Neue Angebote für GästeSo sollen mehr Touristen an den Zürichsee gelockt worden
Simon Elsener hört als Direktor von Rapperswil Zürichsee Tourismus auf – und sagt im Interview, wie er sich die touristische Zukunft der Region vorstellt.
Es dauert, bis Simon Elsener ein erstes Mal dazukommt, an seinem Espresso zu nippen. Wie gewohnt ist er redselig, wenn es um Tourismus geht. Das ist auch beim Interview auf dem Rapperswiler Hauptplatz so. Und aktuell passiert Wegweisendes: Elsener gibt das Amt als Tourismusdirektor ab, welches er seit der Fusion des Verkehrsvereins Rapperswil‑Jona und Zürichsee Tourismus 2016 innehat. Neu soll er den Verwaltungsrat der Tourismusorganisation Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee AG präsidieren.
Ein Urrapperswiler legt das Amt als Tourismusdirektor nieder. Muss man sich nun Sorgen machen, dass Rapperswil-Jona touristisch vergessen geht?
Ganz und gar nicht. Ich bleibe weiterhin Präsident von Rapperswil Zürichsee Tourismus und werde meine Handschrift weiterführen. Unsere Destination und Erfolgsfaktoren sollen beibehalten und gestärkt werden. Das heisst: Die enge Kooperation mit Zürich Tourismus soll weiter ausgebaut werden, um uns national und international bekannter zu machen. Aber wir wollen unter dem Dach von Rapperswil Zürichsee Tourismus auch die Geschichte des über 130-jährigen Verkehrsvereins von Rapperswil-Jona weiterschreiben. Das ist eine Gratwanderung.
Um was geht es denn konkret in Ihrem neuen Job?
Zuerst muss ich noch im Frühling zum Verwaltungsratspräsidenten der Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee AG gewählt werden. Der gemeinsame Raum über drei Kantone hinweg bietet ein riesiges touristisches Potenzial. Ich will die touristischen Leistungsträger und die Politik in dieser Region vernetzen, um so touristisch weiterzuwachsen. Natürlich soll dies im Einklang mit der Bevölkerung geschehen, die viele der Angebote als Naherholungsgebiet nutzt. Wir sind nicht wie Arosa, Zermatt oder Davos, wo ohne Touristen nicht viel los ist. Allein um den Zürichsee wohnen 1,5 Millionen Menschen. Sie gilt es zu begeistern.
Gleichzeitig beackern Sie eine Region, die zwischen Stuhl und Bank fällt: weder eine Metropole wie Zürich noch ein Tourismusmagnet wie das Bündnerland.
Einzelne Gäste bezeichnen das Schloss Rapperswil als «Castle of Zurich». Wir profitieren von der Zusammenarbeit mit Zürich Tourismus. Und wir gehören zu dieser Region dazu. Für uns ist wichtig, dass wir qualitativ gute Touristen nach Rapperswil, Einsiedeln, ins Wägital oder nach Amden-Weesen lotsen können. Wir brauchen keine Masse an Touristen, sondern möchten Tagestouristen dazu bringen, in der Region vermehrt zu übernachten.
Wie?
Das Hotel Moxy spielt uns natürlich in die Karten. Aber auch der Konzertsaal im Entra. Damit kommen Konzertreihen mit städtischem Format nach Rapperswil-Jona. Die Akustik wurde von den Gleichen gemacht, die in Hamburg die Elbphilharmonie ausgestattet haben. Das ist ein sehr hochwertiger Tourismus. Entsprechend gibt es bereits Anfragen von Firmen, die Übernachtungsmöglichkeiten für ein paar Hundert Leute suchen. Dafür genügend Betten zu finden, wird uns noch herausfordern.
«Die Neugestaltung des Schlosses wird jährlich ein paar Zehntausend Besucher anlocken.»
Aktuell kriegt man eher das Gefühl, dass die meisten Tagestouristen an schönen Wochenenden die Altstadt verstopfen, einen Gelato essen und wieder gehen. Wie kann dem entgegengewirkt werden?
Mit neuen Angeboten wie dem Foxtrail. So geben die Leute schon mal mehr aus als ihre 3.50 Franken für einen Kaffee oder das Parkticket. Das Ziel muss sein, dass unsere Projekte für die Bevölkerung einen Mehrwert bieten. Das Seenachtfest machen wir beispielsweise zu einem grossen Teil für die Einwohnerinnen und Einwohner der Region. Mit dem Schlossneubau, dem Bächlihof oder der neuen Gastronomie auf der Ufenau holen wir eine wertschöpfende Klientel in die Region. Dennoch wollen wir nie einen Overtourism wie auf dem Luzerner Schwanenplatz oder in Interlaken. Unser Tourismus soll nachhaltig sein, entsprechend investieren wir unsere Energie in solche Projekte.
Beim Oberseerundweg klappt das nicht wirklich. Dort sorgt ein geplanter Steg über die alte Linth beim Schwyzer Umweltrat für Kritik. Da das Bauvorhaben inmitten eines Landschaftsschutzgebiets geplant ist.
Es ist die grosse Herausforderung, in einem dicht besiedelten Gebiet Raum und Möglichkeiten zu finden, welche bei den verschiedenen Anspruchsgruppen auf hohe Akzeptanz stossen. Darum müssen die Gruppen frühzeitig ins Boot geholt werden. Das ist anscheinend zu wenig gelungen. Ich gehe davon aus, dass über einen konstruktiven Dialog Lösungen gefunden werden können.
Und was ist mit den Befürchtungen, dass dort Biker und Fussgänger die Natur stören?
Ich bin überzeugt, der Schlüssel zum Erfolg ist eine kontrollierte Wegführung. Wenn es keine klar abgetrennten Zonen für Fussgänger und solche für Biker gibt, sind Konflikte programmiert. Auch für die Natur. Die Trennung von Velos und Fussgängern wird künftig ein Thema für den Strandweg am Obersee. Das verhindert nicht nur Konflikte, sondern bietet auch für Touristen ein schönes, rundes Erlebnis. Die Personenströme müssen besser gelenkt werden. Wir versuchen, die Gemeinden und politischen Instanzen dafür zu motivieren. Einfach ist das nicht.
«Das Riesenrad wird in den Sommerferien wieder vier bis fünf Wochen hier sein.»
Schwierig für den Tourismus war zuletzt auch die Pandemie. Was zieht das für Veränderungen nach sich – etwa für den in der Region wichtigen Geschäftstourismus?
Am Zürichsee wird der Geschäftstourismus ein wichtiges Element bleiben. Firmen werden künftig aber wohl bewusster entscheiden, ob es wirklich ein physisches Erlebnis braucht. Ich glaube, dass der Geschäftstourismus auf 70 bis 80 Prozent zurückkommen wird. Mit dem Wirtschaftswachstum und Nachholbedarf kann bis in zwei oder drei Jahren das Vor-Corona-Niveau bereits wieder erreicht werden. Der Turnaround ist bereits geschafft.
Und beim Ausflugstourismus?
Der Trend weg von der Masse dürfte Bestand haben. Gleichzeitig gibt es bei Anlässen ein Vakuum. Ich glaube darum fest daran, dass das Seenachtfest in Rapperswil‑Jona gut besucht sein wird. Allgemein hat die Region – und insbesondere die Altstadt als touristisches Zentrum – schöne Perspektiven. Die Neugestaltung des Schlosses Rapperswil wird nach 2024 jährlich ein paar Zehntausend Besucher und Besucherinnen zusätzlich anlocken. Dazu kommt der bereits eröffnete Zauberhut von Knies Kinderzoo, der wegen der Pandemie noch gar nicht richtig genutzt werden konnte. Unsere Region hat so die Möglichkeit, im Kleinen qualitativ spannende Events anzubieten. Genau solche Nischen sind gefragt.
Gleichzeitig ist wegen Corona plötzlich ein Riesenrad in Rapperswil gestanden. Wird das ein fixer Bestandteil?
Das kann man so nicht sagen. Aber es wird in den Sommerferien wieder für vier bis fünf Wochen hier sein. Denn die Attraktion ist auf sehr positive Resonanz gestossen. Nicht immer braucht es eine ganze Chilbi. Sondern oft ist weniger mehr.
Für einige Leute, die in der Altstadt wohnen, ist aber jetzt schon eher zu viel los.
Der Anspruch, es allen recht zu machen, ist sehr hoch. Wir stehen in sehr engem Dialog mit den Vereinen Wohnliche Altstadt, Gastliche Altstadt und dem Einkaufsziel Rapperswil-Jona. In diesem sehr intensiv genutzten Raum haben alle ihre Ansprüche. Mit der neuen Eventstrategie gibt es ein Gefäss und einen Prozess, um Konsens zu finden. Das muss nicht zwingend zu mehr Events führen.
Sie bezeichnen die Stelle des Tourismusdirektors als einen «Traumjob für Macher». Was machen Sie, damit es Ihnen künftig im strategischen Bereich nicht langweilig wird?
Die Gefahr ist klein. Es ist mir ein grosses Anliegen, weiterhin die Region mitzuprägen und Projekte zu fördern. In den letzten fünf Jahren konnten wir bei weitem nicht alles angehen, was wir wollten.
Und was muss Ihre Nachfolgerin, Ihr Nachfolger mitbringen?
Ob Frau oder Mann – Machertypen sind gefragt. Jemand, der Freude hat an der Arbeit, am Führen von unseren Mitarbeitenden, und gern etwas weiterentwickeln will. Natürlich muss man auch mit mir gut auskommen. Mir ist wichtig, den eingeschlagenen Weg weiterzuführen. Das heisst, die beiden Organisationen Rapperswil Zürichsee Tourismus und Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee sollen weiter zusammenwachsen und Synergien nutzen. Dieser Veränderungsprozess soll vorangetrieben werden – mit einer Tendenz zu moderatem, nachhaltigem Wachstum.
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