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Spaniens Kuss-Skandal
Jetzt wird es richtig absurd: Die Mutter hungert in der Kirche

Leidet, betet und bangt: Ángeles Béjar, Mutter des spanischen Fussballchefs Luis Rubiales, sperrt sich in die Kirche ihres Wohnorts Motril ein. 
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In diesem Fall scheint es für Absurditäten keine Grenzen zu geben.

Seit Tagen wird Luis Rubiales, der Chef des spanischen Fussballverbandes, verbal attackiert, weil er eine Spielerin nach dem WM-Final auf den Mund küsste. Nun plötzlich spielt in dieser Posse, die immer weitere Kreise zieht, auch seine Mutter eine Rolle. Eine ziemlich eigenartige.

Die betagte Dame trägt den Namen Ángeles Béjar und hat sich in ihrer Heimatstadt Motril, in Andalusien und Meeresnähe gelegen, in einer Kirche eingeschlossen. Damit zieht sie seit Montagmittag die Aufmerksamkeit sämtlicher spanischen Zeitungen, Radios und TV-Stationen auf sich und die wenig prunkvolle Iglesia Divina Pastora.

Journalisten und Kamerateams haben sich vor dem schlichten Eingang des weissen Gebäudes mit dem roten Torbogen eingefunden. Schliesslich ist Béjars Sohn in den vergangenen Tagen von aller (Fussball-)Welt mit Vorwürfen und Rücktrittsforderungen übersät worden. (Lesen Sie hier unseren Kommentar.)

Als das Frauen-Nationalteam die WM in Australien und Neuseeland jüngst mit einem 1:0 gegen England und mit dem Titel beendete, freute sich Rubiales ausgelassen. Er griff sich zum Jubel erst einmal in den Schritt – es war der erste Fehlgriff. Der zweite sorgte dann für den ganz grossen Aufschrei: Nachdem er spanische Spielerin um spanische Spielerin umarmt hatte, war die Reihe an Jenni Hermoso, Stürmerin beim mexikanischen CF Pachuca Femenil. Bei ihr beliess es Rubiales nicht bei einer Umarmung, er packte ihren Kopf und küsste sie auf den Mund.

Vielleicht hätte der 46-Jährige den Fall noch irgendwie unter Kontrolle gekriegt, hätte er sich danach nicht gegen die Kritiker gewehrt und mit seinem uneinsichtigen Verhalten nur alles noch schlimmer gemacht.

Sie spricht von einer «unmenschlichen und blutigen Jagd»

So aber folgte das, was nun die Frau in der Kirche als «unmenschliche und blutige Jagd» auf ihren Sohn bezeichnet. Es reicht ihr als Zeichen des Protests nicht, sich einfach nur im Gotteshaus zu verbarrikadieren. Nein, sie hat auch einen Hungerstreik angekündigt. Tag und Nacht bleibe sie hier – bis «der Gerechtigkeit Genüge getan ist», lässt sie ausrichten. «Sie machen mit meinem Sohn etwas, das er nicht verdient hat.»

Eine Cousine spricht daraufhin aufgebracht in die Mikrofone, die gegen Montagabend immer mehr werden. «Wir als Familie leiden sehr, wir wollen in Ruhe gelassen werden. Wir mussten unsere Häuser verlassen, sie hören nicht auf, uns zu belagern.» Dann richtet sie sich an die unfreiwillig geküsste Hermoso: «Jenni, wir wollen, dass du die Wahrheit sagst.»

Auch die Mutter fordert die Spielerin auf, bei ihrer «ursprünglichen Version» zu bleiben, wonach die einseitige Liebkosung in gegenseitigem Einvernehmen geschehen sein soll. Rubiales’ Mutter dürfte sich bei ihrer Forderung auf eine Stellungnahme beziehen, die der spanische Fussballverband eiligst versandte, nachdem der Skandal geboren war – inklusive Zitate von Hermoso, in denen sie den Vorfall herunterspielte. Inzwischen gibt es aber erhebliche Zweifel, dass diese tatsächlich von Hermoso stammen.

Stattdessen meldete sich die Spielerin jüngst mit diesen Worten: «Ich fühlte mich verwundbar und als Opfer eines impulsgesteuerten, sexistischen, unangebrachten Aktes ohne jede Erlaubnis von meiner Seite. Einfach gesagt: Ich wurde nicht respektiert.» Auch forderte sie Konsequenzen für Rubiales, dessen Fall längst auch die Politik beschäftigt.

Alles andere als ein Ruhestand

Und nun also hat dieser ganze Gegenwind, der in einen Shitstorm erheblichen Ausmasses mündete, diese Frau in ihrem leichten grünen Sommerkleid und mit den braunen Locken in die Kirche getrieben, aber nach der Predigt nicht wieder hinaus. Die Verzweiflung von Ángeles Béjar soll gross sein, berichtet ein Freund der Familie. «Sie hört nicht auf zu weinen, zu beten und Gott anzuflehen. Sie hat ihre Grenze erreicht.»

Béjar, die ihr Leben lang als Coiffeuse arbeitete und in der 50’000-Einwohner-Stadt Motril ihren eigenen Salon betrieb, ehe sie sich pensionieren liess, hat nicht nur wegen ihres Sohnes eine schwierige Zeit hinter sich. Erst vor zwei Monaten soll in ihr Haus eingebrochen und darin einiges an Inventar verwüstet worden sein. Der Ruhestand hat für Béjar wenig mit dem eigentlichen Wortsinn gemein.