mitte-Verteidigungsministerin hätte aus seiner Sicht ein Heimspiel gehabt, wenn sie zum Beispiel über das Thema Sicherheit und Armee gesprochen hätte.
Da Amherd gemäss Ledergerber «eher spät» abgesagt hat, stand die SVP vor einem Problem. Vor drei Wochen war noch unklar, wer die Bundespräsidentin ersetzt, wie CH Media damals schrieb.
Auch Beat Jans sagte ab
Eine Option war der neue SP-Bundesrat Beat Jans. Doch auch er sagte ab, wofür Ledergerber Verständnis hat, da sich frisch gewählte Regierungsmitglieder in der Regel mindestens hundert Tage lang nicht programmatisch in der Öffentlichkeit äussern.
Nun hat die Zürcher SVP doch eine Politgrösse gefunden. Als Blocher-Gegenredner wird Pierre-Yves Maillard auftreten. Der Waadtländer SP-Ständerat und Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds gilt als einer der einflussreichsten Politiker. Er wurde immer wieder als Bundesratskandidat gehandelt und ist ein enger Vertrauter von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.
Dass der höchste Gewerkschafter im SVP-Albisgüetli auftritt, hat durchaus seinen Reiz. So gibt es etwa beim Thema Vertrag mit der EU Berührungspunkte mit Blocher. Maillard gilt als Vertragsskeptiker, wenn auch aus anderen Gründen als der SVP-Vordenker. Für den Gewerkschafter steht der Lohnschutz an vorderster Stelle, für den Rechtsnationalisten die Unabhängigkeit der Schweiz.
Dass Blocher den vom Bundesrat erneut anvisierten Wirtschaftsvertrag mit der EU als Redethema wählen wird, liegt auf der Hand. Maillard wiederum könnte die AHV thematisieren, da am 3. März über die 13. AHV-Rente abgestimmt wird. Brisant dabei: Umfragen zeigen, dass die SVP-Basis dem Ausbau des Sozialstaats nicht abgeneigt ist, auch wenn die Partei dagegen ist.
Wieder ein Gewerkschafter
Viola Amherds Absage reiht sich ein in viele präsidiale Absagen. In den letzten 36 Jahren kamen nur 16 Bundespräsidentinnen und -präsidenten ins Albisgüetli, 20 schwänzten. Letztes Jahr hatte Alain Berset (SP) abgesagt, 2020 Simonetta Sommaruga (SP). Sie war aber 2015 an den Fuss des Uetliberg gekommen, als sie erstmals Bundespräsidentin geworden war. Vor vier Jahren wurde Sommaruga übrigens wie Amherd durch einen Gewerkschafter vertreten. Damals hatte sich Ex-SP-Nationalrat (und EU-Skeptiker) Corrado Pardini in die Höhle des Löwen gewagt.
Der letzte Bundespräsident war Ignazio Cassis (FDP) vor zwei Jahren. Im Vorjahr war Guy Parmelin (SVP) aufgetreten, Corona-bedingt aber nur online.
Das Albisgüetli scheint bei Politikerinnen und Politikern der Mitte beziehungsweise der CVP nicht sehr beliebt zu sein. Der letzte Redner war Arnold Koller im Jahr 1997. Danach haben Flavio Cotti, Joseph Deiss und zweimal Doris Leuthard abgesagt.
Gemäss SVP-Präsident Ledergerber war der SVP-Traditionsanlas dieses Jahr sehr schnell ausverkauft. Mehr als 1000 SVPlerinnen und SVPler plus Gäste dürfen also gespannt sein auf das Duell Blocher vs. Maillard – und ob wie letztes Jahr die umstrittene AfD-Politikerin Alice Weidel wieder unter den Gästen sein wird.
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