Männer-Slalom in HafjellLoïc Meillard gewinnt schon wieder – ein Teamkollege rettet seine Karriere
Der Schweizer feiert in Norwegen seinen zweiten Sieg innert 24 Stunden. Dank dem Triumph holt er im Slalom-Weltcup deutlich auf. Eine schöne Geschichte schreibt Ramon Zenhäusern.

Technisch sei er der beste Skifahrer, das sagt manch ein Experte, im In- und Ausland. Nicht so direkt, aber zumindest ansatzweise hat das Loïc Meillard sogar schon selbst über sich gesagt, was erstaunt beim so zurückhaltenden, bescheidenen Walliser.
Die Technik allein aber garantiert keine Erfolge, bei Meillard hat lange Jahre das eine oder andere nicht gestimmt, auf hohem Niveau natürlich, im Kopf beispielsweise. Daher gehört er auch mit 28 noch immer nicht zu den regelmässigen Siegfahrern. Wobei er in diesen Wochen seine eigene Geschichte gerade ziemlich umschreibt.
Nach dem Weltmeistertitel im Slalom glänzt der Romand nun auch im Weltcup, in Hafjell wird «der Traum eines jeden Technik-Spezialisten wahr», wie er resümiert. Nach dem Riesenslalom vom Samstag gewinnt er 24 Stunden später auch den Slalom, er bleibt 21 Hundertstel vor dem Norweger Atle Lie McGrath und eine knappe halbe Sekunde vor Lucas Pinheiro Braathen, der den ersten Sieg für Brasilien verpasst. Irren ist auch bei Grossmüttern menschlich – Braathens Oma sagte im Ziel vor der Entscheidung den Sieg ihres Enkels voraus.
Sein Grundspeed ist überragend
Derweil zeigt Meillard bei seinem sechsten Triumph im Weltcup ungekannte Qualitäten. Der Routinier, der lange als schnellster Skilehrer der Welt bezeichnet wurde, weil er ungemein schön, aber auch einmal etwas zu rund und zu wenig angriffig unterwegs war, steigt mit der Devise «totale Attacke» in den zweiten Lauf. Zwei-, dreimal wird es brenzlig während seiner Fahrt, «nach dem ersten Fehler dachte ich schon, dass ich zu viel Zeit eingebüsst habe».
Doch sein Grundspeed ist dieser Tage schlichtweg überragend, selbst die wieder stärker gewordenen Rückenbeschwerden, die ihn seit Saisonbeginn plagen, können ihn nicht bremsen. Er könne derzeit fast machen, was er wolle, es funktioniere einfach, bilanzierte er im Interview mit dem Schweizer Fernsehen. «So kann ich mich aufs Wesentliche konzentrieren.»
Wesentlich sind die 100 Punkte, die er auf der Olympiapiste von 1994 gewinnt. Damit setzt er Henrik Kristoffersen zu, der Fünfter wird und die Disziplinenwertung «nur» noch mit 45 Zählern Reserve anführt. Theoretische Chancen auf die kleine Kristallkugel hat auch noch der Franzose Clément Noël, er liegt aber bereits 86 Punkte zurück. Meillard könnte Kristoffersen auch im Gesamtweltcup noch vom zweiten Rang verdrängen. Für die Finalrennen in Sun Valley (ab 22. März) scheint er gerüstet zu sein, «ich bin noch sehr frisch im Kopf», sagt er nur.
Zenhäuserns wichtiges Argument
Die Schweizer Männer glänzen also weiter, mit Tanguy Nef (8.) und Ramon Zenhäusern (10.) schaffen es zwei weitere Swiss-Ski-Vertreter in die Top 10. Am Samstag fabrizierten Meillard, Marco Odermatt und Thomas Tumler gar den dritten helvetischen Dreifachsieg des Winters, im Riesenslalom war es das erste Mal seit 1983, dass drei Schweizer auf dem Podest stehen.
Doch zurück zu Zenhäusern: Noch im Winter 2022/2023 war der Walliser die Nummer 3 der Slalom-Weltrangliste, danach folgte der tiefe Fall, noch im Januar wirkte der 2-Meter-Mann ratlos bis desillusioniert. Für die WM in Saalbach konnte er sich nicht qualifizieren, nun macht er im zweiten Lauf 16 Positionen gut und realisiert mit der Laufbestzeit sein bestes Ergebnis seit zwei Jahren.
Es ist womöglich ein wegweisendes Resultat. Denn: Zenhäusern beendet den Slalom-Winter ausserhalb der Top 30 und verliert damit seinen A-Kader-Status. Und weil er bereits 33 ist, könnte er sogar den B-Kader-Status einbüssen und müsste Trainings und Rennteilnahmen künftig aus eigener Tasche finanzieren. Mit dem Auftritt in Hafjell könnte er die Verantwortlichen milde stimmen, womöglich drücken sie ein Auge zu und belassen Zenhäusern innerhalb der Verbandsstrukturen.
In den Top 30 der Slalom-Weltrangliste bleiben Luca Aerni und Marc Rochat ganz knapp, sie werden am Sonntag 21. und 28., verpassen aber die Qualifikation fürs Finalrennen in Sun Valley, bei dem nur die Top 25 der Disziplinenwertung starten. Frust kommt einmal mehr auch bei den Österreichern auf, von denen es bloss Fabio Gstrein als Sechster in die besten 15 schafft. Ski Austria droht eine historische Watschn – der erste sieglose Weltcup-Winter bei den Männern seit der Saison 1986/1987.
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Kurze Zusammenfassung
Selbst Rückenschmerzen können Loïc Meillard derzeit nicht bremsen. Nach dem Riesenslalom vom Samstag entscheidet er auch den Slalom für sich, 21 Hundertstel bleibt er vor dem Norweger Atle Lie McGrath, Dritter wird Lucas Pinheiro Braathen. Meillard hat derzeit schlichtweg den schnellsten Grundspeed, im zweiten Lauf setzt er sich sogar mit Fehlern durch. Er holt damit im Slalom-Weltcup deutlich auf, er liegt nun noch 47 Punkte hinter Henrik Kristoffersen.
Mit Tanguy Nef (8.) und Ramon Zenhäusern können auch zwei andere Schweizer überzeugen.
1. – Loïc Meillard
Wow, Loïc Meillard! Der Schweizer holt sich das Hafjell-Double! Nach dem Riesenslalom vom Samstag gewinnt er heute auch den Slalom. Um zwei Zehntel bleibt er vor McGrath, und das trotz zwei, drei Unsicherheiten. Chapeau!
2. – Lucas Pinheiro Braathen
Starke Fahrt für Braathen – aber mit dem ersten Weltcup-Sieg für Brasilien wird es nichts. Bei der letzten Zwischenzeit liegt der Exzentriker noch drei Zehntel voraus, doch im Schlussteil läuft es ihm nicht optimal. Er wird Zweiter und hat den Podestplatz auf sicher. Sein Jugendfreund McGrath bleibt vorne.
3. – Fabio Gstrein
Österreichs Männer stehen in diesem Winter noch immer ohne Sieg da, es ist kaum zu glauben. Und daran ändert sich heute nichts: Gstrein fällt auf Rang 4 zurück.
4. – Clement Noël
Man glaubt es kaum, aber Noël hat den Slalom-Weltcup noch nie gewonnen. Das will er in dieser Saison ändern, hierfür aber braucht er heute viele Punkte. Tut er nicht – er bleibt auch hinter Disziplinen-Leader Kristoffersen zurück. Der Franzose ist Vierter.
5. – Atle Lie McGrath
Und gleich der dritte Norweger in Folge: Und Atle Lie McGrath sorgt für eine Dreifach-Führung der Einheimischen. Mit 32 Hundertsteln Vorsprung setzt er sich an die Spitze, die Fans im Ziel stimmen sich schon für die Party ein. Aber: Noch stehen vier Athleten oben.
6. – Henrik Kristoffersen
Für Kristoffersen geht es ums Verteidigen seiner Führung im Slalom-Weltcup. Er setzt sich nicht an die Spitze und wird mit 12 Hundertsteln Rückstand Zweiter. Den Schaden hält er damit aber in Grenzen. Die Frage ist nun, was Meillard und Noël zeigen werden, seine ärgsten Konkurrenten.
7. – Timon Haugan
Der Norweger lässt die Heimfans im Ziel toben. Er fährt sehr nahe an die Stangen und setzt sich deutlich an die Spitze. Haugan nimmt Nef fast sechs Zehntel ab. Übrigens: Noch nie hat ein Norweger in Hafjell gewinnen können.
8. – Tanguy Nef
Im ersten Lauf fuhr Nef die genau gleiche Zeit wie Strasser. 75 Hundertstel Vorsprung auf Major hat er am Start, im Ziel sind es noch immer deren 20. Nef übernimmt die Führung und jubelt, das gibt ein hervorragendes Ergebnis für den Romand, der so gerne erstmals auf dem Podest stehen würde.
8. – Linus Strasser
In Saalbach gewann der Deutsche WM-Bronze im Slalom. Nun gibt es Zwischenrang 3, er hadert damit im Ziel.
10. – Daniel Yule
Noch immer wartet der Walliser in diesem Winter auf den ersten Podestplatz. Und das Warten geht weiter: Yule tut sich schwer auf dem Frühlingsschnee, es ist ein Lauf mit wenig Fluss. Und so fällt er gar auf Rang 14 zurück und wirkt im Ziel ratlos.
11. – Benjamin Ritchie
Der Amerikaner hat grosse Fortschritte gemacht in diesem Winter und sich in den Top 30 der Slalom-Weltrangliste etabliert. Mit einer halben Sekunde Rückstand wird er Fünfter, er scheint damit aber gut leben zu können.
12. – Victor Muffat-Jeandet
Vor knapp zwei Wochen wurde der Franzose 36. Er hat schwierige Zeiten hinter sich, mittlerweile aber präsentiert er sich wieder in einer erstaunlich guten Verfassung. Es reicht für Zwischenrang 3, hinter Zenhäusern also.
13. – Johannes Strolz
Der zweite Durchgang verläuft überhaupt nicht nach dem Geschmack der Österreicher. Strolz fällt auf Platz 9 zurück, damit ist er aber immer noch schneller als alle Teamkollegen.
14. – Billy Major
Und gleich der nächste Brite: Major rüttelt ein wenig an der Hierarchie auf der Insel. Bei Und tatsächlich: Er übernimmt die Spitze. Um acht Hundertstel fängt er Zenhäusern ab, der jedoch ein Top-15-Ergebnis realisieren wird. Oder reicht es gar für die Top 10? Da werden gewiss noch eine einige Athleten zurückfallen.
15. – Dave Ryding
Auch der Brite kann Zenhäusern nicht abfangen: Er büsst eine halbe Sekunde ein und fährt auf Zwischenrang 5. Sicher ist: Die Piste hat gelitten, das spielt dem Leader aus der Schweiz gewiss in die Karten.
16. – Marc Rochat
Schweiz gegen Schweiz – Rochat gegen Zenhäusern: Doch auch der Romand verliert im ersten Streckenteil viel Zeit und scheidet danach beinahe aus. Unterwegs schreit er seinen Frust heraus. Rochat schafft es zwar ins Ziel, wird aber mit grossem Rückstand Letzter. Wie Schwarz wird er den letzten Slalom der Saison verpassen.
17. – Marco Schwarz
2020/2021 war der Österreicher die Weltnummer 1 im Slalom. Nach seinen schweren Verletzungen kämpft er um den Anschluss an die Spitze, nun aber erleidet er einen schweren Rückschlag – Schwarz scheidet aus und wird das Finalrennen in Sun Valley damit verpassen.
18. – Jett Seymour
Was für Rodes gilt, gilt auch für Seymour – er zeigte einen starken ersten Lauf. Wie fast alle Athleten verliert er nun aber im obersten Teil enorm viel Zeit. Kurz vor dem Ziel kommt es dann fast zum Stillstand. Wo wird er 12. und Letzter.
19. – Istok Rodes
Der Kroate zeigte mit Nummer 36 einen starken ersten Lauf. Und er überzeugt auch am Nachmittag: Rodes wird Zweiter, er büsst aber über vier Zehntel auf Zenhäusern ein.
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