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Umstrittener Ski-Weltcup
Traurige Ironie: Jetzt könnten die Stars um Odermatt in Zermatt fahren

Kaiserwetter: Auf dem Gletscher in Zermatt herrschen anders als in den letzten zwei Jahren beste Bedingungen.
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Als vor einem Jahr alle oben auf dem Gletscher waren, schneite es aus vollen Rohren, windete es wie bei Dantes «Inferno». Jetzt ist es praktisch windstill, die Sonne scheint. Aber keiner ist oben.

An diesem Wochenende hätten zwei Männer-Abfahrten stattfinden sollen in Zermatt, nächste Woche wären die Frauen am Zug gewesen. Zwei-Länder-Rennen wären es gewesen von der Schweiz runter nach Italien, eine Premiere im Weltcup, ein Grossprojekt. Aber nichts da.

Weil 2022 kein Schnee lag, aber im letzten Winter zu viel und auch noch der Sturm wütete, hat der Weltskiverband FIS dem Event unter viel Getöse den Stecker gezogen. Zermatt steht vorläufig nicht mehr im Weltcup-Kalender, trotz eines noch drei Jahre gültigen Vertrags. Dass seit drei Wochen Kaiserwetter herrscht auf knapp 4000 Metern über Meer, ist die traurige Ironie einer Veranstaltung, die als Phantom in die Ski-Annalen eingehen wird.

Die Zermatter wollten etwas bewegen, mit einem erstaunlich nachhaltigen Konzept. Vielleicht etwas gar grossspurig angekündigt, aber gewiss innovativ. Gescheitert sind die Walliser an der Natur und am Widerstand der Fahrer, auch an jenem der Schweizer. Manch einer sagte hinter vorgehaltener Hand, er werde nie mehr für ein Rennen nach Zermatt kommen, viel zu unsicher sei das alles, zu mühsam sowieso. OK-Chef Franz Julen sagt: «Die Athleten haben dieses Rennen beerdigt.» Und ergänzt: «Aber die Position der Athleten gilt es zu akzeptieren und zu respektieren.»

Die Rennen hätte tatsächlich jemand versichert

Julen, dieser typische Bergler, hat in den letzten Tagen seinen Seelenfrieden gefunden mit der Matterhorn-Abfahrt. Weil es jetzt geklappt hätte mit den Rennen, weil er und seine Leute es allen gezeigt hätten. Der FIS, den Landesverbänden, den Fahrern natürlich, selbst den Wetterpropheten. Allen Besserwissern eben.

Beim ersten heftigen Windstoss aufgeben, das wollten sie nicht, die Zermatter. Dass sie fallen gelassen wurden, nagt an ihnen. Zumal sie tatsächlich eine Gesellschaft gefunden hatten, die den Anlass auch nach acht Rennabsagen versichert hätte. Deren Mathematiker und Wahrscheinlichkeitsrechner interpretierten die Langzeitwetterdaten offenbar anders. Selbst Swiss-Ski setzte sich nach den heftigen Fahrerreaktionen irgendwann nicht mehr kompromisslos für die Fortführung der Rennen ein, insofern mutet es zumindest ein wenig seltsam an, wird jetzt beim Landesverband umso lauter gehadert.

Der Plan jedenfalls ist nicht aufgegangen: Statt vier Schweizer Rennen im November gibt es nun keines mehr, dafür hat Österreich mit dem Frauen-Slalom in Gurgl ein weiteres bekommen. Ein Schelm, wer hinter dem konsequenten österreichischen Torpedieren der Matterhorn-Bewerbe System vermutet.

A "Stop" sign is pictured front of the Matterhorn/Cervino mountain from Cervinia area as the women's downhill training race on the new ski course "Gran Becca" was cancelled due to weather conditions and strong wind at the Alpine Skiing FIS Ski World Cup, between Zermatt in Switzerland and Cervinia in Italy, Wednesday, November 15, 2023. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

Und so ist es eine Geschichte geworden mit lauter Verlierern – dem Skisport generell. Julen hat auf den Vertragsbruch so reagiert, wie einer wie er halt reagiert: Konsequent, sagen die einen, mit Kindergarten, finden die anderen. Die Gletscherpiste jedenfalls steht den Profis fürs Sommertraining nicht mehr zur Verfügung. Was etwa für Swiss-Ski einen Mehraufwand im hohen sechsstelligen Bereich bedeutet, weil alternative Trainingsmöglichkeiten gefunden werden müssen. Überdies figurieren nur noch neun Abfahrten im Weltcup-Programm – und der FIS droht theoretisch gar eine Schadenersatzklage.

Wobei es nun ja bereits die Idee einer neuen Abfahrt gibt auf der Zermatter Ostseite, wo früher das legendäre Gornergrat-Derby stattfand. Die Piste wird 2027 für die Touristen fertig sein, Swiss-Ski steht voll dahinter. Auch eine FIS-Inspektion hat es schon gegeben, eine weitere ist geplant. Schneesicherheit, Höhenlage und die angedachte Durchführung im März spielen den Wallisern in die Karten. Das Thema könnte sich bald konkretisieren. Vielleicht aber macht die FIS bei den Zermattern nur auf eines: auf gut Wetter.