SP-Bundesratsrennen Zwei SP-Geheimfavoriten sagen ab – doch es gibt noch zwei weitere
Noch fünf Tage lang können SP-Politiker ihre Bundesratskandidatur anmelden. Was machen jetzt die Schwergewichte Maillard, Levrat, Meyer und Wermuth?
Sein Name hängt wie ein Schatten über allen Diskussionen um die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset: Pierre-Yves Maillard, 55 Jahre alt, Präsident des Gewerkschaftsbunds, am Sonntag in der Waadt mit einem Spitzenresultat in den Ständerat gewählt. Seine Konkurrenz hat Maillard regelrecht deklassiert.
Geht Maillard nach diesem Triumph noch einen Schritt weiter? Die Waadtländer Zeitung «24 Heures» rief Maillard am Montag auf der Frontseite dazu auf, für den Bundesrat zu kandidieren.
Tatsächlich wird inner- und ausserhalb der SP seit Wochen darüber spekuliert, ob Maillard noch ins Rennen steigt – so wie schon 2011, als er gegen Alain Berset unterlag. «Maillard will Bundesrat werden, seit er fünf Jahre alt ist», sagt ein politischer Weggefährte. Dieser erwartete – wie auch Mitglieder der SP-Fraktion –, dass Maillard mit einer allfälligen Kandidatur bis nach der Ständeratswahl zuwarten würde. Tatsächlich können Kandidaturen bei der SP noch bis am 29. Oktober angemeldet werden.
Maillards Entscheid
Doch Maillard enttäuscht seine Fans. Er kandidiere nicht und das sei definitiv, sagt Maillard auf Anfrage dieser Redaktion: «Erstens denke ich, dass es ein Deutschschweizer sein wird, und zweitens bin ich nicht vom Bundesrat besessen, wie es oft gesagt wird.»
Maillard argumentiert, zwischen seiner Rolle im Ständerat und im Gewerkschaftsbund stehe «viel auf dem Spiel». Und vor allem glaube er, «dass wir trotz der für die SVP günstigen Ergebnisse dieses Wochenendes unser Land mit den Abstimmungen im nächsten Jahr verändern können». Er erwähnt die Abstimmung über die Begrenzung der Krankenkassenprämien und die Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente.
Levrat überlegte sich Kandidatur
Nicht nur Maillard sagt definitiv ab, sondern auch ein weiterer SP-Mann, der immer als möglicher Überraschungskandidat gehandelt wird: Christian Levrat, Ex-Präsident der SP Schweiz und Verwaltungsratspräsident der Post. Ja, er habe sich eine Bundesratskandidatur überlegt, sagt Levrat im Gespräch. Die Post sei aber «ein entscheidendes Unternehmen für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, für den Service public und für das Schweizer Volk». Die Transformation der Post sei auf rund zehn Jahre angelegt, und es wäre «verantwortungslos, jetzt von Bord zu gehen».
Doch es gibt weitere mögliche Last-Minute-Kandidierende. Mattea Meyer und Cédric Wermuth, die das Co-Präsidium der SP bilden, haben eine mögliche Bundesratskandidatur vor den Wahlen explizit offengelassen. Jetzt sind die Wahlen vorbei – und sie machen es weiter spannend. «Bis gestern endete meine Welt am 22. Oktober, jetzt fängt sie wieder von vorne an», sagte Wermuth am Montag. Er werde sich die Frage einer Bundesratskandidatur nun «ernsthaft stellen» und bis am 29. Oktober beantworten. Auch Meyer sagt: «Wir werden unseren Entscheid wie angekündigt diese Woche bekannt geben.»
Mit einem Wahlsieg im Rücken
Das gute Wahlresultat der SP würde einer Kandidatur von Wermuth und Meyer zweifellos Schub verleihen – zumindest für die Nominierung durch die SP-Fraktion. 1,1 Prozentpunkte hat die SP am Sonntag gewonnen, das ist der grösste Zuwachs der Partei seit fast 30 Jahren. Kaum vorstellbar, dass die Fraktion ihren beiden Co-Präsidenten in dieser Situation die Nomination verweigern würde.
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Dennoch würden Meyer und Wermuth mit einer Kandidatur ein beträchtliches Risiko eingehen. Ein Parteichef, der eine Bundesratswahl verliert (oder nicht einmal dafür nominiert wird), wäre wohl dauerhaft angeschlagen. «Sie würden mit einer Kandidatur ihren eigenen Erfolg kaputtmachen», urteilt jedenfalls ein Mitglied der SP-Fraktion. Monatelang habe die Parteileitung SP-Politiker dazu ermuntert, ihre Kandidatur zu erklären. «Wenn sie nun im letzten Moment selber antreten, würde das die Fraktion in eine Zerreissprobe führen.»
Eine Frau und fünf Männer
Der Zürcher SP-Nationalrat Fabian Molina hatte sich bis zu den Wahlen ebenfalls als möglicher Bundesratskandidat im Gespräch gehalten. Am Dienstag erklärte Molina aber via die Plattform X seinen Verzicht.
Damit bleibt es am Tag 2 nach den Parlamentswahlen bei vorderhand einer Kandidatin und fünf Kandidaten: Evi Allemann, Daniel Jositsch, Matthias Aebischer, Beat Jans, Jon Pult und Roger Nordmann.
Im Volk, das die Bundesratsmitglieder bekanntlich nicht wählt, ist Daniel Jositsch haushoher Favorit. In einer Nachwahlbefragung von Tamedia und «20 Minuten» sagten 26 Prozent, Jositsch solle Nachfolger von Alain Berset werden. Auf Platz zwei folgt abgeschlagen Maillard (8 Prozent), dahinter kommen in dieser Reihenfolge Pult, Allemann und die übrigen vier Kandidaten.
Eine erste Version dieses Artikels wurde nach Fabian Molinas Verzichtserklärung aktualisiert.
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