Putsch im NigerGeneral ernennt sich zu De-facto-Präsident
Im westafrikanischen Land haben Militärs geputscht und den Präsidenten festgesetzt. Nun hat sich Omar Tchiani, der Chef der Präsidentengarde, zum neuen Machthaber ernannt.
Der Chef der Präsidentengarde im Niger, General Omar Tchiani, hat sich selbst zum Präsidenten des Nationalen Rats und damit zum neuen Machthaber des Landes ernannt. Tchiani äusserte sich am Freitag im nationalen Fernsehen – zwei Tage, nachdem Offiziere der Präsidentengarde, einer Eliteeinheit des Militärs, den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt hatten.
Tchiani ist General des Heeres und wurde von Bazoums Vorgänger Mahamadou Issoufou nach dessen Amtsübernahme 2011 an die Spitze der Präsidentengarde befördert. Ob Tchiani Rückhalt der gesamten Armee hat, war zunächst unklar. Die Streitkräfte des westafrikanischen Landes hatten sich am Donnerstag der Forderung der rebellierenden Militärs nach einem Ende der Amtszeit von Bazoum angeschlossen.
In einer am Mittwochabend im Fernsehen von Oberst Amadou Abdramane verlesenen Erklärung hatte es geheissen, die «Verteidigungs- und Sicherheitskräfte» hätten «entschieden, dem Regime (...) ein Ende zu setzen». Mehrere Länder und internationale Organisationen verurteilten den Putschversuch und forderten die Freilassung Bazoums.
«Alle Institutionen» des Landes würden «bis auf weiteres» ausser Kraft gesetzt, die Grenzen geschlossen und eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, hatte Abdramane im Beisein neun weiterer uniformierter Militärs verkündet. Als Grund für den Staatsstreich führten sie, im Namen eines «Nationalen Rats für den Schutz des Vaterlandes» (CNSP), die Verschlechterung der Sicherheitssituation, die schwache Wirtschaft und die Regierungsführung Bazoums an.
Einer der letzten Verbündeten des Westens
Niger hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 bereits vier Putsche und zahllose Versuche der Machtübernahme erlebt. Der letzte Versuch einer Absetzung Bazoums war nach Angaben eines nigrischen Beamten im März, als sich der Präsident in der Türkei befand. Die Behörden äusserten sich dazu nie öffentlich. Bazoum war vor zwei Jahren beim ersten friedlichen Machtwechsel des Landes seit der Unabhängigkeit ins Amt gewählt worden.
Der Militärputsch wird international mit Sorge betrachtet. Die europäischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone erlitten dadurch einen schweren Rückschlag. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen.
EU droht mit Stopp der finanziellen Unterstützung
Für die EU ist die Lage im Niger auch bedeutend, weil es eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten ist, die die Küsten des Mittelmeeres erreichen und von dort aus nach Europa übersetzen wollen. Deshalb hatten die EU und Niger bereits im vergangenen Sommer vereinbart, beim Thema Menschenschmuggel enger zusammenzuarbeiten.
Die EU verurteilte den Militärputsch im Niger am Freitag in einer Erklärung «scharf» und drohte damit, die finanzielle Unterstützung für das Sahel-Land auszusetzen. «Jeder Bruch der verfassungsmässigen Ordnung wird Konsequenzen für die Zusammenarbeit zwischen der EU und Niger haben, einschliesslich der sofortigen Aussetzung jeglicher Budgethilfe», warnte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell.
Der Niger mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder der Welt. Auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen belegte das Land in der Sahelzone zuletzt Platz 189 von 191. Mehr als 40 Prozent der Menschen leben in extremer Armut.
SDA/step
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