Tödliche Unfälle verhindernSP-Nationalrätin fordert PS-Beschränkung für Junglenker
Der Nationalrat entscheidet kommende Woche über eine PS-Obergrenze für Automobilisten mit wenig Erfahrung. Bei den Jungen kommt die Forderung schlecht an.
Der fröhliche Ausgang endete in einer Katastrophe. An einem Freitagabend im letzten November knallte ein 18-jähriger Lenker mit seinem Wagen auf der A2 bei Arisdorf in Baselland in eine Mauer. Ein 18-jähriger Insasse war sofort tot. Die vier anderen wurden schwer verletzt. Das Auto war ein schwarzer Mercedes AMG GT 63 mit 639 PS.
Tragödien dieser Art ereignen sich in der Schweiz praktisch wöchentlich. Junge Lenker – seltener Lenkerinnen – verunfallen mit hochgezüchteten Boliden. Dagegen will Gabriela Suter etwas tun. Die Aargauer SP-Nationalrätin verlangt in einem Vorstoss eine PS-Obergrenze für Automobilistinnen und Automobilisten, die erst vor kurzem die Fahrprüfung gemacht haben. Der Nationalrat entscheidet kommende Woche über Suters Motion.
«Eine fatale Mischung aus hoher Risikobereitschaft, Selbstüberschätzung und Unerfahrenheit mit PS-starken Fahrzeugen führt zu solchen Unfällen», sagt Suter. Die jungen Lenkerinnen und Lenker seien eine Hochrisikogruppe. «Eine Leistungsbeschränkung würde zu ihrem Schutz beitragen, aber auch andere Verkehrsteilnehmende vor Unfällen bewahren.»
Regel gilt schon für Motorräder
Wie hoch die PS-Obergrenze angesetzt werden soll, lässt die SP-Politikerin im Vorstoss offen. Ihr schwebt aber eine Limite von 200 PS vor, sodass junge Leute weiterhin das Familienauto und Carsharing-Fahrzeuge benutzen könnten. Vielmehr will Suter verhindern, dass junge Leute gezielt PS-Boliden mit 400 PS oder mehr mieten oder leasen.
Dass eine solche Regelung Junge diskriminiere – davon will Suter nichts wissen: «Die meisten Junglenker fahren keine teuren und PS-starken Autos. Zudem gibt es bei Motorrädern eine solche Leistungsbeschränkung für Neulenker schon lange.»
Der Bundesrat empfiehlt dem Parlament, die Motion abzulehnen. Er argumentiert, eine PS-Obergrenze habe laut Studien nur einen vernachlässigbaren Einfluss auf das Unfallgeschehen. Nationalrätin Suter kontert: «Jeder einzelne schwere Unfall, den wir so verhindern können, ist es wert.»
Suter wird in diesem Punkt von der Kantonspolizei Aargau gestützt. Deren Sprecherin Corina Winkler sagt: «Bei Personen mit Führerschein auf Probe kommt es immer wieder zu Verkehrsunfällen, weil diese die schiere Kraft von Sportwagen nicht beherrschen.» Oft würden sicherheitsrelevante Assistenzsysteme ausgeschaltet, um den «Spassfaktor» zu erhöhen. «Im Kontext zur Gesamtzahl der Verkehrsunfälle mag die Zahl von Unfällen dieser Art klein erscheinen – sie sind aber besonders sicherheitsrelevant und wären einfach zu vermeiden.»
Schlecht kommt der Vorstoss bei den Jungen selbst an. Julia Küng ist 21 und Co-Präsidentin der Jungen Grünen. Sie sagt: «Das Alter ist nicht der entscheidende Faktor bei den Geschwindigkeitsunfällen von Jungen, sondern dass manche versuchen, durch angeberisches Fahren Anschluss und Anerkennung zu finden.» Die Jungen Grünen streben deshalb eine PS-Reduktion für alle Altersgruppen an. «Das würde der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden sowie der Umwelt zugutekommen.»
Marc Rüdisüli ist 23 Jahre alt und Präsident der Jungen Mitte. Er sagt: «Eine PS-Begrenzung ist der falsche Ansatz, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.» Die Motorleistung spiele laut Untersuchungen bei Unfällen von Jungen kaum eine Rolle. «Zudem ist eine PS-Obergrenze in der Praxis kaum kontrollierbar, und man würde eine grosse Mehrheit für das verantwortungslose Fehlverhalten weniger bestrafen.» Rüdisüli hält es für sinnvoller, in der Fahrausbildung die Prävention zu verstärken.
«Ich würde Tempo 100 in der Schweiz begrüssen.»
Sogar Gabriela Suters eigene Jungpartei ist skeptisch: «Raserinnen und Raser gibt es leider in allen Altersklassen – sich nur auf Junge zu fokussieren, ist verkürzt», sagt Ronja Jansen. Die 27-jährige Juso-Präsidentin schlägt stattdessen eine Begrenzung der Fahrleistung aller Autos vor. «Ich würde es zudem auch begrüssen, wenn die Maximalgeschwindigkeit in der Schweiz auf 100 Kilometer pro Stunde begrenzt würde», sagt Jansen. Das schaffe mehr Sicherheit und habe auch einen positiven Effekt aufs Klima.
Motionen, die vom Bundesrat abgelehnt werden, haben es im Parlament schwer. Dessen ist sich Gabriela Suter bewusst. Umso mehr will sie kämpfen: «Ich habe gute Argumente und werde sie in der Debatte vorbringen.»
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