Kommentar zur TabakpräventionStriktere Werbeverbote erhalten Auftrieb – und das ist gut so
Der jüngste Tabaklobby-Index stellt der Schweiz ein schlechtes Zeugnis aus. Aber nicht das Lobbying ist das vordringliche Problem.
Die Tabakindustrie mische sich massiv in die Schweizer Politik ein, um ihre tödlichen und schädlichen Produkte frei vermarkten und verkaufen zu können: Diese Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz beruht auf dem jüngsten Tabakindustrielobby-Index. Tatsächlich figuriert die Eidgenossenschaft dort auf dem zweitletzten Rang. Der Bericht kommt zum Schluss, dass in der hiesigen Politik die Tabaklobbyisten ein leichtes Spiel hätten.
Akribisch werden Einzelfälle gelistet, um zu dokumentieren, wie anfällig Bundesräte und Parlamentarier für die Einflüsterungen multinationaler Konzerne wie Philip Morris oder British Tobacco seien. Dass diese ihren Spielraum nutzen und oft etwas gar forsch auftreten, ist aber kein spezifisches Problem der Tabakindustrie. Sondern bewusst vom Volk so gewollt: Das eidgenössische Parlament funktioniert mit Teilzeitpolitikern, die auch noch anderen Tätigkeiten nachgehen müssen. Und es ist ja nicht so, dass sie dies im Geheimen machen. Die Parlamentarier müssen ihre Mandate offenlegen. So kann mindestens eingeordnet werden, wenn ein Krankenkassenvertreter für höhere Beiträge der Kantone an die Gesundheitskosten lobbyiert oder eben der Präsident der Vereinigung des Schweizer Tabakwarenhandels gegen Werbeverbote antritt.
«Das Ziel muss sein, dass die Jungen gar nicht erst zum Glimmstängel greifen.»
Diese Fixierung auf das Lobbying vernebelt den Blick auf das viel drängendere Problem: den Schutz der Jugend vor den schädlichen Auswirkungen des blauen Dunstes. Das Ziel muss sein, dass die Jungen gar nicht erst zum Glimmstängel greifen. Nur haben es die eidgenössischen Räte verpasst, das in der Herbstsession verabschiedete Tabakproduktegesetz mit einem griffigen Jugendschutz zu versehen – die Werbevorschriften bleiben zu lasch.
Damit erhält die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» gewaltigen Auftrieb. Sie will jede Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht, verbieten. Obwohl dies in der Umsetzung nicht ganz einfach werden dürfte, ist dies ein gangbarer Weg – und ein bisschen auch die Quittung für die etwas zu offenen Ohren für die Anliegen der Tabaklobby.
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