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Giro-Umsturz auf Stelvio-Etappe
Sunweb siegt in einem riskanten Spiel

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2758 Meter über Meer: Die Etappe über den zweithöchsten Alpenpass Europas bereitete einigen Fahrern Schwierigkeiten.
Die nächsten neuen Gesichter: Jai Hindley (l.) gewinnt die Königsetappe, Tao Geoghegan Hart ist ihm nach grossem Effort im Sprint unterlegen.
2758 Meter über Meer: Die Etappe über den zweithöchsten Alpenpass Europas bereitete einigen Fahrern Schwierigkeiten.
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Vor Monaten sprachen sie schon von ihr – von der Stelvio-Etappe. Vor zweieinhalb Wochen wieder, am Start auf Sizilien, als dieses Monster von einem Pass noch unvorstellbar weit entfernt war. Sprachen davon, ob der kühne Plan überhaupt aufgehen könne: Ende Oktober über den zweithöchsten Alpenpass Europas. Und davon, wie dieser das Rennen, diesen Giro d’Italia prägen könnte.

Dann ist der Tag da, die 18. Etappe – und der Pass, Sehnsuchtsobjekt aller Hobby-Gümmeler, macht, was von ihm erhofft wurde: Er spielt entlang seiner 49 Kehren hinauf auf 2758 Meter über Meer den Richter.

Sein erstes Urteil fällt er gegen Joao Almeida. Für den Leader geht 10 Kilometer vor der Passhöhe und 50 vor dem Ziel der rosarote Traum zu Ende. Der Portugiese, während 16 Etappen in der Maglia rosa, kann den Favoriten nicht mehr folgen: Und nur ein Kilometer später ist er virtuell auch schon sein Leadertrikot los – wenig überraschend, weist Wilco Kelderman doch nur 17 Sekunden Rückstand auf.

Wenn der Helfer stärker klettert als der Chef

Der Niederländer ist in einer brillanten Position, sollte man meinen: Auf seine nächsten Verfolger hat er ein Polster von 2:40 Minuten – und in Jai Hindley den stärksten Helfer aller Konkurrenten. Alles klar also?

Alles andere als das. Denn was sich schon in früheren Anstiegen in diesem Giro angedeutet hat, zeigt sich nun erneut: Bergauf ist Helfer Hindley stärker als Kelderman. Keine zwei Kilometer nachdem er virtuell in Rosa gefahren ist, kann Kelderman Hindley nicht mehr folgen. Und der wartet nicht. Es ist eine so mutig-offensive wie auch logische Taktik, die das Team Sunweb fährt: Hindley folgt Ineos-Leader Tao Geoghengan Hart, der in Rohan Dennis noch einen Helfer hat. Die Variante ist möglich, weil Geoghengan Hart und Hindley im Gesamtklassement 2:42 respektive 2:41 Minuten hinter Kelderman zurückliegen.

Nur ein Anflug von Polemik

Allerdings sind es auch noch 45 Kilometer bis ins Ziel. Doch Kelderman hält sich gut, verliert bis zur Passhöhe nur 49 Sekunden auf die jungen Wilden weiter vorne, macht in der langen Abfahrt hinab nach Bormio gar ein paar Sekunden gut. Doch er spürt den Effort: Erst büsst er in der Anfahrt zum Schlussaufstieg zu den Laghi di Cancano Zeit ein. Er ist nun am Limit, verwirft die Hände, als das Sunweb-Teamauto nach vorne davonprescht, nachdem es ihm einen Bidon gereicht hat. Im Fernsehen wird er später gefragt: «Was war die Taktik, dass Hindley vorne mitfuhr?» Er antwortet: «Ich weiss es auch nicht.» Es ist der einzige Anflug von Polemik, ansonsten bleiben die Teamkollegen bei braven Floskeln.

Die Situation ist kompliziert: Kelderman ist zwar der klare Sunweb-Leader. Aber nicht der Mann der Zukunft – er wechselt 2021 zu Bora-Hansgrohe. Anders Hindley. Ob das ein Faktor ist? Hindley jedenfalls rollt am Hinterrad von Geoghengan Hart die Kehren zu den Laghi di Cancano hinauf, ohne auch nur einen Meter Führungsarbeit leisten zu müssen – stets auf seinen Teamleader weiter hinten verweisend. Geoghengan Hart akzeptiert die Situation, weil ihm Warten nichts bringt, er fährt hier plötzlich nicht nur um einen Podestplatz, sondern um die Chance auf den Gesamtsieg.

Erst das Zeitfahren am Sonntag entscheidet

Dass der Waliser dann im Endspurt dem ausgeruhteren Australier unterliegt, hat seine Logik. Als Sieger dürfen sich beide fühlen, erst recht, als sie sehen, wie sehr Kelderman auf den letzten Kilometern noch leidet und Zeit verliert. Er darf sich zwar als neuer Gesamtführender feiern lassen. Aber nur gerade mit 12 respektive 15 Sekunden Vorsprung auf Hindley und Geoghengan Hart.

Für Sunweb ist es der perfekte Tag: Etappensieg, Rang 1 und 2 im Gesamtklassement. Nur bleibt offen, ob sich die Risikostrategie auszahlt. Geoghengan Hart hat die Form, um Kelderman am Samstag erneut zu distanzieren. Zugleich ist der Niederländer der Beste unter den Top 3 im Zeitfahren – und damit schliesst am Sonntag der Giro.

Kurz: Nach dem Stelvio ist am Giro d’Italia alles anders. Aber alles bleibt offen.

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Kehre und Kehre: Doch der virtuelle Gesamtleader kämpft sich erfolgreich hoch, verliert verhältnismässig wenig Zeit.
Bittersüsser Erfolg: Wilco Kelderman mit der ersten Maglia rosa seiner Karriere.
Schwere Momente: Die Passhöhe ist schon in Sichtweite, zugleich aber noch sehr weit entfernt für Kelderman. 

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