Amtsenthebung in SüdkoreaAbstimmung gescheitert – Präsident Yoon entgeht der Suspendierung
Die konservative PPP boykottiert die Amtsenthebung und stellt sich hinter ihren Präsidenten. Nun könnten die Proteste in der Bevölkerung lauter werden.
Ein Antrag auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol ist am Widerstand von dessen Partei gescheitert. Die meisten Abgeordneten der Regierungspartei boykottierten am Samstag die Abstimmung in Seoul. Am Ende gaben nur 195 der 300 Parlamentarier ihre Stimme ab. Damit verfehlte der Antrag das Quorum um fünf Stimmen. Die Oppositionsparteien, die den Antrag gestellt hatten, verfügten über 192 Sitze, aber nur drei Abgeordnete von Yoons PPP nahmen an der Abstimmung teil.
Zwar kritisierten auch die regierenden Konservativen die Verhängung des Kriegsrechts durch den Präsidenten am Dienstag. Eine Amtsenthebung lehnten sich jedoch ab, weil sie befürchten, die Präsidentschaft an die Liberalen zu verlieren. Vertreter der Opposition kündigten an, einen neuen Antrag vorzubereiten. Das Land werde noch vor dem Jahresende zur Normalität zurückkehren, sagte der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Lee Jae Myung.
Demonstranten fordern Rücktritt
Yoon bleibt also vorerst Präsident. Doch der öffentliche Druck gegen den 63-Jährigen dürfte auch in den kommenden Tagen nicht nachlassen. Die Ablehnung des Antrags dürfte die Proteste gegen Yoon anheizen, denn laut einer Umfrage unterstützt eine Mehrheit der Menschen in Südkorea die Absetzung des Präsidenten.
Vor dem Parlamentsgebäude waren erneut viele Demonstranten, die lautstark eine Amtsenthebung von Yoon forderten. Laut der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap sind mit Stand Samstagabend (Ortszeit) mehr als 100’000 Menschen vors Parlamentsgebäude gezogen. Bislang seien die Proteste friedlich geblieben.
Yoon entschuldigt sich
Im Vorfeld der Abstimmung über das Amtsenthebungsverfahren hatte Yoon Suk-yeol sich bei seinem Volk für das vorübergehende Verhängen des Kriegsrechts entschuldigt. In einer live im Fernsehen übertragenen Rede versprach Yoon zudem, dass so etwas unter seiner Führung nicht wieder geben werde. Er werde die «rechtliche und politische Verantwortung» für sein Handeln übernehmen und es seiner Partei überlassen, wie lange er im Amt bleiben solle. Weitere Einzelheiten nannte er nicht.
Es war das erste Mal, dass sich Yoon seit Beginn der Staatskrise direkt an die Öffentlichkeit gewandt hat. Am späten Dienstagabend hatte Yoon überraschend das Kriegsrecht in Kraft gesetzt und es wenige Stunden später nach massivem politischem Widerstand wieder aufgehoben. Es war das erste Mal seit dem Übergang Südkoreas zur Demokratie Ende der 1980er Jahre, dass das Staatsoberhaupt des Landes das Kriegsrecht verhängte.
Die Opposition reichte daraufhin einen Antrag für ein Amtsenthebungsverfahren im Parlament ein. Die grösste Oppositionspartei wirft dem konservativen Staatsoberhaupt Verfassungsbruch vor und fordert seinen sofortigen Rücktritt.
Parteichef: Rücktritt sei «unausweichlich»
Der Chef von Yoons Partei hatte kurz nach dessen TV-Ansprache einen Rücktritt des Staatschefs als unvermeidlich bezeichnet. «Die normale Ausübung des Amtes des Präsidenten ist unter den Umständen nicht möglich, und ein vorzeitiger Rücktritt des Präsidenten ist unausweichlich», sagte der Chef der PP-Partei, Han Dong Hoon, zu Reportern.
DPA/AFP/ij
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