Slalom in Kranjska GoraKristoffersen macht 100 Punkte auf Odermatt gut und stichelt gegen seine Gegner
Loïc Meillard und Tanguy Nef verpassen die Top 3 knapp. Der Norweger gewinnt nach dem Riesenslalom auch den Slalom von Kranjska Gora. Und kann sich einen Seitenhieb nicht verkneifen.

Vielleicht könnte ja jemand auf die Idee kommen, ein Skifahrer mit 30 Jahren, der schon 32 Weltcupsiege gefeiert hat, würde einen nächsten Triumph gelassen hinnehmen. Wer Henrik Kristoffersen im Zielraum von Kranjska Gora beobachtet, der kommt zum Schluss: Ein Sportler kann sich auch über seinen 33. Sieg freuen, als wäre es der erste.
Zunächst schaut Kristoffersen gebannt auf die Grossleinwand, wo er Loïc Meillard fahren sieht. Hinter ihm steht Timon Haugan, sein Landsmann, der Zweiter ist – und massiert ihm die Schultern. Es ist ein seltenes Bild der Einigkeit im norwegischen Team, zu dem Kristoffersen eigentlich nicht gehört, ist er doch mit einem privaten Tross unterwegs. Doch Erfolg eint offenbar.
Als Meillard, der Weltmeister von Saalbach-Hinterglemm, im Norden Sloweniens im Ziel einfährt und die Nummer 4 für die Rangierung aufleuchtet, gibt es kein Halten mehr für Kristoffersen. Er schreit erst nach links, dann dreht er sich und ruft ins Publikum, sein Körper in einer Haltung, als würde er gleich zum berühmten Haka-Tanz der neuseeländischen Maori ansetzen wollen. Zittern am ganzen Körper inklusive. Anschliessend sinkt er auf den Boden, wo ihn Haugan umarmt.

Kristoffersen braucht an diesem Sonntag nichts zu spielen. Der Mann, der im kühlen Norden in der Nähe von Oslo aufgewachsen ist, wirkt immer irgendwie leicht überhitzt. Ob im Negativen, wenn er wieder einmal versucht, einen Skistock über seinem Oberschenkel zu brechen, oder sich über dies und das beschwert. Oder im Positiven wie an diesem Wochenende, das so wunderbar verlaufen ist für ihn.
Der Seitenhieb nach dem Triumph
Am Samstag schon hat er den Riesenslalom vor Lucas Pinheiro Braathen und Marco Odermatt gewonnen. Und nun also siegt er auch im Slalom – und doch kann er sich selbst im Moment des totalen Triumphs einen Seitenhieb gegen die Konkurrenten nicht verkneifen. Als er bei SRF gefragt wird, warum er denn so schnell gewesen sei an diesem Wochenende, schmunzelt er erst und sagt dann: «Heute ging es nicht ums Material, sondern ums Skifahren. Wie ich schon am Samstag gezeigt habe, bin ich nicht so ein schlechter Skifahrer.» Als wären die Gegner um Odermatt nur dann schneller, wenn sie über deutlich bessere Ski verfügten.
Tatsache ist: Dass Kristoffersens Ski von Marcel Hirschers Marke Van Deer bei wärmeren Bedingungen besser funktionieren als auf eisigen Pisten, wurde gerade in dieser Saison mehrmals ersichtlich. Wie viel Freude wohl Hirscher an Kristoffersens Aussage hat?
Mit Kristoffersen aufs Podest steigen Haugan und Manuel Feller. Für den Österreicher ist es erst der zweite Podestplatz des Winters. Noch in der letzten Saison war Feller der beste Slalomfahrer überhaupt. In diesem Winter ist das Kristoffersen. Er liegt nun schon 77 Punkte vor Clément Noël, der sich in Kranjska Gora mit Rang 10 begnügen muss, und 102 Punkte vor Meillard. Zwei Slaloms sind noch zu fahren.
In der Theorie kann Kristoffersen Odermatt noch abfangen
Die Aussichten für Kristoffersen, zum vierten Mal die kleine Kristallkugel für den besten Slalomfahrer zu gewinnen, könnten besser kaum sein. Und nicht nur das: Mit seinen zwei Triumphen holt er auch in der Gesamtwertung mächtig auf. 140 Punkte mehr hat er an diesem Wochenende gesammelt als Leader Odermatt.
Allerdings ist sein Rückstand immer noch beträchtlich. Der Nidwaldner führt mit 360 Punkten Vorsprung. Weil Kristoffersen einzig auf Slalom und Riesenslalom setzt, kann er maximal noch 400 Punkte holen. Odermatt reicht in den letzten sieben Rennen, zu denen er antreten dürfte, also ein einziger 6. Rang, um sich zum vierten Mal zum Gesamtweltcupsieger zu krönen. Es müsste im Schlussspurt dieser Saison alles schiefgehen für ihn.
Schweizer Hilfe für dieses Duell bekommt er an diesem Sonntag aber nicht. Meillard, der sich als Führender und Letzter aus dem Starthaus stösst, findet auf der sulzigen und ziemlich gezeichneten Piste erst gut in den Rhythmus, verliert diesen aber Richtung Ziel zunehmend. «Es waren nicht nur Spuren im Schnee, ich blieb bei den Toren auch etwas hängen und musste etwas Abstand halten. Da fand ich nicht das richtige Timing.» Eine Hundertstel fehlt Meillard letztlich auf einen Podestplatz. Direkt hinter ihm klassiert sich Tanguy Nef, der es zum dritten Mal überhaupt im Weltcup in die Top 5 schafft – zum dritten Mal in dieser Saison.
20 Billy Major
Der 28-jährige Brite hat jetzt immerhin schon vier Zehntel Vorsprung auf Muffat-Jeandet. Doch auch das reicht nicht zur Führung. Major landet auf Rang 7, ebenfalls hinter Luca Aerni auf Platz 5.
21 Daniel Yule
Der Walliser mag es steil, eisig, rhythmisch. Dieser Slalom in Kranjska Gora? Bietet alles andere. Der Start glückt Yule aber, er ist gar schneller als Muffat-Jeandet. Doch sein Angriff endet jäh. Yule scheidet aus.
22 Adrian Pertl
Der nächste Österreicher attackiert die Zeit von Muffat-Jeandet. Pertl bringt aber auch nur 26 Hundertstel Vorsprung mit auf den Franzosen. Dieses zeitliche Polster reicht ihm nicht. Pertl fährt auf Rang 6 – mit über einer Sekunde Rückstand. Aerni bleibt damit Fünfter.
23 Marco Schwarz
Der Österreicher, der von einer Verletzung zurückkommt, leidet unter Rückenschmerzen. Er kommt nie richtig in diesen 2. Lauf rein – und scheidet letztlich aus.
24 Michael Matt
Der 31-jährige Routinier erlebt einen schwierigen Winter ohne Topresultat. Wenigstens gibt es erneut Punkte für den Österreicher, der hier in Kranjska Gora 2017 seinen bislang einzigen Weltcupsieg feierte. Er liegt jetzt auf Zwischenrang 3 mit sieben Zehnteln Rückstand auf Muffat-Jeandet.
25 Istok Rodes
Der Kroate versucht sich nun an der starken Zeit von Muffat-Jeandet. 10 Hundertstel hat er sich am Morgen herausgefahren auf den Franzosen. Das reicht nicht für Rodes. Er liegt auf Zwischenrang 2 mit 64 Hundertsteln Rückstand.
26 Victor Muffat-Jeandet
Der erste Franzose ist unterwegs. Muffat-Jeandet war im ersten Lauf genau gleich schnell wie Jakobsen. Er kommt aber im Gegensatz zum Schweden ohne Fehler durch und setzt sich klar an die Spitze, mit 94 Hundertsteln Vorsprung. Das ist eine Ansage.
27 Kristoffer Jakobsen
Der Schwede mit dem wilden Fahrstil bringt nun bereits 64 Hundertstel Vorsprung mit auf Aerni. Doch oben unterläuft Jakobsen schon ein zeitraubender Fehler. Und doch reicht es knapp. Um 5 Hundertstel ist er schneller als der Schweizer.
28 Filip Zubcic
Der Kroate war am Morgen 24 Hundertstel schneller als Aerni. Ob das reicht für die Führung? Nein, Zubcic fährt mit 33 Hundertsteln Rückstand auf Rang 2.
29 Sam Maes
Der Belgier bringt 16 Hundertstel Vorsprung mit auf Aerni. Die sind schon bei der ersten Zwischenzeit weg. Im Ziel liegt Maes mit 35 Hundertsteln Rückstand hinter dem Schweizer.
30 Luca Aerni
Natürlich hätte der Berner gerne weniger verloren als die 3,03 Sekunden, die es am Morgen geworden sind. Doch dafür hat Luca Aerni nun im zweiten Lauf die beste Ausgangslage. Als 30. des ersten Laufs eröffnet er den zweiten Durchgang. Er scheint die Nummer 1 nicht schlecht zu nutzen und setzt die erste Richtzeit: 1:40,72 Minuten.
So lief der erste Lauf
Es ist so eine Sache mit den ersten Rennen nach einer Weltmeisterschaft. Die Konzentration noch einmal aufzubringen, ist nicht immer ganz einfach. Gerade für einen Weltmeister, auf den alle Augen gerichtet sind.
Doch dann gibt es Loïc Meillard, den Stilisten, der seine Rennen abspult, als würde er eine Uhr in sich tragen, nicht umsonst wird er in der Szene Skilehrer genannt. Und so fährt der Neuenburger auch an diesem Sonntagmorgen im slowenischen Kranjska Gora. Er startet enorm schnell und doch kontrolliert in den ersten Slalom seit den Titelkämpfen in Saalbach-Hinterglemm, fährt bei einer kniffligen Passage etwas vorsichtiger und beschleunigt dann wieder Richtung Ziel. Meillard fährt in diesem ersten Lauf, der vom kroatischen Trainer Pavel Grasic sehr unrhythmisch gesteckt wurde, die schnellste Zeit und hat im zweiten Durchgang (ab 12.30 Uhr im Liveticker) alle Möglichkeiten, erstmals in dieser Saison und zum zweiten Mal überhaupt im Weltcup einen Slalom zu gewinnen.
Gute Aussichten auf ein Spitzenergebnis hat auch Tanguy Nef, der sich noch hinter dem Norweger Timon Haugan auf Rang 3 klassiert. Der 28-jährige Genfer verliert auf seinen Teamkollegen ganz vorne nur 21 Hundertstel. Weniger gut läuft es Daniel Yule, der rhythmische, steile und eisige Pisten bevorzugt. All das findet er im Norden Sloweniens nicht vor. Der Walliser verliert über zwei Sekunden. Noch schlechter ergeht es Luca Aerni, der seine beste Saison im Riesenslalom erlebt: Der Berner büsst gar über drei Sekunden ein. Die gute, ja sehr gute Nachricht für Aerni: Er schafft es gerade noch auf Rang 30 und hat damit die beste Startnummer für den 2. Lauf.
Ein grosses Lebenszeichen von sich gibt Ramon Zenhäusern, der mittlerweile gar aus den Top 30 des Slaloms gefallen ist. Auf dem Hang, auf dem er es schon dreimal aufs Podest geschafft hat und 2019 gar mit einer Fabelfahrt im 2. Lauf gewann, gelingt dem Walliser eine vorzügliche Fahrt. Mit der Startnummer 31 verliert er nur 1,62 Sekunden und hält sich in den Top 15. Ebenso wie Marc Rochat, der sich in dieser Saison bislang schwertut. Der Lausanner verliert 1,75 Sekunden auf Meillards Bestzeit.
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