Hilfe bei MinenräumungSP fordert 100 Millionen für die Ukraine
Die Schweiz soll rasch ein internationales Programm zur Beseitigung von Minen aufbauen. Der Plan der SP hat Chancen im Parlament.
In der Ukraine sind grosse Flächen vermint. Selbst wenn der Angriffskrieg Russlands dereinst endet, bleiben die Minen eine grosse Gefahr für die Bevölkerung. Die SP-Bundeshausfraktion will nun mit einer Motion das Verteidigungsdepartement (VBS) verpflichten, über mehrere Jahre bis zu 100 Millionen Franken in ein «internationales Programm zur Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung in der Ukraine» zu investieren. Den Vorstoss hat die SP einstimmig verabschiedet. Er wird in der Frühjahrssession des Parlaments, die nächste Woche beginnt, eingereicht.
Die St. Galler Nationalrätin und Aussenpolitikerin Claudia Friedl sagt dazu: «Wir müssen mit einem substanziellen Beitrag aus dem VBS parat sein, wenn der Ukraine-Krieg vorbei ist. Eine spezifisch auf die Ukraine ausgerichtete humanitäre Minenräumung muss jetzt vorbereitet werden, damit nach einem Waffenstillstand oder nach Kriegsende Mittel, Maschinen und Leute bereitstehen.» Es gebe wohl auch Gebiete, wo sofort begonnen werden könne, sagt Friedl, wobei sie an Agrarflächen oder Dörfer denkt.
Heute engagiert sich die Schweiz bereits in fünf Minenräumprogrammen der UNO. Sie unterhält sodann das Genfer Zentrum für humanitäre Minenräumung; hinzu kommen Stiftungen und private Unternehmen. 18 Millionen Franken pro Jahr gibt der Bund für die Beseitigung von Minen aus. Stützt eine Mehrheit im Parlament die SP-Fraktionsmotion, würde dieser Betrag also vervielfacht.
Mitte-Politiker gibt sich offen
Friedel ist der Ansicht, dass nun alle Schweizer Minenräum-Behörden, Experten und Akteure an Bord geholt werden müssten. Dazu gehörten namentlich die Fondation Suisse de Déminage in Genf, eine humanitäre Organisation, die auf Entminung spezialisiert ist, das Kompetenzzentrum Kamir der Schweizer Armee in Spiez, aber auch privatwirtschaftliche Firmen.
Chancenlos scheint der Vorstoss nicht zu sein. Gelingt es der SP, neben den Grünen und der GLP auch Die Mitte von ihrem Plan zu überzeugen, könnte im Bundeshaus eine Mehrheit resultieren.
«Wir bei der Mitte sind offen und werden diesen Vorschlag wohlwollend prüfen.»
Interessant deshalb der Positionsbezug des Mitte-Politikers Alois Gmür, der zum rechten Parteiflügel gezählt wird. Der Schwyzer sagte am Montag am Rande einer Sitzung der Sicherheitspolitischen Kommission: «Wir bei der Mitte sind offen und werden diesen Vorschlag wohlwollend prüfen.» Er könne sich vorstellen, dass eine Mehrheit in seiner Fraktion den Vorstoss unterstütze. Heute werde beim Thema Ukraine allein über Munition, Panzer und andere Kampfmittel als Hilfe gesprochen. Mehr humanitäres Engagement der Schweiz aber, und dazu gehöre die Minenräumung, sei genauso notwendig wie der unablässige Versuch, Friedensverhandlungen zu ermöglichen.
Nicht einverstanden ist Gmür allerdings mit dem SP-Vorschlag, die vorgesehenen 100 Millionen dem Verteidigungsbudget zu belasten. Die Zusatzmillionen könnten nicht dem VBS «abgezwackt» werden, da die Armee das Geld brauche, um die Kampfeinheiten vollständig auszurüsten.
FDP-Politiker äussert Sicherheitsbedenken
Anders tönt es bei der FDP. Der Zürcher Aussenpolitiker Hans-Peter Portmann sagt, der SP-Vorstoss sei bereits in der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats Thema gewesen und dort sehr kritisch beurteilt worden. Fachleute würden aus Sicherheitsgründen abraten, heute in die Ukraine zu gehen, um Minen zu räumen. Derzeit seien Aussen- und Verteidigungsdepartement bereits mit Planungsarbeiten beschäftigt, um bei Vorliegen eines entsprechenden Friedenssicherungseinsatzes der UNO möglichst rasch aktiv werden zu können, was natürlich erst nach einem Waffenstillstand oder allenfalls mit einem Friedensvertrag opportun wäre.
Portmann ist für den Vorstoss nicht zu haben: Die Fraktionsmotion sei «pour la galérie», die SP wolle sich damit gegenüber der Öffentlichkeit in ein positives Licht rücken.
Die SP ist bei einem anderen Bereich der Ukraine-Hilfe unter Druck. In der Frühjahrssession berät das Parlament, wie Waffen aus Schweizer Produktion, die Drittstaaten gekauft haben, doch noch in die Ukraine geliefert werden können. Die SP ist in dieser Frage gespalten.
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