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Bezirksgericht Uster
Gericht will zweites Gutachten über autistischen Stalker

Das Bezirksgericht Uster befasste sich am Donnerstag mit einem Stalker, der eine Frau erschlagen hat.
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Der 35-Jährige, der im Februar 2019 in Dübendorf eine 29-jährige Frau erschlagen hat, ist laut psychiatrischem Gutachter nicht schuldfähig. Der Mann leide an Asperger Autismus, sagte er am Donnerstag vor dem Bezirksgericht Uster.

Asperger Autismus werde zwar zur Zeit immer mehr zu einer Modediagnose. Bei dem Beschuldigten seien allerdings schon in früher Kindheit Anzeichen für die Krankheit festgestellt, aber ungenügend behandelt worden.

Die Tat, und dass der Mann keine Alternativen dazu gesehen habe, hänge eng zusammen mit der Krankheit. Diese könne nicht geheilt werden, der Mann könne aber lernen, mit seinen Defiziten umzugehen. Damit könne die Rückfallgefahr stark gesenkt werden

Die «tiefgreifende Entwicklungsstörung» hat laut dem Experten insbesondere zur Folge, dass der Mann in seinem Sozialverhalten schwer behindert ist. Ihm fehlt jedes Einfühlungsvermögen. Mimik, Blicke, hingeworfene Bemerkungen kann er nicht deuten. Er braucht Erklärungen.

Keine Einschränkung habe die Krankheit dagegen auf andere Bereiche, etwa auf das Arbeitsverhalten des Beschuldigten: Er arbeitete zur Tatzeit in einem Wiedereingliederungsbetrieb.

Was bedeutet ein Kuss?

Dort lernte er sein späteres Opfer kennen und verliebte sich. Die junge Frau war ihm anfangs durchaus zugetan, wie der Psychiater sagte. Auch mit diesen Gefühlen konnte der Mann nichts anfangen. Als sie ihm einmal einen Kuss gab, musste er googeln, was das zu bedeuten habe.

Als die Frau zu einem Treffen nicht erschien, kam die Störung des Mannes voll zum Tragen: Er bestand auf einer Erklärung und begann deshalb, der Frau nachzustellen, was diese verängstigte. 2011 wurde die Polizei eingeschaltet.

Als die Beamten den Beschuldigten aufsuchten, um mit ihm zu reden, war das für ihn laut Psychiater absolut einschneidend. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es für die Polizei um eine Bagatelle gehe. Er glaubte, ihm würde Schlimmes vorgeworfen – etwa eine Vergewaltigung. Damit war für ihn klar, dass die junge Frau ihn schwer verleumdete.

Wunsch nach Vergeltung

Dieser Gedanke beherrschte nun sein Leben, und er verblasste nicht mit den Jahren. Immerhin hörte der Beschuldigte auf mit seinen Nachstellungen. Die Verstörung und Wut wegen der vermeintlichen Verleumdungen arbeiteten weiter in ihm und es entstand ein Wunsch nach Vergeltung. 2018 fing er wieder an mit dem Stalking.

Im Februar 2019 «hielt ich es nicht mehr aus», sagte der Beschuldigte vor Gericht. Er «wollte sie abschlagen». Es sei ihm bewusst gewesen, dass das nicht richtig sei, aber er habe «keinen anderen Weg» gesehen.

Am frühen Morgen des 13. Februar 2019 packte er unter anderem einen Fäustel und eine Kamera ein, fuhr zum Wohnort der Frau und wartete, bis sie aus dem Haus kam. Mehrmals schlug er ihr den Fäustel auf den Kopf. Als die Schwerverletzte am Boden lag, entfernte er sich ein wenig, kam dann zurück, schlug noch zweimal mit dem Fäustel zu, filmte das Opfer und riss ihr die Halskette ab.

Klinik statt Gefängnis

Der Staatsanwalt stuft die Tat als Mord ein. Er beantragte jedoch, den geständigen Beschuldigten als schuldunfähig zu erklären und in eine Klinik einzuweisen. Dies befürwortete auch der Verteidiger. Er will die Tat aber als vorsätzliche Tötung qualifiziert haben.

Das Gericht beschloss, noch kein Urteil zu fällen und ordnete ein zweites psychiatrisches Gutachten zur Schuldfähigkeit des Mannes an. Es gebe keinen Zweifel daran, dass der Beschuldigte an Asperger Autismus leide, sagte der vorsitzende Richter. Es sei auch klar, dass diese Krankheit mit der Tat zusammenhänge. Aus diesem Grund werde er mit grösster Wahrscheinlichkeit in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Unklar ist für das Gericht aber, ob der Mann vollständig oder nur teilweise schuldunfähig ist.

SDA