Engpässe bei VersandStreit um Pakete: Post und Händler einigen sich
An einem runden Tisch haben sich Post, Handel, Logistik und Sozialpartner darauf verständigt, wie sie die Päckliflut wegen der Corona-Krise bewältigen können.
Die enorme Zunahme der Bestellungen im Onlinehandel in der Corona-Krise haben bei der Post zu Engpässen bei der Paketzustellung geführt. Handel und Post haben daher gemeinsam Entlastungsmassnahmen beschlossen.
Im Auftrag des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) und unter der Federführung der Post einigten sich am Dienstag Spitzenvertreter von Handel, Logistik und Sozialpartner am runden Tisch auf ein Massnahmenpaket.
Der gemeinsame Kraftakt ermögliche es, dass die Menschen weiterhin sicher zu Hause bleiben könnten, versorgt seien und gleichzeitig das Versorgungssystem bis auf Weiteres in der Schweiz aufrechterhalten bleibe, heisst es in einer Mitteilung der Post und der anderen Partner aus Versand- und Detailhandel vom Mittwoch.
Paketzentren als NadelöhrDas Nadelöhr ist die Paketmenge, die von den Post-Mitarbeitenden in den Paketzentren verarbeitet werden müssen. Aufgrund der Vorgaben zum Social Distancing kann nämlich die Anzahl der Beschäftigten trotz der grossen Mengen nicht beliebig erhöht werden.
Entlastung bringen soll ein Bündel an Massnahmen. So soll die Verarbeitung von kleinen Paketen künftig verstärkt über die Logistikkette des Briefversandes erfolgen. Mehrere Schweizer Paketdienstleister und Logistiker stellen einen Teil ihrer Sortier- und Transportkapazitäten der Post zur Verfügung.
Mit dem System Click&Collect sollen zudem die online bestellten Waren vermehrt in den offenen Verkaufsstellen der Händler und in den Postfilialen abgeholt werden können. Die Händler übernehmen auch für die Post einen Teil der Vorsortierung, etwa nach Grösse und Destination.
Je nach Entwicklung der Paketmengen und der Situation in der Schweiz sei jedoch zu erwarten, dass weitere Massnahmen in den nächsten Wochen notwendig würden, heisst es in der Medienmitteilung.
Am vergangenen Freitag hatte die Post die Reissleine gezogen und mitgeteilt, dass die 100 grössten Paketauftraggeber mit Kontingenten belegt würden. Sie könne die Paketflut sonst nicht mehr bewältigen.
Der Verband des Schweizerischen Versandhandels hatte sich alarmiert gezeigt. Verschiedene Online- und stationäre Händler hätten unterdessen ihre Kapazitäten aufgestockt oder verlagert, um der steigenden Online-Nachfrage Herr zu werden. Nun würden diese Bemühungen innert Tagesfrist in Frage gestellt.
Wie die Post gegenüber 20 Minuten mitteilt, lösen die neuen Massnahmen die zuvor beschlossene Kontingentierung ab. Diese habe nur als temporäre Notmassnahme gedient, um die Paketzentren zu entlasten.
Das Nadelöhr sei die Paketmenge, die die Mitarbeitenden in den Paketzentren verarbeiten. Die Anzahl der sortierten Pakete sei direkt abhängig von der Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Paketzentren. Diese könne aufgrund der Vorgaben zum Social Distancing nicht beliebig erhöht werden, heisst es weiter.
Vor diesem Hintergrund haben die Partner am runden Tisch unter anderem folgende Entlastungsmassnahmen beschlossen:
– Mehrere Schweizer Paketdienstleister und Logistiker stellen einen Teil ihrer Sortier- und Transportkapazitäten der Post zur Verfügung.
- Die Verarbeitung von kleinen Paketen erfolgt künftig verstärkt über die Logistikkette des Briefversandes.
- Click&Collect: Dieses System sieht vor, dass die online bestellten Waren vermehrt in den offenen Verkaufsstellen der Händler und den Postfilialen abgeholt werden können.
- Die Händler übernehmen für die Post individuell einen Teil der Vorsortierung.
- Im Sinne einer gemeinsamen Bewältigung der aktuellen Herausforderung stimmen sich die Akteure eng ab, um eine optimale Steuerung der Mengen sicherstellen zu können.
Je nach Entwicklung der Paketmengen und der Situation in der Schweiz ist jedoch zu erwarten, dass weitere Massnahmen in den nächsten Wochen notwendig werden.
Roberto Cirillo zu den Ergebnissen der Gesprächsrunde: «Wir haben gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung übernommen und zeigen, was wir in diesem Land auch in Krisenzeiten in kürzester Zeit auf die Beine stellen können», sagt der CEO der Post. «Mitbewerber und Sozialpartner sassen mit uns am runden Tisch und alle haben einen wichtigen Beitrag zur Lösung geleistet. Ein sinnbildlich partnerschaftlicher Schulterschluss, und das in Zeiten physischer Distanz. Ich danke allen Beteiligten für ihr konstruktives Mitwirken an der Lösung, welche die Grundversorgung der Schweiz auch weiterhin sicherstellt.»
Laut Post will man mit diesen Massnahmen die Grundversorgung in der Schweiz auch in dieser Krise sicherzustellen, schreibt die Post weiter. «Die Massnahmen dienen dazu, den Warenfluss im Onlinehandel auf möglichst hohem Niveau zu garantieren und die Gesundheit der Mitarbeitenden nicht zu gefährden.»
Massnahmen werden kaum ausreichen
Für Roland Brack ist klar: «Das gesamte Nonfood-Marktvolumen auf einen Schlag im Onlinehandel und per Zustellung abzuwickeln, ist mit den vorgegebenen Versandkapazitäten nicht möglich», wird der Gründer des Onlinehändlers Brack in der Mitteilung zitiert. Es sei deshalb dringend nötig, stationäre Ladenformate in die Landesversorgung miteinzubeziehen, wenn sie die Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) bezüglich Social Distancing gewährleisten können.
Für Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen haben die Massnahmen vor allem ein Ziel: «Die Menschen in der Schweiz sollen weiterhin die benötigte Ware bestellen können. Wir wollen auch in den kommenden Wochen für all jene da sein, die zu Hause bleiben.»
Allerdings könnten die jetzt beschlossenen Massnahmen nicht ausreichen. Denn die Paket-Flut dürfte weiter ansteigen. Daher erwartet die Post, dass weitere Schritte in den nächsten Wochen notwendig werden.
Fehler gefunden?Jetzt melden.